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22.06.2012
Private Einkommensteuer

Große Reform des Investmentsteuergesetzes wird verschoben

Hintergrund

Der Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds liegt ein komplexes Regelwerk zu Grunde, welches die Finanzverwaltung nach eigener Einschätzung im Vollzug vor erhebliche Schwierigkeiten stellt. Daher wurde eine länderoffene Arbeitsgruppe zur Reform der Investmentbesteuerung gegründet. Diese Arbeitsgruppe hat am 15.12.2011 einen ersten und am 24.02.2012 einen zweiten Bericht vorgelegt.

Ein dritter, bislang nicht veröffentlichter Bericht wurde am 01.06.2012 auf der Finanzministerkonferenz vorgestellt. Die Finanzminister der Bundesländer haben auf dieser Konferenz beschlossen, eine große Reform des Investmentsteuergesetzes zu verschieben.

Reformvorschläge

Nach dem Willen der Arbeitsgruppe sollte künftig bei den offenen Fonds zwischen transparenten und intransparenten Investmentvehikeln unterschieden werden müssen. Dabei wird anders als bislang für die Frage, wann steuerlich ein Investmentvermögen vorliegt, nicht auf das Investmentrecht Bezug genommen sondern es erfolgt eine eigenständige steuerrechtliche Definition des Anwendungsbereiches des Investmentsteuergesetzes. Die Basis dafür sollte jedoch weitgehend die derzeitige Rechtslage gemäß der Auslegung des derzeit geltenden Investmentfondsbegriffs durch die BaFin bilden. Im Folgenden werden die Reformvorschläge (mit dem Fokus der Auswirkungen auf offenen Immobilienfonds) noch einmal zusammengefasst dargestellt:

Intransparentes Besteuerungsregime

Das intransparente Besteuerungsregime, welches für alle Publikums-Sondervermögen gelten soll, verkörpert das Kernstück der Form. Die Arbeitsgruppe vollzieht damit einen Bruch mit dem gegenwärtigen Investmentsteuerrecht, da der Fonds abweichend von den bisherigen Prinzipien mit den Erträgen aus inländischen Immobilien (laufende Mieterträge und Veräußerungsgewinne) und inländischen Dividenden körperschaftsteuerpflichtig werden soll (die Befreiung von der Gewerbesteuer soll insgesamt erhalten bleiben). Der Steuersatz soll 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag betragen. Bemessungsgrundlage sollen die im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten Nettoerträge sein, wobei als Werbungskosten nur noch die unmittelbar zuordenbaren Kosten anerkannt werden. Es sollen alle inländischen Veräußerungsgewinne steuerpflichtig werden, d. h. auch Veräußerungsgewinne bei Immobilien, die außerhalb der 10jährigen Spekulationsfrist erwirtschaftet werden. Die restlichen auf Fondsebene anfallenden laufenden oder außerordentlichen Erträge sollen körperschaft- und gewerbesteuerfrei sein.

Die Anleger sollen die investmentrechtliche Ausschüttung (cash-flow) aus dem Investmentvermögen mindestens jedoch eine jährliche „Vorabpauschale“ und den Gewinn aus der Veräußerung bzw. Rückgabe der Investmentanteile versteuern. Um die auf Fondsebene entstandene steuerliche Vorbelastung zu mindern (Versteuerung inländischer Mieterträge, inländischer Veräußerungsgewinne, inländischer Dividenden) und eine Doppelbesteuerung hinsichtlich der ausländischen Einkünfte (soweit DBA-Freistellung gegeben) zu vermeiden, soll der Ausschüttungsbetrag (tatsächliche Ausschüttung oder Vorabpauschale) oder der Veräußerungsgewinn zu 40 % steuerfrei sein, wobei die 40 %ige Steuerfreiheit gewährt wird, wenn der Fonds zu 51 % in Immobilien oder Immobiliengesellschaften investiert ist. Die Steuerfreistellung soll auf 60 % steigen, wenn der Fonds zu 51 % in ausländische Immobilien oder Immobiliengesellschaften investiert ist. Der Steuersatz soll für den Privatanleger 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag betragen. Bei betrieblichen Anlegern erfolgt die Versteuerung entsprechend dem jeweiligen Steuerstatus (bei körperschaftsteuerpflichtigen Anlegern mit 15 % Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag zuzüglich Gewerbesteuer). Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Investmentanteile sind als Kapitalertrag steuerpflichtig.


