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09.01.2025
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen

Die Kosten für die Anmietung von Werbeträgern können auch bei einem Dienstleistungsunternehmen zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG führen, wenn die Werbeträger bei unterstelltem Eigentum des Dienstleistungsunternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würden.

BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 36/22

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Dienstleistungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Zu Werbungszwecken war sie unter anderem Sponsor von zwei Vereinen (u.a. Werbung als Brustsponsor auf den Trikots sowie Bandenwerbung) und bezog bei Werbeunternehmen Leistungen der Mobil- und Plakatwerbung im öffentlichen und privaten Raum (u.a. Anmietung von Werbeflächen (z.B. an U-Bahnen)). Eine genaue Aufteilung zwischen den einzelnen Positionen war nicht in jedem Fall möglich, da die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen nicht immer eindeutig war.

Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass die verbuchten Aufwendungen als Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu werten sind und rechnete diese gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dem Gewerbeertrag hinzu. Hingegen vertrat das FG die Auffassung, dass Werbeaufwendungen keiner Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG unterliegen, weil es am fiktiven Anlagevermögen der Werbeträger fehlt.

Entscheidung

Nach dem BFH kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d bzw. Buchst. e GewStG ausscheidet. Der BFH weist die Sache an das FG zurück.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG unterliegen Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der beweglichen unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (sog. fiktives Anlagevermögen), der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

Vertrag mit trennbaren Hauptpflichten vs. Vertrag eigener Art

Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2023, III R 5/22) und führt Folgendes aus:

Gegenstand der Hinzurechnung sind Miet- und Pachtzinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts. Der Nutzungsvertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein. Ist ein Vertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietvertrag, so wird er steuerlich als solcher gewürdigt, auch wenn er untergeordnete Nebenleistungen enthält, die dem Vertragstyp "Miete" nicht entsprechen. Bei einem solchen Mietvertrag unterliegt dann das gesamte Entgelt der Hinzurechnung.

Die Einordnung unter einen solchen Vertragstyp ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Vertrag wesentliche mietfremde Elemente enthält. In diesem Fall ist zu klären, ob der Vertrag in seine durch die Hauptpflichten bestimmten wesentlichen Elemente zerlegt und teilweise als Mietvertrag angesehen werden kann (sog. gemischter Vertrag mit trennbaren Hauptpflichten). In einem Fall der rechtlichen Trennbarkeit der Hauptpflichten ist nur der Teil des Entgelts hinzuzurechnen, der auf die Gebrauchsüberlassung entfällt.

Eine Trennbarkeit scheidet hingegen aus, wenn der Vertrag wesentliche miet- oder pachtfremde Elemente enthält, die ihn einem anderen Vertragstyp zuordnen oder zu einer Einordnung als Vertrag eigener Art führen. Dies kann dann der Fall sein, wenn die verschiedenen Leistungspflichten so miteinander verschmolzen sind, dass ein Vertragsgebilde ganz eigener Art entsteht, welches nicht mehr nur als ein Nebeneinander von Leistungen verschiedener Vertragstypen charakterisiert werden kann. In diesem Fall bleiben die im Vertrag enthaltenen Elemente von Miete und Pacht im Rahmen der Hinzurechnung außer Betracht.


Diese Grundsätze machen es laut dem BFH auch im Streitfall erforderlich, den Inhalt der einzelnen Verträge festzustellen und entsprechend zu würdigen.


Bei einem Sponsoringvertrag könne es sich um einen atypischen Schuldvertrag handeln, bei dem die einzelnen Leistungspflichten derart miteinander verknüpft sind, dass diese sich rechtlich und wirtschaftlich nicht trennen lassen, sodass auch eine teilweise Hinzurechnung der Aufwendungen ausscheidet. Auch bei den Leistungen der Werbeagenturen könne es sich um Mietverträge, Werkverträge, Geschäftsbesorgungsverträge oder um gemischte Verträge mit möglicherweise trennbaren Leistungen handeln.

Folglich sei das Urteil aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, damit dieses die fehlenden Feststellungen nachholen kann.

