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05.02.2015
Unternehmensteuer

BFH: Durch Wechsel im Gesellschafterbestand ausgelöste GrESt sofort abziehbar

Die infolge eines Wechsels im Gesellschafterbestand ausgelösten Grunderwerbsteuern sind nicht den Anschaffungs(neben)kosten der erworbenen Kommanditanteile oder des vorhandenen Grundbesitzes der Objektgesellschaft zuzuordnen, sondern stellen sofort abziehbare Werbungskosten dar (entgegen Finanzverwaltung).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co KG, deren Zweck die Vermietung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes ist, war Eigentümerin eines Bürogebäudes, das sie nach dessen Fertigstellung vermietete. Die S-KG erwarb im Streitjahr 2002 sämtliche Kommanditanteile von den Kommanditisten der Klägerin.

Während das Finanzamt eine Berücksichtigung der von der S-KG entrichteten Grunderwerbsteuer in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung versagte und stattdessen Anschaffungs(neben)kosten annahm, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt.
 

Entscheidung

Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die gegen die Klägerin festgesetzte und im Streitjahr entrichtete Grunderwerbsteuer als sofort abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG) zu berücksichtigen sei. Sie stelle keine Anschaffungs(neben)kosten des Vermietungsobjekts dar, die in Höhe der AfA abzusetzen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG) sei.

Ob die Grunderwerbsteuer, die bei Änderung des Gesellschafterbestands einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) entsteht, als Anschaffungsnebenkosten "auf die Beteiligung" bzw. "auf die Anteile an den Grundstücken" anzusehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Die Finanzverwaltung bejaht dies (s. OFD Frankfurt am Main vom 02.05.2013, OFD Niedersachsen vom 19.01.2012, aktualisiert am 22.08.2013 und OFD Rheinland vom 23.01.2012), während sich die herrschende Meinung in der Literatur für eine Behandlung als sofort abziehbaren Aufwand ausspricht.

§ 1 Abs. 2a GrEStG enthalte die Fiktion eines auf Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichteten Rechtsgeschäfts. Das Gesetz fingiere folglich mit Hilfe des Ersatztatbestands des Wechsels im Gesellschafterbestand einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Die Fiktion des Grundstücksübergangs gelte nur im Rahmen der Grunderwerbsteuer, während zivilrechtlich die Identität der grundbesitzenden Personengesellschaft unberührt bleibe.

Auf der Ebene der Klägerin als grundbesitzender Gesamthand liege daher ertragsteuerlich keine "Anschaffung" des Bürogebäudes vor. Der Grundbesitz befinde sich nach dem Wechsel im Gesellschafterbestand unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin. Die Verfügungsmacht über den Grundbesitz sei weder rechtlich noch wirtschaftlich Gegenstand der Erwerbsvorgänge in Bezug auf die Kommanditanteile. Der grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG finde im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung (BFH-Urteil vom 20.04.2011).

Die Grunderwerbsteuer sei nicht "für" die Anschaffung der Kommanditanteile entstanden. Es fehle ertragsteuerlich an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Anschaffung der Kommanditanteile und der Grunderwerbsteuer. Da der Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Steuer nicht der Gesellschafterwechsel als solcher, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes, nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu erfassendes Wirtschaftsgut sei, handele es sich dabei um Aufwand, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final den erworbenen Kommanditanteilen zugeordnet werden könne.

Betroffene Normen

§9 Abs. 1 S. 1 EStG, § 1 Abs. 2a GrEStG
Streitjahr 2002

Anmerkung
Die OFD NRW hat sich mit Verfügung vom 21.04.2015 der Auffassung des BFH angeschlossen und festgestellt, dass die infolge einer Sacheinlage von Gesellschaftsanteilen aufgrund einer Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) sowie die bei einem Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2 a GrEStG) ausgelösten Grunderwerbsteuern nicht als Anschaffungskosten zu aktivieren sind.

Vorinstanz
FG München, Urteil vom 22.10.2013, 5 K 1847/13, EFG 2014, S. 478

Fundstelle
BFH, Urteil vom 02.09.2014, IX R 50/13
OFD NRW, Verfügung vom 21.04.2015

Weitere Fundstellen
Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Rundverfügung vom 02.05.2013, S 2171 A-21-St 210
Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Verfügung vom 19.01.2012, aktualisiert am 22.08.2013, S 2171-65-St 221/St 222
Oberfinanzdirektion Rheinland, Verfügung vom 23.01.2012, S 2174 – St 141, DB 2012, S. 486
BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, S. 761, siehe Deloitte Tax-News

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