BFH: Gesellschafterdarlehen an vermögensverwaltende Personengesellschaft
Der BFH hat erstmals höchstrichterlich entschieden, dass ein Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, soweit der darlehensgebende Gesellschafter selbst an der Gesellschaft beteiligt ist.
BFH, Urteil vom 27.11.2024, I R 19/21
Sachverhalt
Kommanditistin einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG (KG) war die in einem Nicht-EU Land (Russland) ansässige F. Komplementärin war die nicht am Vermögen beteiligte K-GmbH. Zur Geschäftsführung befugt waren sowohl die K-GmbH als auch die F.
Die KG erwarb in 2012 eine im Inland belegene Immobilie, die vermietet wurde. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte F der KG ein verzinsliches Darlehen, aufgrund dessen die KG Zinsen an die F zahlte.
Im Rahmen einer bei der KG durchgeführten steuerlichen Außenprüfung qualifizierte die BP die seitens der KG erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb in solche aus Vermietung und Verpachtung um. Außerdem berücksichtigte die BP die an die F gezahlten Darlehenszinsen nicht als Werbungskosten.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass das der KG von ihrer Kommanditistin gewährte Darlehen steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen ist. Folglich sind die Zinsaufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften der KG berücksichtigt.
KG ist vermögensverwaltende Gesellschaft mit Vermietungseinkünften
Die KG hat als vermögensverwaltende Personengesellschaft aus der Überlassung eines Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Eine Qualifikation als gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG scheidet aus, weil zur Geschäftsführung nicht nur die an der KG beteiligte Kapitalgesellschaft, sondern auch die Kommanditistin F befugt war.
Vermögensverwaltende Gesellschaft ist Bruchteilsgemeinschaft
Bei der Anerkennung von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern differenziert das Steuerrecht zwischen (gewerblichen) Mitunternehmerschaften und rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Diese Differenzierung ergibt sich daraus, dass der grundsätzlich für alle Personengesellschaften anwendbare § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO durch die ausschließlich für Mitunternehmerschaften geltende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird. So wird eine vermögensverwaltende Personengesellschaft – wie die KG – nach ständiger Rechtsprechung steuerrechtlich als Bruchteilsgemeinschaft behandelt (BFH-Beschluss vom 25.09.2018, GrS 2/16).
Keine Anerkennung von Vertragsbeziehungen zwischen vermögensverwaltender Gesellschaft und Gesellschafter
Für eine durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft vorgenommene Vermietung eines Grundstücks folgt daraus, dass Mietverträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, wenn und soweit diesen das Grundstück beziehungsweise das Nutzungsrecht an dem Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16.11.2021, IX B 37/21). Denn insoweit fehlt es zur steuerrechtlichen Anerkennung eines entsprechenden Schuldverhältnisses an der erforderlichen Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.06.2006, IX R 14/04).
Ergebnis im Streitfall
Entsprechendes gilt für das im Streit stehende Darlehensverhältnis. Soweit dem Gesellschafter eine Forderung oder eine Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit seiner Gesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich zuzurechnen ist, fallen Gläubiger und Schuldner des Vertrags zusammen, sodass die Forderung bei Maßgabe der steuerrechtlichen Betrachtung für Besteuerungszwecke erlischt (sogenannte Konfusion). In diesem Umfang ist die schuldrechtlich wirksame Vereinbarung steuerrechtlich nicht anzuerkennen mit der Folge, dass entsprechende Zinsen beim Darlehensnehmer keine abzugsfähigen Werbungskosten darstellen und beim Darlehensgeber nicht zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, 13 K 1695/19 F; FG Münster, Urteil vom 26.08.2021, 8 K 2860/19 F; Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 07.01.2016).
Betroffene Norm
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO
Streitjahr 2012
Vorinstanz
Finanzgericht München, Urteil vom 18.03.2021, 10 K 2756/19
Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.11.2024, I R 19/21, lt. BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 83/00, BStBl. II 2004, S. 898
Großer Senat des BFH, Beschluss vom 25.09.2018, GrS 2/16, BStBl. II 2019, S. 262, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 16.11.2021, IX B 37/21, BFH/NV 2022, S. 115
BFH, Urteil vom 07.06.2006, IX R 14/04, BFH/NV 2006, S. 2053
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, 13 K 1695/19 F, EFG 2020, S. 93
Finanzgericht Münster, Urteil vom 26.08.2021, 8 K 2860/19 F, EFG 2021, S. 1712
Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 07.01.2016, DStR 2016, S. 755