Zum sog. fiktiven Anlagevermögen

Nach dem BFH reichen die vom FG getroffenen Feststellungen auch nicht aus, um die Voraussetzungen für die Zuordnung zum Anlagevermögen abschließend beurteilen zu können. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass der Geschäftszweck der GmbH es nicht erfordere, Werbeträger im Anlagevermögen vorzuhalten. Selbst wenn die Werbung bei einem Dienstleistungsunternehmen – wie der GmbH – nicht originärer Geschäftszweck ist, dient sie doch der Vermarktung der angebotenen Dienstleistung, so der BFH. Das FG hätte nähere Feststellungen dazu treffen müssen, ob die GmbH bestimmte Werbeträger längerfristig oder gleichartige (austauschbare) Werbeträger wiederholt kurzfristig genutzt hat.

Denn für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen komme es also darauf an, ob der Geschäftszweck und die speziellen betrieblichen Verhältnisse (zum Beispiel Häufigkeit und Dauer der Nutzung von bestimmten oder gleichartigen austauschbaren Werbeträgern) des Dienstleistungsunternehmens Werbemaßnahmen erforderlich erscheinen lassen, für die das Unternehmen Werbeträger ständig in seinem Betrieb vorhalten müsse.

Wenn das FG die GmbH mit einem Unternehmer vergleiche, der Werbeträgerflächen zur Nutzung ankauft und nach Ablauf des Nutzungsbedarfs wieder verkaufe, orientiere sich dieser Vergleich nicht an den spezifischen betrieblichen Verhältnissen der GmbH. Denn im Ergebnis würde die Klägerin mit einer Händlerin für Werbeträgerflächen verglichen. Die GmbH nutzt die Werbeträgerflächen jedoch nicht als Handelsobjekt oder Teil eines solchen Handelsobjekts, sondern für Werbemaßnahmen, welche der wirtschaftlich sinnvollen Ausübung ihrer Haupttätigkeit dienen.

Betroffene Normen

§ 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG

Streitjahre 2012 - 2015

Anmerkungen

Einordnung in die Rechtsprechung

Das o.g. Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung zu Sponsoringverträge bzw. zu gemischten Verträgen. Mit Urteil vom 23.03.2023 (III R 5/22, siehe Deloitte Tax-News) hatte der BFH entschieden, dass Sponsoringverträge regelmäßig gemischte Verträge eigner Art darstellen und folglich zugrundeliegende Aufwendungen im Rahmen eines solchen Sponsoringvertrages nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen. Mit Urteil vom 01.06.2022 (III R 56/20, siehe Deloitte Tax News) lehnte der BFH eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten für Mehrwegbehältnisse im Rahmen eines Voll-Logistik-Konzepts (mit umfangreichen Werk-, Dienstleistungs- und Transportvertragselementen) mit der Begründung ab, dass das Mietvertragselement dem gesamtvertraglichen Leistungsbündel nicht das Gepräge gibt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen voraussetzt, dass die den Aufwand verursachenden Verträge nach ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt als Miet- oder Pachtverträge einzuordnen sind oder jedenfalls trennbare miet- oder pachtrechtliche Hauptleistungspflichten enthalten. Weiter setzt die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen voraus, dass die Werbeträger bzw. Werbeflächen sog. fiktives Anlagevermögen des anmietenden Unternehmens (hier: GmbH) darstellen. Dazu muss der Geschäftszweck bzw. die spezifischen betrieblichen Verhältnisse das dauerhafte Vorhandensein gleichartiger Werbeträger bzw. gleichartige Werbeflächen voraussetzen.

Vorinstanz

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.08.2022, 5 K 5101/20

Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 36/22 

BFH, Pressemitteilung vom 19.12.2024

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 23.03.2023, III R 5/22, BStBl. II 2023, S. 923 siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 01.06.2022, III R 56/20, BStBl. II 2023, S. 875, siehe Deloitte Tax News

Ihr Ansprechpartner

Denise Käshammer
Senior Manager

dkaeshammer@deloitte.de
Tel.: +4989290368711

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