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30.09.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Verlustrücktrag eines 1999 erzielten Verlustes in den Veranlagungszeitraum 1998

Im Rahmen eines Verlustrücktrags von 1999 in das Jahr 1998 ist die quellenbezogene Mindestbesteuerung nicht anzuwenden. Erforderlich für einen solchen wahlweisen Rücktrag ist, dass die negativen Einkünfte bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte tatsächlich nicht ausgeglichen werden. Ändert sich der (tatsächliche) Ausgleich der negativen Einkünfte im Verlustentstehungsjahr, ist auch der Verlustrücktrag zu ändern.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr (1998) Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Im Zuge der Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1999 beantragte er, im Jahr 1999 angefallene Verluste in das Streitjahr zurückzutragen. Das Finanzamt (Revisionskläger) setzte den Verlustrücktrag aus 1999 mit 0 DM an und verwies zur Erläuterung auf R 115 Abs. 6 EStR 1999, wonach der Verlustrücktrag aus 1999 nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 vorgenommen werden könne. Der hiergegen gerichtete Einspruch war erfolglos, die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das FG berücksichtigte den Verlustrücktrag im Rahmen einer Höchstbetragsberechnung nach § 10d Abs. 2 S. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002.

Mit der Revision rügt das Finanzamt, dass mit Blick auf das BFH-Urteil vom 09.03.2011 dem Kläger bei zutreffender Einkommensteuerveranlagung des Jahres 1999 ein geringeres Rücktragsvolumen zur Verfügung gestanden hätte. Dieser Betrag sei im Wege einer "Schattenrechnung" zu bestimmen. Zur weiteren Ermittlung des Rücktragsvolumens sei der Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts ist im Ergebnis unbegründet und zurückzuweisen. Der Rechtsstreit ist nicht zur weiteren Ermittlung des Rücktragsvolumens an das FG zurückzuverweisen

Der BFH hat mit Urteil vom 09.03.2011 entschieden, dass im Rahmen des Rücktrags eines 1999 erzielten Verlustes in das Jahr 1998 die quellenbezogene Mindestbesteuerung (§ 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/ 2000/2002) nicht anzuwenden ist.

Das FG hat das Verlustausgleichspotential anhand der positiven Einkünfte des Veranlagungszeitraums 1998 im Rahmen einer Höchstbetragsberechnung (§ 10d Abs. 2 S. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002) ermittelt. Für einen wahlweisen Verlustrücktrag in das Vorjahr stehen aber nur solche negativen Einkünfte zur Verfügung, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte "nicht ausgeglichen werden" (§ 10d Abs. 1 S. 1 und 7 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002). Diese Formulierung in § 10d Abs. 1 S. 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 weist - anders als § 10d Abs. 2 S. 1 EStG (s. hierzu BFH-Urteil vom 29.06.2011) - keinen materiell-rechtlichen Bezug zu den Verlusten des Verlustentstehungsjahres auf. Dies folgt nicht nur unmittelbar aus dem Wortlaut des Abs. 1 S. 1, sondern auch aus der Gesamtstruktur der Norm, die in Abs. 4 S. 2 den verbleibenden Verlustvortrag definiert und dabei in dem beschriebenen Sinne differenziert zwischen den „im Wege des Verlustrücktrags tatsächlich“ abgezogenen (Abs. 1) und „im Wege des Verlustvortrags materiell-rechtlich“ (Abs. 2) abziehbaren Beträgen. Erforderlich für einen Verlustrücktrag ist danach, dass es an einem tatsächlichen Ausgleich der genannten negativen Einkünfte fehlt. Ändert sich der (tatsächliche) Ausgleich der negativen Einkünfte im Verlustentstehungsjahr, ist auch der Verlustrücktrag zu ändern (§ 10d Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002).

Im Streitjahr kommt die Berücksichtigung eines geänderten Ausgleichspotenzials aus dem Verlustentstehungsjahr 1999 nur dann in Betracht, wenn für das Jahr 1999 ein geänderter Einkommensteuerbescheid ergeht, in dem die negativen Einkünfte des Klägers in größerem Maße als bisher - tatsächlich - ausgeglichen werden. Eine für den Kläger günstigere Entscheidung im Revisionsverfahren scheidet aus, weil dieser sich der Revision des Finanzamts nicht angeschlossen hat.

Betroffene Norm

§ 2 Abs. 3 EStG, § 10d EStG jeweils i.d.F. des StEntlG 1999/2000/ 2002
Streitjahr 1998

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 08.12.2004, 14 K 3823/02, EFG 2005, S. 436

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.08.2011, IX R 53/05, BStBl II 2012, S. 453 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.03.2011, IX R 56/05, BStBl II 2011, S. 649; siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 29.06.2011, IX R 38/10, BStBl II 2011 S. 963; siehe Deloitte Tax-News

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