BFH: Feststellung des Anteils am GewSt-Messbetrag bei unterjährigem Gesellschafterwechsel
Auch nach einem unterjährigem Gesellschafterwechsel ist – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 19.09.2007 und vom 24.02.2009) – der Anteil am Gewerbesteuermessbetrag nur für diejenigen Gesellschafter festzustellen, die zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer (Ablauf des Erhebungszeitraums) noch Mitunternehmer der fortbestehenden Personengesellschaft sind.
Sachverhalt
Klägerin ist die X GmbH & Co. KG, die eine von mehreren Kommanditisten der R-KG war. Mit Wirkung zum 05.01.2004 veräußerten fast alle der Kommanditisten ihre Anteile an die B-GmbH. Die Vertragsparteien einigten sich darauf, dass die durch die Veräußerung ausgelöste Gewerbesteuer von den verursachenden Verkäufern zu tragen sei.
Streitig ist die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags. Das Finanzamt rechnete – im Einklang mit den Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 19.09.2007 und vom 24.02.2009) – den einzelnen (auch den ausgeschiedenen) Mitunternehmern den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag jeweils zeitanteilig nach deren Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zu. Die Klägerin hingegen begehrte, dass der auf den Veräußerungsgewinn entfallene Gewerbesteuermessbetrag nach § 35 Abs. 2 EStG den ausgeschiedenen Kommanditisten zugerechnet wird.
Entscheidung
Für die Auffassung, dass auch für die unterjährig ausgeschiedenen Gesellschafter einer Personengesellschaft Anteile am Gewerbesteuermessbetrag festzustellen seien, gebe es keine gesetzliche Grundlage. Das Finanzamt habe die rechnerische, zeitanteilige Aufteilung zwar im Einklang mit den Verwaltungsanweisungen (vgl. BMF-Schreiben vom 19.09.2007, Rz. 28 und vom 24.02.2009, Rz. 30) sowie Teilen der Literatur getroffen. Eine solche Vorgehensweise verkenne aber, dass die § 35 EStG zugrunde liegende gesetzgeberische Typisierung entscheidend an die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft anknüpfe.
Bei Entstehen der Gewerbesteuer mit Ablauf des Erhebungszeitraums (§ 18 GewStG) seien die unterjährig ausgeschiedenen Gesellschafter nicht mehr beteiligt. Der Umstand, dass die Gewerbesteuer den Gesamthandsgewinn der Personengesellschaft mindere, berühre die bis dahin ausgeschiedenen Gesellschafter nicht mehr. Deshalb sei es nach dem Regelungskonzept des § 35 EStG ausgeschlossen, auch den im Laufe des betreffenden Erhebungszeitraums ausgeschiedenen Mitunternehmern einen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zuzuweisen.
Außerdem wies der BFH in seiner Entscheidung daraufhin, dass als Verteilungsmaßstab für die Anteile der Mitunternehmer am festgestellten Gewerbesteuermessbetrag (§ 35 Abs. 2 S. 2 HS. 1 EStG) auch im Fall des unterjährigen Gesellschafterwechsel bei einer Personengesellschaft an dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel festzuhalten sei und dass ein Veräußerungsgewinn des ausscheidenden Gesellschafters den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nicht beeinflusse.
Betroffene Norm
§ 35 Abs. 2 EStG
Streitjahr 2004
Anmerkung
In seinem Schreiben vom 03.11.2016 hat sich das BMF der Auffassung des BFH angeschlossen. Allerdings gibt das BMF Steuerpflichtigen bis zum Veranlagungszeitraum 2017 die Möglichkeit, weiterhin die Auffassung aus dem BMF-Schreiben vom 24.02.2009, Tz. 30, anzuwenden, wenn alle zum Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums noch beteiligten Mitunternehmer dies einheitlich beantragen.
Vorinstanz
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2013, 5 K 1181/10
Fundstelle
BFH, Urteil vom 14.01.2016, IV R 5/14, BStBl II 2016 Seite 875
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 19.09.2007, BStBl I 2007, S. 701
BMF, Schreiben vom 24.02.2009, BStBl I 2009, S. 440
