BFH: Abgeltungsteuer bei mittelbarer Beteiligung
Zinsen aus der Darlehensgewährung an eine Kapitalgesellschaft können auch bei (mindestens) 10%iger mittelbarer Beteiligung dem Abgeltungsteuersatz unterliegen (entgegen BMF-Schreiben vom 18.01.2016). Dieser kommt nur bei einer Mehrheitsbeteiligung an der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nicht zur Anwendung.
Sachverhalt
Die Klägerin gewährte einer GmbH, an der sie nicht unmittelbar beteiligt war (Enkelgesellschaft), ein verzinsliches Darlehen. Hauptgesellschafterin dieser GmbH war eine weitere Kapitalgesellschaft, an welcher die Klägerin im Streitjahr 2011 zunächst Anteile in Höhe von 10,86 % und später in Höhe von 22,80 % des Stammkapitals hielt.
Während das Finanzamt die Zinserträge aus der Darlehensgewährung der tariflichen Einkommensteuer unterwarf, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt und gewährte den Abgeltungsteuersatz.
Entscheidung
Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Darlehenszinsen der Klägerin dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG (Abgeltungsteuersatz) unterliegen.
Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b S. 1 EStG unterliegen Darlehenszinsen aus einem unmittelbaren Beteiligungsverhältnis von mindestens 10 Prozent der Regelbesteuerung. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung seien durch die mittelbare Beteiligung an der GmbH nicht erfüllt, da keine Veranlassung für eine Gleichstellung unmittelbarer und mittelbarer Anteilseigner bestehe. Weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach deren Sinn und Zweck sei die Einbeziehung mittelbarer Beteiligungen in die Regelung geboten.
Auch die Voraussetzung der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG seien nicht erfüllt, da die Klägerin keine der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nahestehende Person sei. Bei dem Begriff "nahe stehende Person" i.S. dieser Vorschrift handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht nach den Maßstäben des § 1 Abs. 2 AStG, sondern normspezifisch auszulegen sei (vgl. ausführlich BFH-Urteile vom 29.04.2014 und vom 14.05.2014). Unter den Begriff "nahe stehende Person" könnten alle natürlichen und juristischen Personen fallen, die zueinander in enger Beziehung – im Sinne eines beherrschenden Einflusses – stehen (BFH-Urteile vom 14.05.2014 und vom 28.01.2015).
Nach dem BFH liege ein Näheverhältnis i.S.d. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG dann vor, wenn die Klägerin als Gläubiger der Kapitalerträge eine Beteiligung an der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft innehat, welche es dieser ermögliche, ihren Willen in deren Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der Gläubiger aufgrund seiner Beteiligung über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft verfügt oder wenn anderweitige besondere Umstände gegeben sind, die auf eine faktische Beherrschung der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft schließen lassen. Zusätzlich müsse die Anteilseigner-Kapitalgesellschaft an der Schuldner-Kapitalgesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt sein.
Da die Klägerin im Streitjahr 2011 lediglich zu 10,86 % bzw. zu 22,8 % an der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft beteiligt war und somit nicht über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Anteilseigner Kapitalgesellschaft verfügte, sei sie keine nahe stehende Person gemäß § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG.
Betroffene Norm
§ 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG
Streitjahr 2011
Anmerkung
Auf Grundlage dieser vom BFH aufgestellten Grundsätze tritt die Versagung des Abgeltungsteuersatzes bei Gesellschafterdarlehen eines unmittelbaren Gesellschafters der Schuldner-Kapitalgesellschaft bereits bei einer Beteiligung von mindestens 10 % ein, während dies beim mittelbaren Gesellschafter erst ab einer Mehrheitsbeteiligung an der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft der Fall ist.
Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.06.2015, 2 K 1036/13, EFG 2015, S. 1711
Fundstelle
BFH, Urteil vom 20.10.2016, VIII R 27/15, BStBl II 2017 Seite 441
Pressemitteilung Nr. 21 vom 05.04.2017
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 18.01.2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017,2015/0468306, BStBl I 2016, S. 85, Tz. 137
BFH, Urteil vom 29.04.2014, VIII R 9/13, BStBl II 2014, S. 986, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 14.05.2014, VIII R 31/11, BStBl II 2014, S. 995, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 28.01.2015, VIII R 8/14, BStBl II 2015, S. 397, siehe Deloitte Tax-News