Transparentes Besteuerungsregime

Das transparente Besteuerungsregime würde nur bei Spezialfonds gelten. Für transparente Investmentvermögen soll an der derzeitigen Besteuerungssystematik grundsätzlich festgehalten werden.

Einzelne Punkte sollen allerdings neu geregelt werden. Hierzu gehört insbesondere, dass es bei den Erträgen aus inländischen Immobilien (laufende Mieterträge und Veräußerungsgewinne) keine Körperschaftsteuerbelastung auf Fondsebene geben soll. Die inländischen Immobilienerträge gelten für alle Anleger als unmittelbar bezogene Einkünfte (bisher gilt eine derartige Fiktion nur für beschränkt steuerpflichtige Ausländer). Die Investmentgesellschaft hat einen Steuerabzug von 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag vorzunehmen. Bei Anteilsrückgaben/-Veräußerungen soll – vergleichbar dem Zwischengewinn – ein inländischer Immobiliengewinn geschaffen werden, der im Fall unterjähriger Anteilsrückgaben bzw. Veräußerungen dem Steuerabzug durch das Investmentvermögen unterliegen soll. Steuerbefreite inländische Anleger müssten demnach in die Veranlagung, um sich die Körperschaftsteuer im Veranlagungswege erstatten zu lassen.

Anders als bei inländischen Immobilienerträgen bliebe es bei inländischen Dividenden bei der Besteuerung (15 % zzgl. Solidaritätszuschlag) auf der Fondsebene. Die Investmentgesellschaft soll die einbehaltene Steuer aber bei der für den Anleger einzubehaltenden Kapitalertragsteuer berücksichtigen. Kommt es zu Überbezahlungen sollen diese dem Investmentvermögen erstattet werden. Bei Anteilsrückgaben/-Veräußerungen soll – vergleichbar dem Zwischengewinn – ein inländischer Dividendengewinn geschaffen werden, der im Fall unterjähriger Anteilsrückgaben bzw. Veräußerungen dem Steuerabzug durch das Investmentvermögen unterliegen soll.

Personengesellschaften, die gegenwärtig noch als Anleger von Spezialfonds zugelassen sind, sollen nach dem Bericht zukünftig nicht mehr Anleger in einem Spezialfonds sein dürfen. Damit wären Investmentvermögen, an denen Personengesellschaften beteiligt sind, gezwungen diese Anleger zwangsweise auszuschließen, da andernfalls der Fonds nicht mehr unter das Transparenzregime fallen würde.

Es soll eine gesetzliche Ausschüttungsreihenfolge geschaffen werden mit dem Ziel die Ausschüttung von Substanz zu unterbinden, sofern noch nicht alle realisierten Erträge ausgekehrt wurden. Die Ausschüttungsreihenfolge soll wie folgt festgelegt werden:

- Die laufenden Erträge des Geschäftsjahres

- Die ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre, die bereits – zwecks Besteuerung – den Anlegern zugerechnet wurden

- Erträge aus Geschäftsjahren und aus Vorjahren, die keine ausschüttungsgleichen Erträge sind oder waren

- Substanz

Es kommt insoweit zu einem Auseinanderfallen von Aufsicht- und Steuerrecht. Die investmentrechtliche Verwendungsrechnung könnte keine Grundlage mehr für das Steuerecht sein.

Ausblick

Die Finanzminister haben nach den bisherigen Verlautbarungen die Reform zwar grundsätzlich gestoppt. Dies betrifft vor allem die Abkehr vom Transparenzprinzip bei den Publikumsfonds. Es soll zunächst untersucht werden, welche Auswirkungen sich aus den vorgeschlagenen Systemänderungen auf die Altersvorsorge und die Volkswirtschaft ergäben, wenn die Reform wie bislang angedacht umgesetzt werden soll.

Gleichwohl soll das Investmentsteuergesetz punktuell verändert werden. Dazu werden erste Maßnahmen vermutlich bereits mit dem Jahressteuergesetz 2013 auf den Weg gebracht. Welche Maßnahmen dies sind, steht noch nicht fest.

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