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22.03.2013
Unternehmensteuer

BFH: Steuerfreies Übernahmeergebnis bei Abwärts- und Seitwärtsabspaltungen

Ein Übernahmeergebnis auf den steuerlichen Übertragungsstichtag ist nicht nur im Fall der sog. Aufwärtsabspaltung, sondern auch in den Fällen der sog. Abwärts- oder Seitwärtsabspaltung zu ermitteln, in welchen die übernehmende Körperschaft zuvor nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt war. Dementsprechend sind Kosten des Vermögensübergangs auch in jenen Fällen nicht als Betriebsausgaben abziehbar (Bestätigung BMF-Schreiben vom 11.11.2011).

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, auf welche eine andere GmbH, die MW-GmbH, im Wege der Abspaltung zur Aufnahme einen Teilbetrieb übertragen hatte. Als Ausgleich für die Übertragung des Teilbetriebs hat die Klägerin dem hälftig an der MW-GmbH beteiligten Gesellschafter einen Geschäftsanteil zum Nennwert gewährt. Die Klägerin führte die auf sie übergegangenen Teile des Vermögens der MW-GmbH mit den Buchwerten fort.

Das Finanzamt beurteile den Vorgang nach Maßgabe des § 15 UmwStG 2006 als Abspaltung. Es verminderte das auf den Teilbetrieb entfallende Eigenkapital um den Nennwert des für die Übertragung gewährten Geschäftsanteils. Der so errechnete Übernahmegewinn wurde nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 als steuerfrei behandelt; diese außerbilanzielle Korrektur erfolgte jedoch nicht in voller Höhe, sondern vermindert um die auf den Teilbetrieb entfallenden spaltungsbedingten Kosten. Diese sind nach Auffassung des Finanzamts als laufende Betriebsausgaben wirtschaftlich durch den Übernahmevorgang veranlasst und deswegen nach § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 nicht abzugsfähig.

Die Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide war erfolgreich.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Das FG hat zu Unrecht angenommen, die bei der Klägerin angefallenen Transaktionskosten seien im Streitjahr als Betriebsausgaben abziehbar, weil auf die Einbringung des Teilbetriebs gegen Gewährung von Kapitalanteilen an der Klägerin allgemeine Einlagegrundsätze Anwendung fänden. Vielmehr schließt § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 und der danach zu berechnende Übernahmegewinn den Betriebsausgabenabzug aus. 

Im Falle einer Verschmelzung hat die übernehmende Körperschaft die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert i.S.v. § 11 UmwStG 2006 zu übernehmen (§ 12 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2006). Dabei bleibt ein Gewinn oder Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Übernahmewert der übergegangenen Wirtschaftsgüter abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang außer Betracht (§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006. Diese Vorschriften sind auch auf die Fälle, dass Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften übergeht, anzuwenden (§ 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2006)

Im Schrifttum wird ausnahmslos die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 nicht erfüllt sind, wenn mangels Beteiligung der Übernehmerin an der Übertragenden kein Buchwert der wegfallenden Anteile vorhanden sei. Folglich griffen für die im Zuge der Abspaltung eingebrachten Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs die allgemeinen Einlagegrundsätze (§ 4 Abs. 1 S. 1 und 7 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002), was wiederum den unbeschränkten Abzug umwandlungsbedingter Kosten als laufende Betriebsausgaben ermögliche.

Der BFH folgt dieser Ansicht nicht und spricht sich gegen das Erfordernis eines tatsächlichen Beteiligungsbesitzes aus (entspricht der einschlägigen Verwaltungspraxis im BMF-Schreiben vom 11.11.2011, Tz. 12.05 f.).
§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 beschreibt die Voraussetzungen für das steuerliche "Außerachtlassen" lediglich abstrakt, ohne Bezug zu einem konkreten Beteiligungsverhältnis. Zwar könnte die Verwendung des bestimmten Artikels bezogen auf den Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft ("dem") vermuten lassen, ein solcher Buchwert müsse einen tatsächlichen Ansatzwert repräsentieren und die Regelung sei deswegen nur auf eine sog. Aufwärtsverschmelzung bzw. -abspaltung anwendbar. Gleichermaßen lässt sich die Regelungsformulierung als Beschreibung eines bloßen Rechenvorgangs verstehen, für den der Buchwert bei konkret tatsächlich fehlender Beteiligung eben mit Null zu quantifizieren ist.

Schließlich bleibt in rechtssystematischer Hinsicht zu beachten, dass das Umwandlungssteuergesetz für die einbezogenen Umwandlungsvorgänge einen eigenständigen und sondergesetzlichen Rechtskreis bestimmt, der den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften abschließend vorgeht. Würde eine nicht beteiligungsangebundene – aber dem UmwStG unterfallende – Abspaltung zur Aufnahme nicht unter § 12 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2006 fallen, gelangt man infolgedessen zwangsläufig zu der allgemeinen Ansatzregelung des § 12 Abs. 1 UmwStG 2006 mit der Konsequenz der entsprechenden Steuerpflicht des hiernach zu berechnenden Abspaltungsgewinns. Einlageregeln blieben hingegen wegen der vorrangig zu beachtenden umwandlungssteuerrechtlichen Regeln unanwendbar (vgl. BFH-Urteil vom 12.10.2011).

Betroffene Norm
§ 12 Abs. 2 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz 
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid vom 16.02.2012, 8 K 8236/09

Fundstelle
BFH, Urteil vom 09.01.2013, I R 24/12, BStBl II 2018 Seite 509

Weitere Fundstellen  
BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, S. 1314
BFH, Urteil vom 12.10.2011, I R 33/10, BStBl II 2012, S. 445, siehe Deloitte Tax-News

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