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19.02.2015
Unternehmensteuer

BFH: Begriff des Wirtschaftsguts

Der Begriff des Wirtschaftsguts setzt keine längerfristige, d.h. eine sich über mehrere Jahre erstreckende Nutzbarkeit voraus (Klarstellung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit einer Leasing-GmbH einen Finanzierungsleasingvertrag über einen PKW geschlossen, den sie zu betrieblichen Zwecken nutzte. Die Leasingraten behandelte sie als Betriebsausgaben. Der Leasingvertrag sah bei Vertragsablauf die Möglichkeit vor, den PKW zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis entweder selbst anzukaufen oder einen Dritten als Käufer zu benennen. Nach Ablauf des Leasingvertrags erwarb der Ehemann der Klägerin den PKW.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die vom Leasinggeber der Klägerin eingeräumte Kaufoption ein Wirtschaftsgut darstelle, das sie ihrem Betriebsvermögen entnommen habe, indem sie die Ausübung der Kaufoption ihrem Ehemann überlassen habe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die der Klägerin eingeräumte Kaufoption als entnahmefähiges Wirtschaftsgut zu beurteilen sei.

Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasse zum einen alle Gegenstände i.S. des § 90 BGB (Sachen und Rechte), darüber hinaus aber auch sonstige Vorteile, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lasse und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich seien. Dies sei im Streitfall gegeben, die Klägerin habe sich die Erlangung der Vorteile etwas kosten lassen, indem sie in der begründeten Erwartung des Andienungsrechts hohe Leasingraten gezahlt habe.

Der Annahme eines Wirtschaftsguts stehe nicht entgegen, dass die Ausübungsfrist der eingeräumten Optionsrechte auf die Restdauer der Leasingverträge – also einen Zeitraum von jeweils etwa einem Monat – begrenzt gewesen sein könnte und die Optionen tatsächlich bereits wenige Tage nach ihrer Einräumung ausgeübt worden seien.

Zwar habe die ältere Rechtsprechung die Definition des Wirtschaftsgutsbegriffs mit dem Zusatz versehen, die Aufwendungen müssten dem Kaufmann "einen sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckenden" Nutzen bringen. Der BFH habe die Annahme eines Wirtschaftsguts jedoch noch nie daran scheitern lassen, dass es nicht über mehrere Wirtschaftsjahre hinweg nutzbar war. In neueren Entscheidungen wird das Erfordernis der Mehrjährigkeit bzw. Längerfristigkeit des Vorteils entweder gar nicht mehr erwähnt oder mit der Einschränkung versehen, "in der Regel" müsse der Vorteil eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen. In der Literatur werde einhellig die Auffassung vertreten, die Mehrjährigkeit sei nicht Voraussetzung für die Annahme eines Wirtschaftsguts.

Auch nach Auffassung des BFH stehe der Umstand, dass eine bestimmte vermögenswerte und gesondert bewertungsfähige Position in ihrer Nutzbarkeit auf einen als nicht langfristig bzw. mehrjährig anzusehenden Zeitraum begrenzt sei, der Annahme eines Wirtschaftsguts nicht entgegen. Dies folge bereits aus der Formulierung des § 7 Abs. 1 S. 1 EStG, wonach „bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt", die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer zu verteilen sind. Sie zeige, dass es auch Wirtschaftsgüter geben müsse, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen auf einen kürzeren Zeitraum als ein Jahr beschränkt sei.

Betroffene Normen

§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 Abs. 2 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, § 7 Abs. 1 S. 1 EStG
Streitjahre 2001 und 2002

Vorinstanz
FG Münster, Urteil vom 15.06.2011, 6 K 5167/06 E, G, EFG 2012, S. 331

Fundstelle
BFH, Urteil vom 26.11.2014, X R 20/12

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