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07.05.2024
Unternehmensteuer

BFH: Keine Gewerbesteuer auf neu gebildetes Betriebsvermögen nach Formwechsel

Wird Betriebsvermögen erst im Zuge der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft oder danach gebildet, unterfallen die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des neu gebildeten Betriebsvermögens nicht der Gewerbesteuer nach § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG.

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Vorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG in seiner aktuellen Fassung im Fall des Formwechsels einer GmbH in eine GmbH % Co. KG auf sog. neu gebildetes Betriebsvermögen anzuwenden ist.

Gesetzliche Grundlagen

Wird der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer, auch soweit er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person vorhanden war (§ 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG). § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG gilt entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird (§ 18 Abs. 2 S. 2 UmwStG).

Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG), die aus der formwechselnden Umwandlung der A-GmbH hervorgegangen ist. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH war B. B überließ der A-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein bebautes Grundstück. Im Jahr 2010 fand ein Formwechsel der A-GmbH in eine GmbH & Co. KG statt. B wurde alleiniger Kommanditist der KG. B hielt auch 100% der Anteile der Komplementär-GmbH (B-GmbH). Das Grundstück des B wurde seitdem als Sonderbetriebsvermögen der KG behandelt. Im Folgejahr veräußerte B seinen Kommanditanteil an der KG, seine Anteile an der B-GmbH und auch das bebaute Grundstück.

Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass der aus der Grundstücksveräußerung erzielte Gewinn ebenfalls gemäß § 18 Abs. 3 UmwStG der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist. Die Vorschrift gelte auch für stille Reserven im Sonderbetriebsvermögen, das im Zuge des Formwechsels entstanden sei. Hingegen gab das FG der Klage statt. Nach dem FG sei der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung nicht nach § 18 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 UmwStG gewerbesteuerpflichtig, da die KG keine „übernehmende Personengesellschaft“ im Sinne dieser Norm gewesen sei.

Entscheidung

In Übereinstimmung mit dem FG vertritt der BFH die Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundbesitzes nicht unter § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG fällt.

(Grundsätzliche) Anwendung der Vorschrift auf den identitätswahrenden Formwechsel

Der BFH stellt heraus, dass § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG auch im Fall des identitätswahrenden Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gilt. Entgegen der Auffassung des FG fehlt es nach dem BFH auch nicht an einer „übernehmenden Personengesellschaft“ im Sinne des § 18 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 UmwStG. Unter Berufung auf seine Rechtsprechung zu § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. hebt der BFH hervor, dass auch die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft im Gegensatz zum Zivilrecht- mit einem Vermögensübergang verbunden ist und eine Umwandlung im Sinne der Norm darstellt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.04.2016, IV R 6/13). So sei der Tatbestand des § 18 Abs. 3 S. 2 i.V.m. S. 1 UmwStG erfüllt, soweit B seinen Kommanditanteil veräußert hat.

Aber keine Anwendung auf neu gebildetes Betriebsvermögen

Allerdings werde der auf den zum Sonderbetriebsvermögen I gehörenden Grundbesitz entfallenden Veräußerungsgewinn nicht vom Tatbestand des § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG erfasst. Der streitgegenständliche Grundbesitz stelle im Personenunternehmen „neu gebildetes Betriebsvermögen“ in Gestalt von Sonderbetriebsvermögen dar. Dabei handele es sich um Betriebsvermögen, das erst im Zuge der Umwandlung oder nach erfolgter Umwandlung von dem Personenunternehmen gebildet wurde (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.11.2006, VIII R 47/05). Nach Ansicht des BFH erfasst § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG nicht stille Reserven in Wirtschaftsgütern in „neu gebildetem Betriebsvermögen“ des Personenunternehmens. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Zwar schließt der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs der Mitunternehmerschaft im Sinne des § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG nach dem offenen Wortlaut der Norm auch den Gewinn, der auf stille Reserven in „neu gebildetem Betriebsvermögen“ der Mitunternehmerschaft entfällt bzw. auch den Gewinn aus der Veräußerung des Grundbesitzes, der Sonderbetriebsvermögen I des Mitunternehmers bei der übernehmenden Personengesellschaft mit ein. Der Tatbestand sei allerdings teleologisch zu reduzieren. Nach dem BFH soll § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG verhindern, dass die Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb erst nach vollzogener Umwandlung von der Personengesellschaft veräußert oder aufgegeben und der hierbei erzielte Gewinn der Gewerbesteuer entzogen wird. Ein derartiges Unterlaufen der Gewerbesteuerpflicht sei im Fall von „neu gebildetem Betriebsvermögen“ jedoch nicht zu besorgen. Denn dieses Betriebsvermögen war nie Teil des übergegangenen Vermögens der Kapitalgesellschaft, so der BFH (vgl. auch BFH-Urteil vom 16.11.2005, X R 6/04). Die Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs einer Personengesellschaft oder eines Mitunternehmeranteils unterliege dem Grunde nach nicht der Gewerbesteuer. Dementsprechend könne es hinsichtlich "neu gebildeten Betriebsvermögens" durch die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft auch nicht zu einer Statusverbesserung kommen. Ein irgendwie gearteter Missbrauch sei nicht erkennbar.

