BFH: Keine korrespondierende Bilanzierung eines Gesellschafterdarlehens bei Übertragung des Mitunternehmeranteils
Die korrespondierende Bilanzierung eines Gesellschafterdarlehens entfällt mit Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Diese endet auch dann, wenn bei Veräußerung des Mitunternehmeranteils der Erwerber auch die Gesellschafter-Darlehensforderung erwirbt.
Sachverhalt
Kommanditisten der A-KG waren B und C (Altgesellschafter). Sie übertrugen ihre Kommanditanteile in 2002 an die F GmbH, die auch die Gesellschafterdarlehenskonten der Altgesellschafter erwarb. Die Gesellschafterforderung wurde wegen der sich verschlechternden Ertragslage der A KG nicht beglichen. Streitig war, ob an der korrespondierenden Bilanzierung der Darlehensforderung in den Sonderbilanzen der Personengesellschafter und in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft auch nach dem Gesellschafterwechsel festzuhalten ist. Finanzamt und FG waren der Ansicht, der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung und das daraus resultierende Verbot der Abschreibung einer Gesellschafterforderung auf einen niedrigeren Teilwert gelte auch nach Übertragung der Mitunternehmeranteile weiter.
Entscheidung
Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Gesellschafterdarlehen bei Abtretung an den Neugesellschafter im Zusammenhang mit der Veräußerung des Mitunternehmeranteils unter Fortführung der für den Altgesellschafter geltenden Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung für eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft als Übertragung von funktionalem Eigenkapital zum Nominalwert zu beurteilen sei.
Nach Auffassung des BFH werde vielmehr in Höhe der in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesenen Darlehensverbindlichkeit kein funktionales Eigenkapital des Altgesellschafters auf den Neugesellschafter übertragen.
Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Darlehensforderung gehörten zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, das in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt werde. Bei Wertlosigkeit eines solchen Ersatzanspruches werde der Verlust im Sonderbetriebsvermögen – ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen – erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert. Eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft komme regelmäßig wegen der Behandlung als Eigenkapital nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2003).
Die in der Sonderbilanz ausgewiesenen Bilanzpositionen werden mit dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Mitunternehmerschaft durch die Erstellung einer Sonderschlussbilanz lediglich bei der Ermittlung des Veräußerungs- und Aufgabegewinns berücksichtigt. Da eine Sonderbilanz für den ausgeschiedenen Gesellschafter nicht mehr zu erstellen sei, entfalle zugleich das Erfordernis der korrespondierenden Bilanzierung. Für den Erwerber des Gesellschaftsanteils sei eine „eigene“ Sonderbilanz aufzustellen, in der die Darlehensforderung mit den Anschaffungskosten des Neugesellschafters zu bilanzieren sei.
Der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung sei folglich streng gesellschafterbezogen anzuwenden. Die Darlehensverbindlichkeit sei im Zeitpunkt der Übertragung des Gesellschaftsanteils als Fremdkapital zu behandeln und eine Umqualifizierung in funktionales Eigenkapital erfolge erst wieder durch die Erfassung der Darlehensforderung in der Sonderbilanz des Neugesellschafters.
Auf die Gesamthandsbilanz der Gesellschaft haben die Veräußerung der Darlehensforderung und der damit einhergehende Veräußerungsverlust im Sonderbetriebsvermögen des veräußernden Gesellschafters keine Auswirkung. Die Darlehensverbindlichkeit sei weiterhin in unveränderter Höhe auszuweisen. Dies habe zur Folge, dass spätere Zahlungen der Gesellschaft auf die Darlehensforderung bei dem Neugesellschafter zu einer Gewinnrealisierung im Sonderbetriebsvermögen führen, soweit sie die in der Sonderbilanz des Neugesellschafters ausgewiesenen Anschaffungskosten übersteigen.
Nur durch diese bilanzielle Behandlung werde sichergestellt, dass dem Altgesellschafter der Verlust aus der Wertlosigkeit der Darlehensforderung gleich dem Verlust einer in das Gesamthandsvermögen geleisteten Einlage im Zeitpunkt der Beendigung seines (mit-)unternehmerischen Engagements und dem Erwerber der Darlehensforderung, dem Neugesellschafter, eine funktionale Einlage im Rahmen der additiven Gesamtbilanz nur in Höhe des tatsächlich geleisteten Aufwands steuerlich zugerechnet werden.
Betroffene Norm
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Streitjahre: 2002 und 2003
Vorinstanz
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 15.01.2013, 8 K 762/08
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.03.2017, IV R 1/15, BStBl II 2017 Seite 943
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 05.06.2003, IV R 36/02
