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18.02.2016
Unternehmensteuer

BFH: Steuerneutrale Realteilung trotz Zwischenschaltung einer neugegründeten Personengesellschaft

Die vorherige Einbringung der Anteile an einer Mitunternehmerschaft in andere Personengesellschaften steht einer steuerneutralen Realteilung der Mitunternehmerschaft nicht entgegen. Voraussetzung ist, dass an den anderen Personengesellschaften vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren.

Sachverhalt

Die Kläger sind die ehemaligen Gesellschafter der W-KG. Im Streitjahr 2002 vereinbarten die Kläger, das in der W-KG gehaltene Vermögen unter sich aufzuteilen. Zu diesem Zwecke wurden vor Liquidation der W-KG zwei neue KGs gegründet. Mit Wirkung zum 31.12.2002, 12:00 Uhr, brachten beide Kläger dann – gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – ihre Kommanditbeteiligungen an der W-KG jeweils in eine der neugegründeten KGs ein. Im Anschluss wurden mit dinglicher Wirkung zum 31.12.2002, 13:00 Uhr, sämtliche Wirtschaftsgüter der W-KG auf die beiden neugegründeten KGs im Wege der Realteilung zu Buchwerten übertragen. Das Finanzamt nahm einen schädlichen Gesamtplan und damit eine steuerpflichtige Betriebsaufgabe an, weil eine Übertragung in das Gesamthandsvermögen von zuvor nicht beteiligten Gesellschaften vorliege. Unerheblich sei, dass die neugegründeten KGs am 31.12.2002 zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr für eine Stunde Kommanditisten der W-KG gewesen seien. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Zu Unrecht seien Finanzamt und FG davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG für eine Buchwertfortführung im Streitfall nicht vorlägen.

Der Tatbestand der Realteilung nach § 16 Abs. 3 S. 2 EStG sei seinem Wortlaut nach erfüllt. Nach der tatsächlichen zivilrechtlichen Gestaltung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt der Realteilung an der W-KG nicht mehr die Kläger, sondern die neugegründeten KGs als Mitunternehmer beteiligt gewesen. Weiter seien die einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens der W-KG in die Gesamthandsvermögen dieser neugegründeten Gesellschaften – und damit in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer – übertragen worden. Die Besteuerung der in den übertragenen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven war unstreitig sichergestellt.

Darüber hinaus widerspricht der BFH der Auffassung des FG, dass die im Urteilsfall getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen steuerrechtlich mit der Folge nicht zu berücksichtigen seien, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Realteilung nicht diese Gesellschaften, sondern weiterhin die Kläger Mitunternehmer der W-KG gewesen seien. Das schädliche Rechtsinstitut eines "Gesamtplans" gebe es nach Auffassung des BFH nicht. Auch eine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO liege nicht vor, da die Absicht der Kläger, getrennte Wege gehen zu wollen, ein beachtlicher außersteuerlicher Grund sei. Eine teleologische Reduktion des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG dahin, dass er den Streitfall nicht erfasst, obwohl der Tatbestand der Norm dem Wortlaut nach gegeben ist, sei ebenfalls nicht geboten.

Des Weiteren sei unschädlich, dass im Zuge der Realteilung stille Reserven von einem Realteiler auf den anderen Realteiler verlagert würden. Entscheidend sei lediglich, dass die stillen Reserven auch nach der Übertragung (allein) den Realteilern zuzurechnen seien. Insoweit setze § 16 Abs. 3 S. 2 EStG zwar eine personenidentische, nicht aber zusätzlich die beteiligungsidentische Beteiligung der Realteiler an den stillen Reserven vor und nach der Realteilung voraus.

Betroffene Norm
§ 16 Abs. 3 S. 2 EStG
Streitjahr 2002

Anmerkung
In seiner Entscheidung hat der BFH offen gelassen, ob eine Buchwertfortführung nach § 16 Abs. 3 S. 2 EStG, gegen den Wortlaut, auch dann möglich sei, wenn Einzelwirtschaftsgüter im Wege der Realteilung aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen einer an dieser nicht beteiligten anderen Personengesellschaft übertragen werden, an der die Realteiler beteiligt sind.

Ebenso wenig musste sich der BFH somit mit der derzeit dem BVerfG vorliegenden Frage auseinandersetzen, ob die fehlende Möglichkeit einer Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig sei (siehe Deloitte Tax-News).

Vorinstanz
FG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2012, 3 K 1348/10 F, EFG 2012, S. 1256

Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.12.2015, I V R 8/12, BStBl II 2017 Seite 766

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