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27.05.2025
Unternehmensteuer

BFH: Kein gewerblicher Grundstückshandel trotz Vielzahl von Veräußerungen im sechsten Jahr

Erfolgen innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Grundstückserwerb weder Grundstücksveräußerungen noch diese vorbereitende Maßnahmen, kann trotz einer Vielzahl von Objektveräußerungen im sechsten Jahr aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls (hier: Tod eines Gesellschafter-Geschäftsführers) ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen sein (Abgrenzung von BFH-Urteil vom 15.06.2004, VIII R 7/02).

BFH, Beschluss vom 20.03.2025, III R 14/23

Sachverhalt

Die A-GmbH (Klägerin) war Eigentümerin von Grundstücken, die sie im Anlagevermögen hielt. Die A-GmbH hatte zunächst zwei Geschäftsführer (B und C), die auch Gesellschafter der Muttergesellschaft der A-GmbH (A-Holding-GmbH) waren. Die A-GmbH veräußerte im sechsten und achten Jahr nach deren Erwerb insgesamt 15 Objekte. C verstarb überraschend kurz vor den ersten Veräußerungen. Die A-GmbH übte abgesehen von der durchgängig betriebenen Vermietung und Verpachtung sowie den erfolgten Veräußerungen mehrerer Immobilien keine anderen Tätigkeiten aus.

Die A-GmbH machte die erweiterte Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG geltend. Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nicht erfüllt sind, weil die A-GmbH durch die Grundstücksveräußerungen die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten habe. Das FG gab jedoch der dagegen erhobenen Klage statt.

Entscheidung

Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die erweiterte Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zu gewähren ist. Die A-GmbH habe keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben.

Gewerblicher Grundstückshandel (Grundlagen)

Nach der typisierenden Drei-Objekt-Grenze kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren (zwischen der Anschaffung oder Errichtung und dem Verkauf) mindestens vier Objekte veräußert werden. Liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, unterliegen die Veräußerungsgewinne der Gewerbesteuer. Die Inanspruchnahme einer erweiterten Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 EStG ist im Fall eines gewerblichen Grundstückshandels ausgeschlossen.

Weitere Beweisanzeichen bei Grundstücksveräußerungen nach Fünf-Jahres-Zeitraum erforderlich

Der BFH bestätigt zunächst, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum keine starre Grenze ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.06.2004, VIII R 7/02). Allerdings müssen bei Grundstücksveräußerungen nach Ablauf von mehr als fünf Jahren und in besonderem Maße bei erstmaligen Veräußerungen danach (wie hier im Streitfall) weitere Beweisanzeichen hinzutreten, um von Anfang an einen gewerblichen Grundstückshandel annehmen zu können. Nach dem BFH-Urteil vom 15.06.2004 (VIII R 7/02) können eine hohe Zahl von Veräußerungen außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums oder eine hauptberufliche Tätigkeit im Baubereich eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Anschaffung und Errichtung indizieren.

Anwendung auf den Streitfall

Im Streitfall wurde die Drei-Objekt-Grenze innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums nicht überschritten, da die A-GmbH während der ersten fünf Jahre nach dem jeweiligen Erwerb kein einziges Objekt veräußert hat. Zwar habe die A-GmbH im sechsten Jahr nach Erwerb 13 Objekte und im achten Jahr noch zwei weitere veräußert, allerdings habe es im vorliegenden Streitfall (entgegen dem vom BFH bereits entschiedenen Fall (VIII R 7/02)) vor Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums keine Indizien (vorbereitende Maßnahmen) dafür gegeben, dass die Immobilien bei sich bietender Gelegenheit veräußert werden sollten.

Im Streitfall sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch das überraschende Versterben des C im Alter von 55 Jahren als besonderen Umstand zu berücksichtigen und diesen gegenüber der hohen Zahl von Veräußerungen nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums abzuwägen. Nach den Feststellungen des FG sei die Veräußerung der Vielzahl von Objekten nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums lediglich auf den nicht vorhersehbaren Todesfall zurückzuführen. Vor dem Hintergrund des unerwarteten Todesfalls vermöge allein die (hohe) Anzahl von veräußerten Objekten die Annahme einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht nicht zu rechtfertigen, nachdem bei der Veräußerung mehr als fünf Jahre seit Erwerb verstrichen waren.

Betroffene Normen

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG

Streitjahre: 2011 und 2013

Anmerkung

Hintergrund: Erweiterte Grundstückskürzung

Aufgrund der sog. erweiterten Kürzung unterliegen Erträge von Grundstücksunternehmen, soweit sie aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes resultieren, nicht der Gewerbesteuer (vgl. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG). Diese Regelung bezweckt die Gleichstellung von Unternehmen, die nur eine private Vermögensverwaltung betreiben (unabhängig von ihrer Rechtsform). So können auch Unternehmen, die kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, aber tatsächlich nur Grundstücksverwaltung betreiben, im Rahmen der erweiterten Kürzung von der Gewerbesteuer wieder befreit werden.

Die „Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes“ sind von gewerblicher Tätigkeit abzugrenzen. Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit (wie z.B. beim gewerblichen Grundstückshandel) überschreitet (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.2000, VIII R 68/98).

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 26.04.2023, 13 K 3367/20 G, siehe Deloitte Tax-News

Fundstellen

BFH, Beschluss vom 20.03.2025, III R 14/23 

BFH, Pressemitteilung vom 22.05.2025, Nr. 31/25

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 15.06.2004, VIII R 7/02, BStBl. II 2004, S. 914

BFH, Urteil vom 18.04.2000, VIII R 68/98, BStBl. II 2001, S. 359

Ihr Ansprechpartner

Denise Käshammer
Senior Manager

dkaeshammer@deloitte.de
Tel.: +4989290368711

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