BFH: Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede Einkunftsart gesondert zu ermitteln
Sachverhalt
Der Kläger erwarb im November 1992 zwei unbebaute Grundstücke, auf denen zwei Wohnobjekte errichtet wurden. Diese Objekte wurden ab September 1993 vermietet und im Dezember 1993 an die gewerblich geprägte Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG (KG) veräußert, die der Kläger im Dezember 1993 gegründet hatte. Die KG vermietete die Objekte weiter. Das Finanzamt war der Ansicht, der Kläger habe keine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt, weil er die Grundstücke kurz nach der Fertigstellung der Objekte und der Aufnahme der Vermietungstätigkeit wieder verkauft habe und lehnte es ab, bei dem Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Entscheidung
Die Veräußerung von Grundbesitz gerade einmal 13 Monate nach Erwerb spricht gegen die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers.
Wird eine Vermietungstätigkeit auf Dauer anlegt, ist davon auszugehen, dass beabsichtigt ist, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30.09.1997 und 19.04.2005). Veräußert der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel bis zu fünf Jahren seit der Anschaffung oder Herstellung, spricht dies gegen die Einkünfteerzielungsabsicht (BFH-Urteil vom 09.07.2002). Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige seine vermietete Immobilie in einem entsprechenden Zeitraum an eine die Vermietung fortführende gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) veräußert, an der er selbst beteiligt ist.
Der Steuerpflichtige erzielte zwar weiterhin steuerbare Einkünfte, doch ist dies für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung regelmäßig ohne Bedeutung. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede Einkunftsart gesondert zu ermitteln (so auch BMF-Schreiben vom 08.10.2004, Rz 34). Zunächst ist die Einkunftsart zu klären, bevor die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen ist (BFH-Urteil vom 29.03.2001). Eine die Einkunftsarten übergreifende Einkünfteerzielungsabsicht kennt das Gesetz nicht.
Die Gewinnerzielungsabsicht (bei Einkünften aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft) kann nicht als Fortsetzung der Überschusserzielungsabsicht (bei Vermietung und Verpachtung) angesehen werden. Wäre die Vermietungstätigkeit von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft fortgesetzt worden, läge kontinuierlich eine Einkünfteerzielungsabsicht vor (vor der Veräußerung allein und nach der Veräußerung zusammen mit anderen Gesellschaftern). Diese Kontinuität wird aber unterbrochen, wenn die Personengesellschaft, die die Grundstücke weiterhin vermietet, gewerblich geprägt ist und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Hier richtet sich die nunmehr erforderliche Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr auf das Vermieten, sondern umfasst die gesamte unternehmerische Tätigkeit einschließlich des Vermögens.
Betroffene Norm
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 21 EStG
Streitjahre 1992 und 1993
Vorinstanz
Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 25.11.2009, I 822/05
Fundstelle
BFH, Urteil vom 09.03.2011, IX R 50/10, BStBl II 2011, S. 704
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 09.07.2002, IX R 47/99, BStBl II 2003, S. 580
BFH, Urteil vom 30.09.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, S. 771
BFH, Urteil vom 19.04.2005, IX R 15/04, BStBl II 2005, S. 754
BFH, Urteil vom 29.03.2001, IV R 88/99, BStBl II 2002, S. 791
BMF, Schreiben vom 08.10.2004, BStBl I 2004, S. 933