BFH: Auswirkungen des BilMoG auf Gesellschafterebene
Ein entgeltlicher Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft stellt auf der Ebene des veräußernden Gesellschafters – auch nach den handelsrechtlichen Änderungen durch das BilMoG – ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 17 EStG dar (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 27.11.2013). Die Qualifizierung des Vorgangs auf Gesellschaftsebene durch das BilMoG nicht als Erwerbsvorgang bewirkt keine korrespondierende oder spiegelbildliche steuerliche Behandlung auf der Gesellschafterebene.
Sachverhalt
Die Klägerin hielt im Privatvermögen Anteile an einer GmbH, die sie im Streitjahr 2011 unter anderem an diese veräußerte. Die GmbH gliederte einen Betrag aus der freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage zum Erwerb der eigenen Anteile um. Die Klägerin war der Ansicht, dass der Gewinn aus der Anteilsveräußerung an die GmbH (Erwerb eigener Anteile) bei ihr nicht der Besteuerung nach § 17 EStG unterliege. Dem widersprachen Finanzamt und FG.
Entscheidung
Das FG habe zu Recht die entgeltliche Übertragung des Geschäftsanteils an die GmbH (Erwerb eigener Anteile) als Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG angesehen und die von der GmbH gebildete Rücklage zum Zweck des Erwerbs eigener Anteile nicht als nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin auf den von der GmbH erworbenen Geschäftsanteil qualifiziert.
Nach Verwaltungsauffassung stellt aus der im Streitfall maßgebenden Sicht der Anteilseignerin auch ein entgeltlicher Erwerb eigener Anteile durch die GmbH ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 17 EStG dar (vgl. BMF-Schreiben vom 27.11.2013). Der BFH schließt sich dieser Ansicht an.
Das gilt nach Auffassung des BFH deshalb, weil die auf der Ebene der Gesellschaft anknüpfenden handelsrechtlichen Änderungen durch das BilMoG keine neuen Regelungen hinsichtlich der in Rede stehenden Gesellschafterebene beinhalten. Der Erwerb eigener Anteile ist auf Gesellschaftsebene entsprechend der durch das BilMoG geänderten handelsrechtlichen Vorschriften (§ 272 Abs. 1a und 1b HGB) steuerrechtlich nicht mehr als Erwerbsvorgang, sondern nach dem BMF-Schreiben vom 27.11.2013 als Teilliquidation und somit wie eine Kapitalherabsetzung zu behandeln. Aufgrund der Trennung der Gesellschafts- von der Gesellschafterebene und des Fehlens eines steuergesetzlichen Korrespondenzprinzips zwischen beiden Ebenen, ist für den Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft keine mit der steuerrechtlichen Behandlung bei der Gesellschaft korrespondierende Behandlung auf der Gesellschafterebene vorgegeben.
Zudem mindere die von der GmbH zum Erwerb eigener Anteile gebildete Rücklage nicht als nachträgliche Anschaffungskosten den von der Klägerin bei der Veräußerung des Anteils an die GmbH erzielten Veräußerungsgewinn. Grundsätzlich können den (nachträglichen) Anschaffungskosten einer Beteiligung nur solche Aufwendungen des Gesellschafters zugeordnet werden, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2017). Der anteilige Gewinnvortrag, Jahresüberschuss oder thesaurierte Gewinne gehören nicht zu den nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 08.02.2011). Ebenso wenig führe die im Streitfall vorgenommene Umgliederung aus der freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Gewinnrücklage zum Erwerb eigener Anteile zu nachträglichen Anschaffungskosten, da dieser Vorgang die Stellung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft nicht berührt (kein Anspruch auf Gewinnausschüttung, keine Kapitalzuführung von außen, vgl. BFH-Urteil vom 27.04.2000).
Betroffene Normen
§ 17 Abs.1 EStG, § 272 Abs. 1a und 1b HGB
Streitjahr 2011
Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.09.2016, 1 K 1725/14, EFG 2017, S. 724
Fundstelle
BFH, Urteil vom 06.12.2017, IX R 7/17, lt. BMF-Schreiben vom 10.04.2019 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 11.07.2017, IX R 36/15, BFHE 258, S. 427, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 08.02.2011, IX R 15/10, BStBl II 2011, S. 684, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 27.04.2000, I R 58/99, BStBl II 2001, S. 168
BMF, Schreiben vom 27.11.2013, IV C 2-S 2742/07/10009, BStBl I 2013, S. 1615