BMF: Abgeltungsteuer bei Zuteilung von Aktien im Rahmen eines US-amerikanischen Spin-Off
Vor dem Hintergrund der BFH-Urteile zur Zuteilung von Aktien im Rahmen eines US-amerikanischen Spin-Off hat die Finanzverwaltung ihre bisherige den Urteilsgrundsätzen entgegenstehende Auffassung aufgegeben und zu Einzelfragen zur Abgeltungsteuer Stellung genommen.
Hintergrund
BFH-Rechtsprechung
Der BFH hat den Begriff der "Abspaltung" im Sinne des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG typusorientiert ausgelegt (BFH-Urteile vom 01.07.2021, VIII R 9/19, VIII R 28/19, VIII R 6/20, VIII R 19/20, VIII R 27/20 (Kapitalmaßnahme Hewlett-Packard Company - USA), VIII R 15/20 (Kapitalmaßnahme eBay Inc. - USA) und vom 19.10.2021, VIII R 7/20 (Kapitalmaßnahme Kraft Foods Inc. – USA), siehe Deloitte Tax-News) und damit der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011 widersprochen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich. Entscheidend sei bei einer "Abspaltung" im Sinne des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.
Gesetzliche Regelung
Im Rahmen einer Abspaltung i. S. d. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG treten die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile. Da die "alten" Anteile im Falle einer Abspaltung nicht untergehen, sind die ursprünglichen Anschaffungskosten auf die "alten" und "jungen" Anteile aufzuteilen. Hierbei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Abspaltung abzustellen. Dem BMF-Schreiben zufolge bestehen keine Bedenken, die Aufteilung der Anschaffungskosten im Verhältnis der jeweiligen Schlusskurse der "alten" und "jungen" Anteile am ersten Handelstag nach der Abspaltung vorzunehmen. Ein möglicher Bestandsschutz der "alten" Anteile, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, geht auf die "jungen" Anteile über.
Verwaltungsanweisung
Die Urteilsgrundsätze des BFH sind dem BMF-Schreiben zufolge in allen noch offenen Fällen anzuwenden und führen zu einer Minderung des bisher angesetzten steuerpflichtigen Kapitalertrags.
Depotführende Stellen
Von Seiten der depotführenden Stellen ist in nichts Weiteres zu veranlassen. Insbesondere erfolgt weder bei den „alten“ noch bei den „jungen“ Anteilen eine Korrektur der Anschaffungsdaten. § 43a Abs. 3 S. 7 und § 20 Abs. 3a EStG sind nicht anzuwenden.
Veranlagung der Anleger
Die Folgewirkungen der vorstehenden BFH-Rechtsprechung sind ausschließlich im Rahmen der Veranlagung der betroffenen Anleger zu beachten. Die Prüfung und ggf. Erstattung der anlässlich der Kapitalmaßnahme einbehaltenen Kapitalertragsteuer erfolgt gemäß § 32d Abs. 4 und 6 EStG im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Bei einem bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid kann eine Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht mehr erfolgen.
Für die Besteuerung bei der Veräußerung der Anteile wird zwischen folgenden Fallgruppen unerschieden:
- Erwerb der "alten" Anteile vor dem 01.01.2009 (Fallgruppe 1)
- Erwerb der ursprünglichen Anteile nach dem 31.12.2008 (Fallgruppe 2)
Schließlich enthält das BMF-Schreiben einige zu beachtende Vereinfachungsregelungen
Abspaltungen i.S.v. § 15 UmwStG
Zur Nichtanwendung der Urteilsgrundsätze auf Abspaltungen im Sinne des § 15 UmwStG, vgl. das BMF-Schreiben vom 19.05.2022 (siehe Deloitte Tax-News (unter Anmerkungen)).
Betroffene Normen
§ 20 Abs. 4a S. 7 EStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 15.06.2022, IV C 1 - S 2252/19/10028 :018
Weitere Fundstellen
BFH, Urteile vom 01.07.2021, VIII R 9/19, VIII R 28/19, VIII R 6/20, VIII R 19/20, VIII R 27/20 (Kapitalmaßnahme Hewlett-Packard Company - USA), VIII R 15/20 (Kapitalmaßnahme eBay Inc. - USA) und vom 19.10.2021, VIII R 7/20 (Kapitalmaßnahme Kraft Foods Inc. – USA), siehe Deloitte Tax-News
BMF-Schreiben vom 19.05.2022, BStBl I S. 842, siehe Deloitte Tax-News (unter Anmerkungen)
BMF, Schreiben vom 11.11.2011, Umwandlungssteuererlass, BStBl. I 2011, S. 1314