BFH: GmbH-Beteiligung als notwendiges Betriebsvermögen eines Freiberuflers
Sachverhalt
Die Klägerin und ihr Ehemann erzielten als Bildjournalisten Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Gewinn wurde durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt (§ 4 Abs. 3 EStG). Die Tätigkeit der Eheleute bestand darin, Informationen über Tagesereignisse mit eigener Kameraausrüstung festzuhalten. Diese Tätigkeit war nicht auftragsbezogen. Vielmehr wählten die Eheleute eigenständig Themen aus und fotografierten auf Vorrat. Das Bildmaterial stellten sie fast ausschließlich der F GmbH zur Verfügung, deren Unternehmensgegenstand die Herstellung, die Vermittlung und der Vertrieb von Bildmaterial, insbesondere an Presse, Werbung und Wirtschaft war. Die Eheleute waren an der F GmbH zu jeweils 12,5 % beteiligt. In den Jahren 1997 bis 1999 erzielten die Klägerin und ihr Ehemann 99 % ihres Umsatzes über die F GmbH. Im Dezember 1998 veräußerten die Klägerin und ihr Ehemann ihre gesamten Anteile an der F GmbH mit Gewinn an die K GmbH. Das Finanzamt war der Ansicht, dass der bei der Veräußerung der Anteile erzielte Veräußerungserlös als laufende betriebliche Einnahme zu berücksichtigen sei, da die Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des selbständigen Unternehmens gehörten und damit notwendiges Betriebsvermögen darstellten.
Entscheidung
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG auch Gewinne, die bei der Veräußerung von Vermögen, das der selbständigen Arbeit dient, erzielt werden. Die notwendige Trennung des unternehmerischen Bereichs vom privaten Bereich erfolgt über den Begriff der "betrieblichen Veranlassung" (vgl. § 4 Abs. 4 EStG). Zum Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die im wirtschaftlichen Eigentum des Betriebsinhabers stehen und von diesem betrieblich veranlasst angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Wirtschaftsgüter gehören zum sog. notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dem Betrieb dergestalt dienen, dass sie objektiv erkennbar zum Einsatz im Betrieb bestimmt sind. Der BFH hat "Geldgeschäfte" eines Freiberuflers, wie die Gewährung von Darlehen, die Übernahme einer Bürgschaft oder die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich als berufsfremde Vorgänge bezeichnet, die in der Gewinnermittlung außer Betracht bleiben müssen. Bei der Ausübung eines freien Berufs stehen die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch eine qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund. Das den freien Berufen zugrunde liegende eigene Berufsbild begrenzt und prägt auch den dazugehörigen Betrieb. Daraus folgt, dass "Geldgeschäfte", die ihrer Art nach zu Einkünften nach § 20 EStG führen, der persönlichkeitsbezogenen freiberuflichen Tätigkeit grundsätzlich wesensfremd und deshalb getrennt zu beurteilen sind.
Im Einzelfall kann sich allerdings ergeben, dass die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Hilfstätigkeit zur freiberuflichen Tätigkeit anzusehen ist. Eine Beteiligung gilt dann nicht als "wesensfremd". Unter diesem Gesichtspunkt hat der BFH die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in früheren Urteilen u.a. dann zum notwendigen Betriebsvermögen eines Freiberuflers gerechnet, wenn die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft die eigene berufliche Tätigkeit ergänzte (bspw. Beteiligung eines beratenden Ingenieurs für Baustatik an einer Fachberatungs-GmbH) oder wenn mit der Gesellschaft eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäftsbeziehung geschaffen werden sollte (bspw. Beteiligung eines Architekten an einer Bauträger-Gesellschaft). Danach ist eine Unterscheidung zu treffen zwischen einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, bei der die Gewinnung eines neuen Auftraggebers lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist, und einer Beteiligung, die der Steuerpflichtige ohne die Aussicht auf neue Aufträge nicht erworben hätte. Dementsprechend hat die Rechtsprechung in letzter Zeit darauf abgestellt, ob das "Geldgeschäft" ein eigenes wirtschaftliches Gewicht hat und deswegen aus der freiberuflichen Tätigkeit auszuscheiden ist. Hierbei kann ein eigener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Kapitalgesellschaft, der einen erheblichen Umfang einnimmt, gegen die Annahme von notwendigem Betriebsvermögen sprechen. Auch das Unterhalten von üblichen Geschäftsbeziehungen spricht als Indiz ebenfalls gegen notwendiges Betriebsvermögen.
Die tatsächlichen Feststellungen erlauben im Streitfall indes keine abschließende Entscheidung darüber, ob im Streitjahr die Beteiligungen an der F GmbH zum Betriebsvermögen der Klägerin und ihres Ehemannes gehörten. Insbesondere fehlen Ausführungen zum wirtschaftlichen Eigengewicht der Beteiligung und zur eigenen Geschäftstätigkeit der F GmbH. Die Sache wurde daher an das Finanzgericht zurückverwiesen. Sollte eine nicht behebbare Ungewissheit ("non liquet") verbleiben, so trifft das Finanzamt die Beweislast für das Vorliegen notwendigen Betriebsvermögens, eine Unaufklärbarkeit geht zu seinen Lasten.
Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2006, Az. 7 K 3623/04 E, EFG 2008, S. 602.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 12.01.2010, Az. VIII R 34/07, BStBl II 2010, S. 612.