BFH: Kein Abzug ausländischer Quellensteuern (ausschließlich) bei der Gewerbesteuer
Einem Abzug ausländischer Quellensteuern auf Dividenden (ausschließlich) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags steht die Bezugnahme des Gewerbesteuergesetzes auf den nach körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb entgegen, wenn die zugrunde liegenden Einkünfte einer Steuerbefreiung für Zwecke der Körperschaftsteuer unterliegen.
BFH, Urteil vom 16.10.2024, I R 16/20
Sachverhalt

Die Klägerin, eine deutsche Holding-AG, war alleinige Gesellschafterin und Organträgerin einer weiteren AG (Organgesellschaft). Die Organgesellschaft bezog im Streitjahr 2007 Streubesitzdividenden (Beteiligung < 10%) aus dem In- und Ausland. Die ausländischen Dividenden unterlagen im Quellenstaat einem Steuerabzug.
Bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens der Organgesellschaft wurden die ausländischen Quellensteuern nach § 10 Nr. 2 KStG wieder hinzugerechnet.
Die Dividenden unterlagen körperschaftsteuerlich der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 und 5 KStG (im Ergebnis 95%ige Steuerbefreiung). Gewerbesteuerlich waren die Dividenden voll steuerpflichtig (da die von § 9 Nr. 2a, 7 bzw. 8 GewStG geforderte Mindestbeteiligungsgrenze von 15% nicht erreicht wurde).
Die Klägerin beantragte einen Abzug der ausländischen Quellensteuern (ausschließlich) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags, was das Finanzamt ablehnte.
Entscheidung
Der BFH hat die bereits von der Vorinstanz getroffene Entscheidung, dass ausländische Quellensteuern auf nach § 8b KStG steuerfreie Dividenden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht abgezogen werden können, bestätigt.
Maßgeblich für diese Entscheidung war, dass die Bezugnahme des § 7 Satz 1 GewStG auf den nach körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnden „Gewinn aus Gewerbebetrieb“, mangels entsprechender gewerbesteuerlicher Regelung, keinen Raum für einen spezifisch gewerbesteuerlichen Abzug ausländischer Quellensteuern lasse.
Unabhängig davon sei ein Abzug ausländischer Quellensteuern nach § 34c Abs. 2 EStG aber auch deshalb nicht möglich, weil es im Organkreis zu einer ertragsteuerlichen Freistellung der Dividende (§ 8b Abs. 1 KStG) kommt und somit die Voraussetzungen des § 34c Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind.
Betroffene Normen
§ 8b Abs. 1 und 5 KStG, §§ 8 Nr. 5 und 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG, § 34c Abs. 2 EStG, § 26 KStG, § 19 KStG, § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG
Streitjahr 2007
Anmerkungen
Besonders am Urteilssachverhalt war, dass die Dividendenerträge (aufgrund der Suspendierung des § 8b Abs. 1 KStG durch § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG – sog. Bruttomethode) in dem nach körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb der Organgesellschaft enthalten waren, sodass die Voraussetzungen des § 34c Abs. 2 EStG (ausländische Einkünfte nicht steuerfrei) auf Ebene der Organgesellschaft bei enger Auslegung erfüllt hätten sein können. Der BFH sprach sich jedoch zum Nachteil des Steuerpflichtigen für eine „organschaftsübergreifende“ Betrachtungsweise aus.
Die Urteilsgrundsätze (kein spezifisch gewerbesteuerlicher Abzug ausländischer Quellensteuern) sollten gleichermaßen für nicht organschaftlich angebundene Kapitalgesellschaften gelten.
Zu beachten ist, dass im Streitjahr 2007 § 8b Abs. 4 KStG (Steuerpflicht von Streubesitzdividenden mit Beteiligung ≤ 10%) noch nicht galt. Nach heutiger Rechtslage wären die streitgegenständlichen Dividenden sowohl körperschafts- als auch gewerbesteuerpflichtig, sodass ein gleichlaufender Abzug der ausländischen Quellensteuern (bzw. eine Anrechnung auf die Körperschaftssteuer) im Regelfall möglich sein sollte. Relevanz hat das Urteil jedoch weiterhin, bspw. in Fallkonstellationen mit Beteiligungsquoten zwischen 10%-15%.
Zu der Rechtsfrage, ob eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern (ausschließlich) auf die Gewerbesteuer möglich ist (so Hessisches FG, Urteil vom 26.08.2020 – 8 K 1860, EFG 2021, 779 [rechtskräftig wegen unzulässiger Revision]) hat der BFH keine weitere Aussage getroffen. Die Vorinstanz hatte die Anrechnung auf die Gewerbesteuer noch explizit ausgeschlossen.
Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18.03.2020, 6 K 20/18, siehe Deloitte Tax-News
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.10.2024, I R 16/20
Weitere Fundstellen
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 26.08.2020, 8 K 1860, EFG 2021, 779, siehe Deloitte Tax-News