Eine derartige einschränkende Auslegung der Sonderregelung des § 18 Abs. 3 UmwStG werde zudem der allgemeinen Zwecksetzung des Umwandlungssteuergesetzes gerecht. Danach sollen betriebswirtschaftlich erwünschten und sinnvollen Unternehmensumstrukturierungen keine steuerlichen Hemmnisse "in den Weg gelegt" werden. Dies betreffe auch Fälle wie den vorliegenden, in denen der Zweck der Missbrauchsvermeidung eine Anwendung des § 18 Abs. 3 UmwStG nicht erfordere.

Gesetzesänderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 steht dem nicht entgegen

Auch die Gesetzesänderung der Vorschrift im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 (siehe hierzu auch unsere Ausführungen unter „Anmerkung“) stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Denn die hier streitgegenständliche Fallkonstellation werde von § 18 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 UmwStG gerade nicht erfasst. Bei dem veräußerten Grundbesitz handele es sich nicht um Betriebsvermögen, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft vorhanden war.
 

Betroffene Norm

 § 18 Abs. 3 UmwStG

Streitjahr: 2011

Vorinstanz

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.08.2021, 2 K 194/17

Fundstelle

 BFH, Urteil vom 14.03.2024, IV R 20/21

Anmerkung

Hintergrund zu § 18 UmwStG 

§ 18 UmwStG betrifft den Vermögensübergang von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person und bestimmt in Ergänzung zu den §§ 3-9 und 16 UmwStG die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Gewerbesteuer. Die Vorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG stellt eine Missbrauchsvermeidungsvorschrift dar, die verhindern soll, dass ein grundsätzlich auf Ebene der Körperschaft gewerbesteuerpflichtiger Veräußerungs- oder Liquidationsgewinn durch vorherige Umwandlung in eine Personengesellschaft der Besteuerung entzogen wird.


Mit dem Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (BGBl. I 2007, S. 3150) wurde § 18 Abs. 3 S.1 UmwStG dahingehend geändert, dass der gesamte Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn, also auch der Gewinn, der auf vor der Umwandlung vorhandenes Vermögen des übernehmenden Rechtsträgers entfällt, der Gewerbesteuer unterliegt, wenn die Auflösung oder Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung erfolgt. Die Vorschrift ist erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit der Umwandlung maßgebende öffentliche Register nach dem 31.12.2008 erfolgt.

Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 16.12.2009 (IV R 22/08)

In der aktuellen Entscheidung hebt der BFH hervor, dass er an der im BFH-Urteil vom 16.12.2009 (IV R 22/08) aufgeführten Auffassung, dass der nach § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. anzusetzende Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn auch die stillen Reserven des von der Personengesellschaft im Anschluss an die Umwandlung neu gebildeten Vermögens umfasse (dort unter II. 3b bb bbb), nicht mehr festhalte.
 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.04.2016, IV R 6/13, BStBl. II 2016, S. 725, siehe Deloitte Tax News

BFH, Urteil vom 20.11.2006, VIII R 47/05, BStBl. II 2008, S. 69

BFH, Urteil vom 16.11.2005, X R 6/04, BStBl. II 2008, S. 62

BFH, Urteil vom 16.12.2009, IV R 22/08, BStBl. II 2010, S. 736, siehe Deloitte Tax News

Ihr Ansprechpartner

Denise Käshammer

dkaeshammer@deloitte.de
Tel.: 089290368711

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dkaeshammer@deloitte.de
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