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12.02.2015
Unternehmensteuer

BFH: Inkongruente Gewinnausschüttung kein Gestaltungsmissbrauch

Wird anlässlich einer unentgeltlichen Übertragung des Gesellschaftsanteils an einer GmbH der Gewinn ausschließlich an den ausscheidenden Gesellschafter ausgeschüttet, liegt kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn sich die Höhe der Ausschüttung an den in der Vergangenheit auf den ausscheidenden Gesellschafter entfallenden Gewinnen orientiert.

Sachverhalt

Die Klägerin war Komplementärin der H. KG und hielt in ihrem Sonderbetriebsvermögen 40% am Stammkapital einer GmbH. Ihre GmbH-Beteiligung übertrug sie am 26.09.2000 unentgeltlich an den Mitgesellschafter P mit Wirkung zum 02.01.2001. Zugleich wurde vereinbart, dass der in der Vergangenheit thesaurierte Gewinn der GmbH ausschließlich an die Klägerin ausgeschüttet wird. Die Betriebsprüfung behandelte die „inkongruente“ Gewinnausschüttung als eine verdeckte Kaufpreiszahlung und erfasste einen entsprechenden Veräußerungsgewinn der Klägerin als Sonderbetriebseinnahme. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der hiergegen erhobenen Klage statt, da die inkongruente Gewinnausschüttung gesellschaftsrechtlich zulässig und nicht gemäß § 42 AO rechtsmissbräuchlich sei.

Entscheidung

Zu Recht sei das FG zwar davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils erzielt habe und insoweit keine Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen waren. Im Ergebnis zutreffend habe das Finanzamt aber gleichwohl Sonderbetriebseinnahmen festgestellt, da in Höhe der Gewinnausschüttung eine Forderung in der Sonderbilanz der Klägerin zu aktivieren war.

Der BFH könne kein Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 AO erkennen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, die Gewinnausschüttung an die Klägerin teilweise als Entgelt für die Übertragung des GmbH-Anteils auf A anzusehen. Dem stehe, wie das FG zutreffend ausgeführt habe, bereits entgegen, dass der an die Klägerin ausgeschüttete Betrag in voller Höhe dem Anteil der Klägerin an den in der Vergangenheit thesaurierten Gewinnen bei der GmbH entsprach. Damit habe die Klägerin im Ergebnis exakt den Gewinnanteil erhalten, der ihrer Vermögensbeteiligung an der GmbH im Zeitpunkt des Ausscheidens entsprach.

Zudem gebe der Sachverhalt keine Veranlassung, von einem steuerlichen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 S. 1 AO auszugehen. Das Finanzamt stütze seine diesbezügliche andere Ansicht darauf, dass im Streitfall eine inkongruente Gewinnausschüttung vorliege, die nur dann anzuerkennen sei, wenn dafür wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe ursächlich gewesen wären (so wohl auch BMF-Schreiben vom 17.12.2013). Der BFH geht hingegen offenbar davon aus, dass eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene, inkongruente Gewinnausschüttung grundsätzlich steuerlich anzuerkennen sei (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 19.08.1999 und vom 28.06.2006, BFH-Beschlüsse vom 27.05.2010 und vom 04.05.2012). Da jedoch fraglich war, ob im Streitfall überhaupt von einer inkongruenten Gewinnausschüttung auszugehen war, war der BFH hier der Frage enthoben, ob tatsächlich das Vorliegen von wirtschaftlich vernünftigen außersteuerlichen Gründen zu prüfen gewesen wäre.

Denn zwischen den Beteiligten sei zu Recht nicht streitig, dass die Gewinnverteilungsabrede zivil- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäß vereinbart worden sei. Daher sei die Gewinnausschüttung an die Klägerin steuerlich anzuerkennen.

Darüber hinaus habe die vorliegende Gestaltung der Klägerin zu keinem steuerlichen Vorteil gereicht. Daher sei kein Missbrauch im Sinne von § 42 S. 1 AO erkennbar. Denn unabhängig davon, ob entsprechend der Vertragsgestaltung eine Gewinnausschüttung oder, wie das Finanzamt meint, auf Grund eines verdeckten Kaufvertrags eine Kaufpreiszahlung vorliege, wäre eine Sonderbetriebseinnahme bei der Klägerin zu erfassen gewesen. Die vom Finanzamt behauptete Veräußerung des GmbH-Anteils wäre überdies für die Klägerin steuerlich vorteilhafter, da in diesem Fall die Anschaffungskosten des GmbH-Anteils bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen wären.

Betroffene Norm

§ 42 AO
Streitjahr 2000

Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 12.04.2011, 1 K 3117/08 F, EFG 2012, S. 94, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 04.12.2014, IV R 28/11

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 17.12.2013, BStBl I 2014 S. 63
BFH, Urteil vom 19.08.1999, I R 77/96, BStBl II 2001, S. 43
BFH, Urteil vom 28.06.2006, I R 97/05, BFHE 214, S. 276
BFH, Beschluss vom 27.05.2010, VIII B 146/08, BFH/NV 2010, S. 1865
BFH, Beschluss vom 04.05.2012, VIII B 174/11, BFH/NV 2012, S. 1330
 

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