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17.06.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage - Indizienbeweis

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war an der 1986 gegründeten GmbH mit 16.500,00 DM (8.436,32 Euro) beteiligt. Die Stammeinlagen waren lt. Gründungsurkunde zur Hälfte sofort bar einzuzahlen. Im September 2006 wurde die GmbH aufgelöst. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 machte die Klägerin den Verlust aus der Beteiligung in Höhe von 4.218 Euro im Halbeinkünfteverfahren geltend, den das Finanzamt jedoch unberücksichtigt ließ. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie die streitige Stammeinlage tatsächlich erbracht habe.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Die Einzahlung einer Stammeinlage führt - wovon das FG zutreffend ausgeht - zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG trägt jedoch nicht dessen Beweislastentscheidung hinsichtlich der Einzahlung der Stammeinlage seitens der Klägerin. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Klägerin die streitige Einlage vollständig erbracht hat. 

Ist eine unmittelbare Beweisführung nicht möglich, sind also keine Beweismittel vorhanden, aus denen sich direkt das Vorliegen einer beweisbedürftigen Tatsache ergibt, so hat das FG ggf. vorhandene Hilfstatsachen (Indizien) zu würdigen, die mittelbar - auch über Erfahrungssätze - einen Schluss auf eine entscheidungserhebliche Haupttatsache ermöglichen.

Das FG hat verkannt, dass es sich bei den von ihm als unmittelbare Beweismittel für die Einzahlung der Stammeinlage verworfenen Umständen, insbesondere der Einzahlungsverpflichtung lt. Gesellschaftsvertrag, der Bilanzierung ausstehender Einlagen bei der GmbH mit 0 DM wie auch der Eintragung der GmbH um Indizien handelt, die in eine Gesamtwürdigung hätten einfließen müssen. Stattdessen hat das FG alle festgestellten Indizien nur je für sich, aber nicht insgesamt gewürdigt und den langen Zeitablauf seit Gründung der GmbH nicht in eine Gesamtwürdigung mit einbezogen.

Wichtiges Indiz für die Einlageleistung der Klägerin ist der bilanzielle Ausweis der ausstehenden Einlage mit 0 DM und dessen Übernahme in die Prüferbilanz. Der Prüferbilanz verleiht der Umstand besonderes Gewicht, dass der Prüfer bei Nichtverzinsung einer nicht erbrachten Stammeinlage ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung zu veranschlagen gehabt hätte (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Wenn das Finanzamt in der Prüferbilanz aber den Ausweis der ausstehenden Einlagen mit 0 DM anerkannt hat, kann dies nicht mit bloßem neuerlichen Bestreiten seitens des Finanzamts entkräftet werden. Auch die Eintragung der Gesellschaft bestätigt - zumindest, was die hierfür erforderliche Einlage betrifft - die Richtigkeit des bilanziellen Ausweises, zumal falsche Angaben über die Einlageleistung zum Zwecke der Eintragung der GmbH gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbewehrt sind. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Eintragung der GmbH kann jedenfalls daraus, dass die Klägerin keinen Einzahlungsbeleg mehr vorweisen kann, kein Indiz dafür abgeleitet werden, dass keine Einzahlung erfolgt ist. In die Gesamtwürdigung hat auch einzufließen, dass es unverhältnismäßig wäre, würde die Berücksichtigung der Stammeinlage als Anschaffungskosten nach 20 Jahren von der Vorlage des entsprechenden Zahlungsbelegs abhängig gemacht, wenngleich sie eine Aufbewahrungspflicht vergleichbar der in § 147 AO normierten nicht trifft.

Betroffene Norm

§ 17 EStG, § 147 AO
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 10.03.2010, 5 K 305/09, EFG 2010, S. 2085

Fundstelle

BFH, Urteil vom 08.02.2011, IX R 44/10, BStBl 2011, S. 718 

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