BFH: Gewerbesteuer bei Veräußerung eines Geschäftsbereichs
Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf eines Geschäftsbereichs einer GmbH & Co. KG ist auch dann gewerbesteuerpflichtig, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage in dem fiktiven (vermögensverwaltenden) Gewerbebetrieb der nunmehr gewerblich geprägten Personengesellschaft fortgeführt wird.
Sachverhalt
Eine GmbH & Co. KG veräußerte die zu ihrem Geschäftsbereich gehörenden Wirtschaftsgüter. Von der Veräußerung ausgenommen wurden das Betriebsgrundstück, die Gesellschafterdarlehen sowie die Rückstellungen für noch nicht veranlagte Steuern vom Einkommen und Ertrag. Nach Abschluss des Veräußerungsvorgangs beschränkte die GmbH & Co. KG ihre Tätigkeit auf die Vermietung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes. Auf Grund der gewerblichen Prägung der GmbH & Co. KG gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wurde die persönliche Gewerbesteuerpflicht fortgeführt.
Streitig war, ob der Veräußerungsgewinn als laufender Gewerbeertrag zu erfassen oder von der Gewerbesteuer auszunehmen ist.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG Schleswig-Holstein, dass der aus der Veräußerung des Geschäftsbereichs erzielte Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Für die Begünstigung eines Gewinns aus einer (Teil-)Betriebsveräußerung oder -aufgabe kommt es zwar bei der Gewerbesteuer – anders als im Bereich der Einkommensteuer – nicht notwendigerweise darauf an, dass alle stillen Reserven aufgedeckt werden. Die Nichtbelastung mit Gewerbesteuer dient nicht dazu, die Folgen der zusammengeballten Realisierung stiller Reserven zu mildern. Sie hat ihren Grund vielmehr in dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, die nur den durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinn erfasst. Voraussetzung ist jedoch, dass die gewerbliche Tätigkeit aufgegeben wird, also die gewerbliche Tätigkeit (insoweit) endgültig eingestellt wird. Davon ist immer dann auszugehen, wenn als Folge der Veräußerung bzw. der Aufgabe die persönliche Steuerpflicht des Betriebsinhabers i. S. von § 5 GewStG weggefallen ist.
Im vorliegenden Fall ist der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Geschäftsbereichs dem Gewerbeertrag zuzuordnen, da die persönliche Steuerpflicht der GmbH & Co. KG gemäß § 5 GewStG nicht weggefallen ist und sie eine wesentliche Betriebsgrundlage aus dem bisherigen Gewerbebetrieb in ihrem „neuen” fiktiven Gewerbebetrieb ohne Aufdeckung der stillen Reserven fortgeführt hat. Gewerbebetrieb ist auch die gewerblich geprägte Personengesellschaft, deren Tätigkeit infolge der einkommensteuerlichen Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt, obwohl sie keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt. Es gibt keinen Anlass, die GmbH & Co. KG gewerbesteuerlich so zu behandeln, als hätte sie ihren originär gewerblichen Betrieb beendet und einen neuen vermögensverwaltenden Gewerbebetrieb eröffnet.
Zwar führt der Übergang von der originär gewerblichen Tätigkeit zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit bei einem Einzelunternehmer und bei einer Personengesellschaft, die nicht unter den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG fällt, zur Beendigung der gewerblichen Tätigkeit. Dies hat zur Folge, dass etwaige mit der Betriebsbeendigung zusammenhängende Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Im Unterschied hierzu ist jedoch die persönliche Gewerbesteuerpflicht der GmbH & Co. KG nach der Veräußerung des Geschäftsbereichs nicht entfallen. Des Weiteren hat sie eine wesentliche Betriebsgrundlage in ihrem fiktiven Gewerbetrieb fortgeführt. Durch diese Fortführung wird die wirtschaftliche Identität der ursprünglichen und der jetzigen Betätigung gewahrt. Handelt es sich mithin um den nämlichen Betrieb, kann allein der Wechsel von der originär gewerblichen zu der vermögensverwaltenden Tätigkeit nicht als Beendigung des originär gewerblichen Gewerbebetriebs mit anschließender Neugründung eines fiktiven Gewerbebetriebs gewürdigt werden.
Betroffene Norm
§ 15 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 34 EStG; § 2 Abs. 1 GewStG, § 5 GewStG
Anmerkung
BFH-Urteil vom 04.05.2017
Die Frage der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit, wie sie im vorliegenden Urteil vom 17.03.2010 strittig war, ist abzugrenzen von der Frage nach der Unternehmensidentität als Voraussetzung für den gewerbesteuerlichen Verlustabzug nach § 10a GewStG, die im Urteil des BFH vom 04.05.2017 (siehe Deloitte Tax-News) diskutiert wurde (siehe dort unter Anmerkung).
Vorinstanz
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 28.03.2006, 5 K 216/03, EFG 2007, S. 1799
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17.03.2010, IV R 41/07, DStR 2010, S. 922
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 04.05.2017, IV R 2/14, siehe Deloitte Tax-News