BFH: Übertragung eines Wirtschaftsguts gegen Teilentgelt
Die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft führt nicht zur Realisierung eines Gewinns, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt.
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, an der K (Kläger) als Kommanditist im Streitjahr 2001 zu 70 % am Vermögen beteiligt war. Im Juni 2001 übertrug der Kläger zwei bis dahin zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende bebaute Grundstücke auf die Klägerin. Auf einem der Grundstücke lastete eine Verbindlichkeit, die die Klägerin übernahm. Betragsmäßig lag die übernommene Verbindlichkeit unterhalb des Buchwerts des Grundstücks. Die Klägerin bilanzierte die Grundstücke anschließend mit ihrem Buchwert. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Übertragung des mit der Verbindlichkeit belasteten Grundstücks anteilig zur Aufdeckung stiller Reserven geführt habe. Das Finanzamt erhöhte die Sonderbetriebseinnahmen des Klägers entsprechend. Zugleich ergaben sich für die Klägerin höhere Abschreibungen sowie eine erhöhte Gewerbesteuer-Rückstellung.
Einspruch und Klage gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Die Revision ist begründet. Die Übertragung des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers in das Gesamthandsvermögen der Klägerin hat ungeachtet der Übernahme einer den Buchwert nicht überschreitenden Verbindlichkeit nicht zu einem Gewinn im Sonderbetriebsvermögen des Klägers geführt.
Übernimmt die Personengesellschaft im Zusammenhang mit der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen eine Verbindlichkeit des Gesellschafters, ist darin ein Entgelt zu sehen. Im Streitfall ist das Grundstück danach in Höhe der übernommenen Verbindlichkeit entgeltlich übertragen worden. Ein Gewinn im Sonderbetriebsvermögen des Klägers ergibt sich daraus aber nicht, weil der Buchwert höher als dieses Entgelt war. Soweit das Entgelt hinter dem Verkehrswert des Grundstücks zurückbleibt, ist die Übertragung unentgeltlich durchgeführt worden und hat ebenfalls nicht zu einer Gewinnrealisierung geführt.
Verlässt ein Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen aus betriebsfremden Gründen ohne angemessene Gegenleistung, ist der Vorgang als Entnahme zu beurteilen. Im Streitfall liegt danach schon dem Grunde nach eine Entnahme nicht vor. Das übertragene Wirtschaftsgut hat das Betriebsvermögen nicht verlassen, zu dem es vor der Übertragung gehörte, denn das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft umfasst nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis neben dem Gesamthandsvermögen auch das Sonderbetriebsvermögen in der Hand ihrer Gesellschafter (z.B. BFH-Urteile vom 30.03.1993 und 17.12.2008). Wechselt ein Wirtschaftsgut durch eine Transaktion von einem Teil des Betriebsvermögens der Personengesellschaft in einen anderen Teil desselben Betriebsvermögens, kann der Vorgang nicht als eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) angesehen werden. Denn eine Entnahme setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut den Bereich des Betriebs verlässt. Wird der betriebliche Funktionszusammenhang nicht gelöst, fehlt es an einer Entnahme (BFH-Urteil vom 17.07.2008). Anders als bei einem von einer einzelnen Person unterhaltenen Betrieb ist deshalb bei einer Personengesellschaft ein zivilrechtlicher Rechtsträgerwechsel ohne gleichzeitige Entnahme denkbar. Findet der Vorgang ganz oder teilweise unentgeltlich statt, fehlt es insoweit an einem Besteuerungstatbestand.
Dem steht nicht entgegen, dass der Katalog des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG auch derartige Übertragungen enthält. Der Senat versteht die Norm als eine Bewertungsvorschrift für die dort genannten Wirtschaftsguttransfers, die im Fall der Unentgeltlichkeit für die dadurch ggf. verwirklichte Entnahme eine Bewertung mit dem Buchwert anordnet (BFH-Urteil vom 21.06.2012). Diese spezialgesetzliche Regelung geht § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG vor, wonach eine Entnahme mit dem Teilwert zu bewerten ist. Es bedürfte danach zwar grundsätzlich keiner Regelung für unentgeltliche Übertragungen, die nicht zum Wechsel des Betriebsvermögens führen. In Bezug auf solche Übertragungen bringt die Vorschrift insoweit lediglich deklaratorisch zum Ausdruck, dass der Buchwert auch nach der Transaktion fortzuführen ist.
Das FG ist bei seiner Entscheidung der Auffassung der Finanzverwaltung zur sog. Trennungstheorie (BMF-Schreiben vom 08.12.2011), wonach bei einer teilentgeltlichen Übertragung immer ein dem Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert entsprechender Anteil der stillen Reserven realisiert wird, gefolgt. Zu Fällen, in denen - wie hier - nach den vorstehenden Grundsätzen in Bezug auf die Differenz zwischen Entgelt und Verkehrswert keine Entnahme vorliegt, nimmt das BMF-Schreiben allerdings keine Stellung. Auch das FG hat sich mit dieser entscheidungserheblichen Frage nicht beschäftigt. Der erkennende Senat hat umgekehrt keine Veranlassung, auf die von den Beteiligten erörterte, hier aber nicht entscheidungserhebliche Frage einzugehen, welche Rechtsfolge bei einer Entnahme in Höhe des Differenzbetrags eintritt.
Anmerkung
Mit Urteil vom 18.09.2013, X R 42/10, siehe Deloitte Tax-News, hat der BFH entschieden, dass es bei einer Betriebseinbringung im Falle eines sog. Mischentgelts aus Gesellschaftsrechten und einer Darlehensforderung nicht zu einer Gewinnrealisierung kommt, wenn dieses den steuerlichen Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens nicht übersteigt. Mit diesen Aussagen widerspricht der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuererlass (BMF-Schreiben vom 11.11.2011,IV C2 - S 1978-b/08/10001). Der BFH musste in jenem Urteil jedoch nicht auf die hier zwischen dem IV. Senat und dem BMF umstrittene Anwendung der sogenannten Trennungstheorie in den Fällen der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter bei Mitunternehmerschaften eingehen.
Betroffene Norm
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, § 6 Abs. 5 S. 3 EStG
Streitjahr 2001
Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 06.03.2012, 13 K 251/10, EFG 2012, S. 1333
Fundstelle
BFH, Urteil vom 19.09.2012, IV R 11/12
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 30.03.1993, VIII R 8/91, BStBl II 1993, S. 864
BFH, Urteil vom 17.12.2008, IV R 65/07, BStBl II 2009, S. 371
BFH, Urteil vom 17.07.2008, I R 77/06, BStBl II 2009, S. 464
BFH, Urteil vom 21.06.2012, IV R 1/08, BFH/NV 2012, S. 1536,
BMF, Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6-S 2241/10/10002, BStBl I 2011, S. 1279