BFH: Verlust einer Darlehensforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit
Der Verlust einer aus einer Gehaltsumwandlung entstandenen Darlehensforderung eines Arbeitsnehmers gegen seinen Arbeitgeber könne insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führen, als der Arbeitnehmer ansonsten keine Entlohnung für seine Arbeitsleistung erhalten hätte, ohne seinen Arbeitsplatz erheblich zu gefährden.
Sachverhalt
Der Kläger war Arbeitnehmer bei einer GmbH und wandelte sein Überstundenguthaben in Genussrechte um. Diese gelangten jedoch nicht zur Auszahlung, da im Streitjahr 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet wurde. Im Insolvenzverfahren handelt es sich bei den Forderungen aus Genussrechten um sogenannte nachrangige Insolvenzforderungen. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2007 machte der Kläger den Verlust des der GmbH zu Verfügung gestellten Genussrechtskapitals vergeblich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Während der Einspruch ohne Erfolg blieb gab das FG der Klage statt. Das Finanzamt beantragte nun die Aufhebung dieses Urteils sowie die Abweisung der Klage.
Entscheidung
Das FG habe zu Recht den Verlust von Genussrechtskapital als Verlust einer sonstigen Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.2005) und zutreffend den Verlust dieser Kapitalforderung im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
Nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG seien Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten, entscheide nach ständiger Rechtsprechung der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach seien Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund stünden und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.11.2011). Maßgebend seien insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung gelange man im Streitfall zu dem Ergebnis, dass der Verlust des Genussrechtskapitals, soweit es durch Umwandlung des Überstundenguthabens entstanden sei, in einem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehe. Der Kläger hätte ansonsten keine Entlohnung für die unbezahlt geleisteten Überstunden erhalten ohne seinen Arbeitsplatz erheblich zu gefährden. Das Risiko des Darlehensverlusts wär aus beruflichen Gründen eingegangen, die Nutzung des Geldkapitals zur Erzielung von Zinseinkünften hätte nicht im Vordergrund gestanden. Der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, dem Arbeitgeber kein Darlehen mehr gewährt hätte, sei lediglich ein Indiz für eine beruflich veranlasste Darlehenshingabe, nicht - entgegen der Auffassung des FG - aber unabdingbare Voraussetzung für den Werbungskostenabzug eines Darlehensverlustes bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
Betroffene Norm
§ 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG
Streitjahr 2007
Vorinstanz
FG Köln, Urteil vom 22.05.2013, 7 K 187/10, EFG 2013, S. 1652
Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.04.2014, VI R 57/13
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 14.06.2005, VIII R 73/03, BStBl II 2005, S. 861
BFH, Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10, BStBl II 2012, S. 343, siehe Deloitte Tax-News