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07.03.2019
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Schuldzinsen bei Cash-Pooling

Zinsaufwendungen und -erträge, die aus wechselseitig gewährten Darlehen innerhalb eines Cash-Pools entstehen, können bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung der Schuldzinsen unter bestimmten Voraussetzungen saldiert werden. Im Falle der Saldierung sind die wechselseitigen Schuldverhältnisse innerhalb eines Cash-Pools für jeden Bankarbeitstag zusammenzufassen und fortzuschreiben. Nur der Zins, der für einen dann gegebenenfalls verbleibenden Schuldsaldo entsteht, ist hinzurechnungsfähig.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH und Teil einer Unternehmensgruppe, deren Gesellschaften sich zur Zins- und Finanzierungsoptimierung an einer Liquiditätsbündelung ihrer Konten beteiligten (Cash-Pooling). Hierzu führten die Klägerin und die anderen Tochtergesellschaften bei verschiedenen Kreditinstituten Quellkonten und die Muttergesellschaft zu jedem dieser Quellkonten ein oder mehrere Zielkonten. Der Saldo der Quellkonten wurde bankarbeitstäglich auf Null gestellt, indem ein etwaiges Guthaben auf das Zielkonto überwiesen wurde oder ein etwaiger Negativsaldo durch eine Überweisung vom Zielkonto ausgeglichen wurde. Die dadurch entstehenden wechselseitigen Verbindlichkeiten zwischen der Klägerin und der Muttergesellschaft wurden mit 5,5 % p.a. verzinst.

In ihrem Jahresabschluss nahm die Klägerin eine Saldierung von Zinsaufwendungen und -erträgen aus dem Cash-Pool vor und erfasste im Ergebnis keine Zinsaufwendungen. Finanzamt und FG waren hingegen der Auffassung, dass eine solche Saldierung unzulässig sei.

Entscheidung

Demgegenüber sieht der BFH bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen eine Verrechnung der Zinsaufwendungen und -erträge innerhalb eines Cash-Poolings als möglich an.

Saldierungsverbot hinsichtlich der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG vorliegen, muss jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden. Eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist somit grundsätzlich nicht möglich (Saldierungsverbot, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.09.2011, I R 51/10). Dies gilt entsprechend für die aus den Schuldverhältnissen entstehenden Schuldzinsen. Danach ist grundsätzlich auch eine Saldierung von Schuld- und Habenzinsen ausgeschlossen.

Ausnahmen vom Saldierungsverbot

Mehrere Verbindlichkeiten sind allerdings ausnahmsweise als eine einheitliche Schuld zu werten, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen. Dieser Zweck liegt darin, den Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag zu unterwerfen ("objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebs") und im Wesentlichen eine Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital herbeizuführen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.09.2011, I R 51/10).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH können dementsprechend mehrere bei einem Kreditgeber unterhaltene Konten ebenso wie wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen gewerbesteuerrechtlich nur dann als einheitliches Darlehensverhältnis beurteilt werden, wenn sie gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.09.2005, I R 119/04).

Diese Grundsätze einer möglichen Zusammenfassung wechselseitig zwischen zwei Personen gewährter Darlehen finden nach Ansicht des BFH ebenso auf Darlehen innerhalb eines Cash-Pools Anwendung. Entscheidend sei auch in diesen Fällen, dass die Darlehen gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden. Diese Voraussetzungen sieht der BFH im vorliegenden Streitfall als gegeben an.

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Schuldzinsen bei Cash-Pooling

Im Falle der Saldierung sind die vielzähligen wechselseitigen Schuldverhältnisse innerhalb eines Cash-Pools nach Auffassung des BFH für jeden Bankarbeitstag zusammenzufassen. Der dadurch entstehende Saldo ist fortzuschreiben, indem er mit dem Saldo verrechnet wird, der sich am jeweiligen Folgetag ergibt. Nur soweit danach am jeweiligen Tag ein Schuldsaldo verbleibt, stelle der darauf entfallende Zins ein hinzurechnungsfähiges Entgelt i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG dar. Dieses hinzurechnungsfähige Entgelt ist auch nicht mit danach entstandenen Guthabenzinsen zu verrechnen, so der BFH. Ein möglicher Guthabensaldo kann auch nicht rückwirkend mit zurückliegenden festgestellten Schuldsalden saldiert werden.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG

Streitjahr 2010

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 14.09.2017, 6 K 243/14, EFG 2018, S. 1381

Fundstelle

BFH, Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17, lt. BMF-Schreiben vom 11.06.2019 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 15.09.2011, I R 51/10, BFH/NV 2012, S. 446

BFH, Urteil vom 07.09.2005, I R 119/04, BFH/NV 2006, S. 606 

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