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01.02.2013
Private Einkommensteuer

BFH: Verrechnung von positiven und negativen gewerblichen Einkünften

Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist für die Ermittlung der Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ein horizontaler Verlustausgleich vorzunehmen. Die positiven gewerblichen Einkünfte des einen Ehegatten sind gegen negative gewerbliche Einkünfte des anderen Ehegatten zu verrechnen.

Sachverhalt

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2004 als Einzelunternehmer positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin erzielte neben positiven Einkünften aus anderen Steuerarten negative gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft. Der für den Betrieb des Klägers festgesetzte Gewerbesteuer-Messbetrag 2004 belief sich auf 369 Euro. Das Finanzamt rechnete diesen Betrag im Einkommensteuerbescheid 2004 nicht nach § 35 EStG 2002 auf die Einkommensteuer an, weil die Summe der im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte nicht größer als 0 Euro sei. Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Das FG hielt eine Verrechnung der positiven gewerblichen Einkünfte des Klägers mit den negativen der Klägerin für unzulässig.

Entscheidung

Das FG hat zu Unrecht die positiven Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb bei Anwendung des § 35 EStG nicht mit den negativen gewerblichen Einkünften der Klägerin verrechnet.

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer bei Einkünften aus gewerblichen Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen um das 1,8fache des festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrags, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt. Die letztgenannte Einschränkung erfordert die Zuordnung eines Teils der tariflichen Einkommensteuer zu den gewerblichen Einkünften. Nur positive gewerbliche Einkünfte können anteilige Einkommensteuer auslösen, so dass auf negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb keine Einkommensteuer "entfällt".

Die im Streitjahr 2004 geltende Fassung des § 35 EStG enthielt, anders als die ab dem Veranlagungszeitraum 2008 geltende Fassung, noch keine ausdrückliche Regelung zur Ermittlung des auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden Anteils der tariflichen Einkommensteuer. Nach dem BFH-Urteil vom 27.09.2006, dem sich der Senat anschließt, ergibt er sich bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten aus dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) beider Ehegatten. Dabei ist eine Saldierung zwischen den positiven und negativen gewerblichen Einkünften eines Ehegatten vorzunehmen (BFH-Urteil vom 27.09.2006). Eine Meistbegünstigung dergestalt, dass die negativen gewerblichen Einkünfte der Klägerin bei der Anwendung des § 35 EStG durch Verrechnung mit ihren positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten vorab verbraucht werden, so dass die positiven gewerblichen Einkünfte des Klägers ungeschmälert für eine Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG zur Verfügung stehen, findet im Gesetz keine Stütze.

Eine Meistbegünstigung hat der BFH für Fälle bejaht, in denen es um die Verrechnung von negativen nichtgewerblichen Einkünften mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten geht (BFH-Urteil vom 27.09.2006). Da dem Gesetz keine Reihenfolge zu entnehmen ist, billigte der BFH eine Vorabverrechnung von negativen nichtgewerblichen Einkünften des einen Ehegatten mit positiven nichtgewerblichen des anderen, so dass die positiven gewerblichen Einkünfte des einen Ehegatten ungeschmälert für eine Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG zur Verfügung standen. Diese Art von Meistbegünstigung ist mit dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 EStG vereinbar. Dagegen lässt sich die Vorabverrechnung von negativen gewerblichen Einkünften eines Ehegatten mit positiven nichtgewerblichen Einkünften, die dazu führen soll, dass positive gewerbliche Einkünfte des anderen Ehegatten ungekürzt für eine Steuerermäßigung nach § 35 EStG zur Verfügung stehen, nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift in Einklang bringen. Ergibt sich kein positiver Saldo aus den gewerblichen Einkünften beider Ehegatten, so sind in ihrem zu versteuernden Einkommen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb enthalten, auf die anteilig Einkommensteuer entfallen könnte.

Vorinstanz
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 29.09.2010, 6 K 246/09, EFG 2011, S. 451, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.09.2012, III R 69/10, BStBl II 2013, S. 201 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 27.09.2006, X R 25/04, BStBl II 2007, S. 694

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