Zurück zur Übersicht
19.04.2013
Unternehmensteuer

BFH: Eigene Aufwendungen für ein fremdes Gebäude

Trägt der Steuerpflichtige die Kosten zur Herstellung eines im Eigentum seines Ehegatten stehenden Gebäudes, das er betrieblich nutzt, sind seine Aufwendungen steuerlich zu aktivieren und abzuschreiben. Endet die betriebliche Nutzung des Gebäudes, ergeben sich keine Auswirkungen auf den Gewinn des Steuerpflichtigen; eine Berücksichtigung stiller Reserven unterbleibt, soweit sie auf das Eigentum des anderen Ehegatten entfallen. Ein möglicherweise verbleibender Restbetrag ist erfolgsneutral auszubuchen und dem Eigentümer-Ehegatten als Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen.

Sachverhalt

Der Kläger war als Einzelunternehmen Inhaber einer Schreinerei. Der Betrieb wurde auf Grundstücken geführt, die im hälftigen Miteigentum seiner Ehefrau standen. Die für den Betrieb notwendigen Gebäude hatte der Kläger mit eigenen betrieblichen Mitteln hergestellt und die Kosten in vollem Umfang aktiviert und abgeschrieben.

Im Streitjahr 1994 gründete der Kläger mit seinen Söhnen eine GbR, deren Zweck in der Fortführung des bisherigen Einzelunternehmens bestand. Im selben Jahr beschlossen der Kläger und die Söhne eine Kapitalerhöhung der von ihnen zu Beginn des Jahres gegründeten GmbH gegen Sacheinlage der GbR mit allen in ihrem Eigentum befindlichen Aktiven und Passiven. Die Einbringung der Wirtschaftsgüter erfolgte zu Buchwerten. Die von der Einbringung ausgenommenen Grundstücke sowie den nicht bilanzierten Firmenwert verpachtete die GbR anschließend an die GmbH.

Der Kläger bilanzierte den Grund und Boden und die Gebäude mit den aus der Schlussbilanz des Einzelunternehmens übernommenen Buchwerten in seiner bei der GbR geführten Sonderbilanz. Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, die GbR sei infolge der Einbringung der Mitunternehmeranteile in die GmbH erloschen und stellte bei dem Kläger einen Aufgabegewinn im Wesentlichen in Höhe der stillen Reserven des Grund und Bodens und des Gebäudes sowie der anteiligen stillen Reserven des Firmenwertes fest. Die Beteiligten streiten über die Höhe des Aufgabegewinns.

Entscheidung

In den Aufgabegewinn des Klägers ist der Teil der stillen Reserven nicht einzubeziehen, der auf den zivilrechtlichen Gebäude-Miteigentumsanteil der Ehefrau fällt.

Zunächst stellt der BFH klar, dass eine Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG 1999 im Streitfall ausgeschlossen war, weil der bis dahin zum Betriebsvermögen gehörende Grundbesitz, der eine wesentliche Betriebsgrundlage der GbR darstellte, nicht in die GmbH eingebracht worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.1996). Weiterhin ist zwischen der GbR als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebskapitalgesellschaft keine Betriebsaufspaltung aufgrund der Überlassung des Firmenwerts der GbR begründet worden, da dieser im Zuge der Einbringung auf die GmbH übergegangen ist und daher nicht von der GbR an die GmbH verpachtet werden konnte. Eine Betriebsaufspaltung im Zusammenhang mit der Überlassung von Grundbesitz scheitert daran, dass nicht die GbR, sondern der Kläger die Grundstücke an die GmbH vermietet hat. Damit wurde der Grundbesitz aus dem Sonderbetriebsvermögen bei der GbR entnommen mit der Folge der Aufdeckung der diesbezüglichen stillen Reserven.

In die Ermittlung des Aufgabegewinns des Klägers sind jedoch nach Auffassung des BFH die auf den zivilrechtlichen Gebäude-Miteigentumsanteil der Ehefrau entfallenden stillen Reserven nicht einzubeziehen.
Das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip gebietet den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn sie für Wirtschaftsgüter erbracht werden, die in einem fremden Eigentum stehen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen im betrieblichen Interesse getragen werden. Bei dem Steuerpflichtigen wird der Aufwand bilanztechnisch „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ behandelt, was dazu führt, dass die Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und abzuschreiben sind (BFH-Beschlüsse vom 23.08.1999). Die Behandlung von Aufwendungen „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ soll die typisierte Verteilung der Aufwendungen in Anlehnung an die Regeln bewirken, die für Aufwendungen auf ein eigenes Wirtschaftsgut derselben Art gelten und schafft insoweit eine Gleichbehandlung von Eigentümern und nutzungsbefugten Dritten. Die Typisierung der Aufwandsverteilung bewirkt indessen nicht, dass der Aufwandsposten einem Wirtschaftsgut gleichgestellt wird. Zwar sind die Regelungen des EStG zu Abschreibungen, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen entsprechend anzuwenden, jedoch ist es nicht möglich, dem Nutzungsbefugten – der nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist – Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts zuzurechnen, nur weil er die Aufwendungen für dieses Wirtschaftsgut getragen hat. Ihm können auch keine stillen Reserven dadurch entstehen, dass die typisierte Aufwandsverteilung über einen kürzeren Zeitraum erfolgt, als das Wirtschaftsgut von ihm genutzt werden kann – eine Übertragung nach § 6b EStG kommt demzufolge nicht in Betracht (entgegen BFH-Urteil vom 10.04.1997).

Endet die Nutzung des Wirtschaftsguts durch den Nutzungsbefugten, bevor die Aufwendungen vollständig von ihm abgezogen werden konnten, geht der verbleibende Betrag nicht unter, sondern ist dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzurechnen (BFH-Beschluss vom 23.08.1999, GrS 1/97). Im Streitfall waren danach stille Reserven, soweit sie auf den Miteigentumsanteil am Gebäude der Ehefrau entfallen, nicht in den Gewinn aus der Betriebsaufgabe der GbR einzubeziehen. Ein möglicherweise in der Sonderbilanz des Klägers verbleibender Restbetrag ist erfolgsneutral auszubuchen und der Ehefrau als Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen.

Betroffene Norm  
Streitjahr 1994

Vorinstanz
Finanzgericht Köln, Urteil vom 30.04.2009, 10 K 3457/08, EFG 2009, S. 1534

Fundstelle
BFH, Urteil vom 19.12.2012, IV R 29/09, BStBl II 2013, S. 387 

Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 23.08.1999, GrS 1/97, BStBl II 1999, S. 778
BFH, Beschluss vom 23.08.1999, GrS 5/97, BStBl II 1999, S. 774
BFH, Urteil vom 10.04.1997, IV R 12/96, BStBl II 1997, S. 718
BFH-Urteil vom 16.02.1996, I R 183/94, BStBl II 1996, S. 342

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.