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06.09.2013
Unternehmensteuer

BFH: Keine rückwirkende Verzinsung bei rückwirkendem Wegfall eines Investitionsabzugsbetrags

Bei Wegfall der Investitionsabsicht vor Ablauf der Investitionsfrist ist die Gewinnminderung durch den Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen. Dies stellt ein rückwirkendes Ereignis dar. Folglich war die nachzuzahlende Einkommensteuer bis 2012 nicht rückwirkend zu verzinsen (§ 233a Abs. 2a AO). Ab 2013 ist die rückwirkende Verzinsung bei rückwirkendem Wegfall des Investitionsabzugsbetrags ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die für das Wirtschaftsjahr 2007 Investitionsabzugsbeträge gemäß § 7g Abs. 1 EStG geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Investitionsabzugsbeträge antragsgemäß. Mit Einreichung der Bilanz für 2009 löste die Klägerin die Investitionsabzugsbeträge wieder auf mit der Folge, dass der Gewinn für 2007 entsprechend erhöht wurde Die Klägerin war der Ansicht, dass die Gewinnerhöhung auf einem rückwirkenden Ereignis beruhe und folglich keine Zinsen auf die Steuernachzahlung rückwirkend erhoben werden. Diese Ansicht teilte das FG.

Entscheidung

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Änderung des Gewinns 2007 auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO beruht.

Ein Investitionsabzugsbetrag kann unter bestimmten Voraussetzungen gewinnmindernd in Anspruch genommen werden (§ 7g Abs. 1 EStG). Vorausgesetzt wird insbesondere die Absicht, ein begünstigtes Wirtschaftsgut in den folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG). Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ist der Abzugsbetrag bis zur Höhe von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG). Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des Investitionszeitraums hinzugerechnet wurde, ist der Abzug rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG).

Eine gesetzliche Regelung zur Frage, ob und von welchem Zeitpunkt an die sich im Fall der Änderung nach § 7g Abs. 3 EStG aufgrund des geänderten Bescheids ergebende Steuernachzahlung zu verzinsen ist, existierte für das Streitjahr nicht. Grds. beginnt der für Steuernachzahlungen maßgebliche Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres der Entstehung der Steuer (§ 233a Abs. 2 S. 1 AO). Beruht die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses, beginnt der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist (§ 233a Abs. 2a AO). § 7g Abs. 3 S. 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG, der ausdrücklich die Anwendung des § 233a Abs. 2a AO ausschließt, ist erst im Jahr 2013 in Kraft getreten. Im Streitjahr war nur dann eine Anwendung des § 233a Abs. 2a AO ausgeschlossen, wenn nach der Investition die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 S. 1 EStG nicht eingehalten werden und dadurch eine rückwirkende Änderung vorzunehmen ist (§ 7g Abs. 4 S. 4 EStG). Es kann dahinstehen, ob eine entsprechende Regelung bewusst nicht in § 7g Abs. 3 EStG aufgenommen worden ist. Hätte der Gesetzgeber bewusst auf eine solche Regelung in anderen Fällen der nachträglichen Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags verzichtet, gäbe es keinen Anlass, § 233a Abs. 2a AO nicht anzuwenden, sofern seine Voraussetzungen erfüllt sind.

Eine analoge Anwendung des § 7g Abs. 4 S. 4 EStG kommt mangels planwidriger Regelungslücke auch nicht in Frage. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Übernahme der Regelung des § 7g Abs. 4 S. 4 EStG in § 7g Abs. 3 EStG versehentlich unterblieben ist. Vielmehr spricht die Schaffung einer umfassenden Neuregelung dafür, dass die nur an einer Stelle ausdrücklich geregelte Suspendierung des § 233a Abs. 2a AO auch auf diesen Fall begrenzt bleiben sollte. Die Parallelität der Korrekturvorschriften in § 7g Abs. 3 und Abs. 4 EStG war dem Gesetzgeber bewusst, wie der Begründung des Entwurfs des UntStRefG 2008 entnommen werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Grund für die Änderung des Bescheids nach § 7g Abs. 3 EStG im Unterschied zu § 7g Abs. 4 EStG nicht als rückwirkendes Ereignis beurteilt haben könnte.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 233a Abs. 2a AO erfüllt. Der Wegfall der Investitionsabsicht vor Ablauf der Investitionsfrist lässt die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag entfallen. Dies hat zur Folge, dass der Abzug im Jahr der Gewinnminderung rückgängig zu machen ist. Eine Gewinnerhöhung im Jahr des Wegfalls der Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag sieht § 7g EStG nicht vor. Der Wegfall der Investitionsabsicht hat damit materielle Rückwirkung auf das Jahr der Gewinnminderung.

Betroffene Norm
§ 7g Abs. 1 EStG
Streitjahr 2007

Vorinstanz  
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 05.05.2011, 1 K 266/10, EFG 2011, S. 1563

Fundstelle  
BFH, Urteil vom 11.07.2013, IV R 9/12

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