Zurück zur Übersicht
21.12.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Verwendung des Grundstockvermögens einer gemeinnützigen Stiftung

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts. Sie soll nach ihrer Satzung Forschung und Lehre auf einem bestimmten Gebiet fördern. Nach ihrer Satzung soll das Stiftungsvermögen grundsätzlich in seinem Bestand ungeschmälert erhalten bleiben. Zur Erfüllung des Stiftungszwecks dürfen nach der Satzung nur dessen Erträge sowie etwaige Zuwendungen herangezogen werden. Als Ausnahme ist vorgesehen, dass bei dringenden Bedarf in einzelnen Geschäftsjahren das Vermögen selbst angegriffen werden darf, und zwar innerhalb eines Geschäftsjahres bis zu 20.000 DM, soweit der Vorstand die Notwendigkeit hierzu durch besonderen einstimmig gefassten Beschluss festgestellt hat.

In den streitgegenständlichen Jahren erkannte der Beklagte (das Finanzamt) die Gemeinnützigkeit der Stiftung wegen Verstoßes gegen das Gebot der Selbstlosigkeit ab. Die Stiftung hatte in den betroffenen Jahren keine Spenden erhalten und die Wertpapiererträge deckten gerade einmal die Aufwendungen für die satzungsmäßigen Zwecke, jedoch nicht die darüber hinaus angefallenen Verwaltungskosten (einschließlich Vorstandsbezüge und Prüfungsentgelte).

Die Klägerin sah es als entscheidungserheblich an, ob die nicht realisierten Wertsteigerungen des Stiftungsvermögens unter das Mittelverwendungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zu fassen sind, also bei der Beurteilung der überwiegenden Mittelverwendung zu berücksichtigen seien.

Entscheidung

Das Grundstockvermögen einer Stiftung gehört jedenfalls im Grundsatz nicht zu den Mittel i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. Es kann allenfalls dann, wenn es nach den Satzungsbestimmungen zur Erfüllung des Satzungszwecks verwendet werden darf, in die Frage einbezogen werden, ob die Stiftung dem Gebot zur satzungsmäßigen Verwendung ihrer Mittel entsprochen hat.

Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein Verstoß gegen das Mittelverwendungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO insbesondere dann vorliegen, wenn die Körperschaft ihre Mittel überwiegend zur Deckung der Verwaltungskosten verwendet (BFH Urt. v. 18.12.2002, BFH/NV 2003, 1025; BFH v. 23.09.1998, BStBl. II 2000, 320). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO dürfen Mittel der Körperschaft nur für ihre satzungsmäßigen Zweck verwendet werden. Stiftungsvermögen (sog. Grundstockvermögen) soll den Bestand der Stiftung sichern und gehört deshalb nicht zu den Mitteln i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, sofern es satzungsmäßig gebunden ist.

Ein andere Beurteilung kann nur in Betracht kommen, wenn und soweit das Grundstockvermögen nach den Satzungsbestimmungen zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden darf. Dass dies nach dem Vorbringen der Klägerin erfüllt sei, insbesondere dass mit Rücksicht auf die Verwaltungsausgaben (Vorstandsvergütungen) ein „dringender Bedarf“ i.S.d. Satzung der Klägerin vorgelegen hätte, der zudem vom Vorstand vorab in Form eines besonderen und einstimmig gefassten Beschlusses festgestellt worden wäre, ist nicht ersichtlich. Eine Entscheidung darüber, ob bei Vorliegen dieser satzungsgemäßen Verwendungsvoraussetzungen, nicht realisierte Wertsteigerungen des Stiftungsvermögens dem Begriff der Mittel in § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zu unterstellen sei, musste daher nicht erfolgen.

Vorinstanz

FG Berlin-Brandenburg Urt. v. 15.02.2011, 8 K 8082/09

Fundstelle

BFH, Urteil v. 07.09.2011, I B 36/11, BFH/NV 2011, 2013

Ansprechpartner

Andrea Kochenbach I München

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.