BFH: Abzugsverbot für Gewerbesteuer ist verfassungskonform
Aktuell: Gegen das Urteil des BFH vom 16.01.2014, I R 21/12, zum Abzugsverbot für Gewerbesteuer wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt, 2 BvR 1559/14.
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Das gesetzliche Verbot, die Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer abzuziehen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die damit verbundene Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips ist durch steuersystematische Gründe gerechtfertigt.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, behandelte im Streitjahr 2008 die anfallende Gewerbesteuer in ihrer Körperschaftsteuererklärung zunächst entsprechend § 4 Abs. 5b EStG als nichtabziehbare Betriebsausgabe. Die Klägerin wurde wie erklärt veranlagt und erhob sodann Einspruch, da die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer im Rahmen der Gewinnermittlung für die Körperschaftsteuer verfassungswidrig sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Das gesetzliche Verbot, die Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer abzuziehen, sei nicht verfassungswidrig. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht komme daher nicht in Betracht.
Das Abzugsverbot verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete eine Besteuerung gem. der finanziellen Leistungsfähigkeit und eine folgerichtige Ausgestaltung des Steuerrechts. Die Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit werde durch das (objektive) Nettoprinzip verwirklicht.
Zwar verstoße das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5b EStG gegen das objektive Nettoprinzip, doch sei dieser Verstoß gerechtfertigt. Die Erhebung von Gewerbesteuer neben der Einkommen- oder Körperschaftsteuer begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch sei kein zwingendes verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, dem zufolge die mit einer dieser Steuerarten verbundenen Lasten im Rahmen der Bemessungsgrundlage der jeweils anderen Steuerart berücksichtigt werden müssten. Die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG) war Teil des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, mit dem die Bemessungsgrundlage (z.B. durch Einführung der sog. Zinsschranke) verbreitert und verstetigt wurde, wofür im Gegenzug die Steuersätze für Körperschaften gesenkt wurden. Daher sei die Nichtabziehbarkeit nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jener Reform zu betrachten. Zudem habe die Neuregelung zu einer Vereinfachung und höheren Transparenz der Besteuerung führen sollen, was die Durchbrechnung des objektiven Nettoprinzips (grundsätzlich) ebenfalls rechtfertigen könne.
Dass die verschiedenen vorgesehenen Kompensationswirkungen innerhalb der Gesamtreform (festgeschriebene Gewerbesteuermeßzahl i.H.v. 3,5%, verringerter Körperschaftsteuersatz, erhöhte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer) nicht in jedem Einzelfall vollständig zur Geltung kämen, ändere daran nichts. Es sei nämlich nicht erforderlich, dass sämtliche Steuerpflichtigen nach der Reform nicht schlechter dastünden als vorher. Daher könne der Argumentation der Klägerin, in ihrem Fall nehme die Gewerbesteuer wegen der Hinzurechnungen von Pachtentgelten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG einen Umfang an, der durch die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % nicht aufgefangen werde, nicht gefolgt werden.
Es liege auch kein Verstoß gegen das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Abzugsverbots vor. Denn wenn, wovon der BFH ausgeht, bereits gegen die Ungleichbehandlung der jeweiligen Betriebsformen bezüglich der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer bestünden (vgl. BFH-Beschluss vom 16.10.2012), gelte dies erstrecht für die Auswirkungen, die sich durch die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer ergeben. Der Gesetzgeber sei durch den allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu einer rechtsformneutralen Besteuerung verpflichtet (vgl. BFH-Beschluss vom 15.02.2012).
Betroffene Norm
§ 4 Abs. 5b EStG
Streitjahr 2008
Anmerkungen
BFH-Urteil vom 10.09.2015
Mit Urteil vom 10.09.2015 hat der IV. Senat des BFH nun auch für den Bereich der Personenunternehmen entschieden, dass das Verbot des Abzugs der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe gem. § 4 Abs. 5b EStG verfassungskonform ist (siehe Deloitte Tax-News).
BFH-Beschluss vom 16.10.2012
Mit dem vorliegenden Urteil vom 16.10.2012 bekräftigt der BFH auch seine Auffassung aus dem Beschluss vom 16.10.2012 (siehe Deloitte Tax-News) zur Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungstatbestände für Mieten und Pachten.
Vorinstanz
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 29.02.2012, 1 K 48/12, EFG 2012, S. 933
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.01.2014, I R 21/12, Verfassungsbeschwerde eingelegt: 2 BvR 1559/14
Pressemitteilung Nr. 36/14 vom 07.05.2014
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 10.09.2015, IV R 8/13, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 16.10.2012, I B 128/12, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 15.02.2012, I B 97/11, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 29.02.2012, 1 K 138/10, BVerfG-anhängig: 1 BvL 8/12, siehe Deloitte Tax-News