Zurück zur Übersicht
04.03.2013
Unternehmensteuer

BFH: Unternehmens- und Unternehmeridentität bei Verschmelzung der an einer GmbH & atypisch still beteiligten GmbH auf die still beteiligte Personengesellschaft

Die Regelungswirkung eines Verlustfestellungsbescheids, kann sich nicht auf Umstände beziehen, die sich erst im Folgejahr ereignen. Insoweit entfaltet der Bescheid keine Bindungswirkung für Folgebescheide.

Wird eine an einer GmbH & atypisch still beteiligte GmbH auf die still beteiligte Personengesellschaft verschmolzen und wird die Kürzung des Gewerbeertrags der aufnehmenden Personengesellschaft um den bei der atypisch stillen Gesellschaft festgestellten Verlustvortrag begehrt, muss die erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Gewerbebetrieb bestehen, den die GmbH vor ihrer Verschmelzung geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Personengesellschaft nach der Verschmelzung (fort-)führt. Der für die GmbH & atypisch still festgestellte Gewerbeverlust geht mangels Unternehmeridentität in dem Umfang unter, in dem er nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die verschmolzene GmbH entfiel.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist als atypisch stille Gesellschafterin zu 100 % an der X-GmbH beteiligt. Zum 31.12.1997 wurde bei der atypisch stillen Gesellschaft (X-GmbH & atypisch still) ein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt. Im Streitjahr 1998 wurde die X-GmbH auf die Klägerin verschmolzen. Die Klägerin begehrte die Minderung des Gewerbeertrags für das Streitjahr um den zum 31.12.1997 festgestellten Gewerbeverlust nach § 10a GewStG. Das Finanzamt lehnte dies ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Das FG geht zwar zu Recht davon aus, dass dem Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.1997 keine Bindungswirkung für das Streitjahr zukommt. Das FG hat jedoch keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Gewerbebetrieb besteht, den die X-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts bis zur Verschmelzung geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Klägerin danach (fort-)geführt hat.

Feststellungsbescheide sind u.a. für Steuermessbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind (§ 182 Abs. 1 S. 1 AO). Die Höhe der vortragsfähigen Gewerbeverluste ist auf den Schluss des Erhebungszeitraums gesondert festzustellen (§ 10a S. 2 GewStG 1998; heute: S. 6). Die Regelungswirkung des Verlustfeststellungsbescheids kann sich demgemäß nicht auf Umstände beziehen, die sich erst im Folgejahr ereignen und die Abzugsfähigkeit des festgestellten Fehlbetrags ggf. im Folgejahr entfallen lassen. Insoweit trifft der Verlustfeststellungsbescheid dementsprechend keine Feststellungen, die für Folgebescheide Bindung entfalten könnten.

Das FG ist allerdings bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die für einen Verlustabzug nach § 10a GewStG erforderliche Unternehmensidentität im Streitfall vorliegt, von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen.

Der maßgebende Gewerbeertrag wird um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind (§ 10a S. 1 GewStG). Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt sowohl Unternehmeridentität als auch Unternehmensidentität voraus (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 03.05.1993). Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Unternehmensidentität bedeutet, dass der Gewerbeverlust bei demselben Gewerbebetrieb entstanden sein muss, dessen Gewerbeertrag in dem maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden soll (BFH, Urteil vom 14.03.2006).

Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts tätig, d.h. nur er betreibt ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 EStG (z.B. BFH, Urteil vom 12.11.1985). Ist der Zweck der atypischen stillen Gesellschaft – wie im Streitfall – darauf gerichtet, die gesamte unter der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts ausgeübte gewerbliche Tätigkeit gemeinsam (als Mitunternehmer) zusammen mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts auszuüben, liegt daher nur ein einziger Gewerbebetrieb vor, und zwar der des Inhabers des Handelsgeschäfts (vgl. BFH, Urteile vom 06.12.1995 und vom 23.04.2009). Dementsprechend muss die von § 10a GewStG geforderte Unternehmensidentität im Streitfall zwischen dem Gewerbebetrieb bestehen, den die X-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts bis zu ihrer Verschmelzung auf die Klägerin geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Klägerin nach der Verschmelzung (fort-)geführt hat, auch wenn es um die Berücksichtigung des für die X-GmbH & atypisch still festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlustes geht. Das FG hat bislang keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen.

Die Entscheidung des FG, die Klage in vollem Umfang abzuweisen, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die X-GmbH ist infolge Verschmelzung auf die Klägerin erloschen. In dem Umfang, in dem der für die X-GmbH & atypisch still festgestellte Verlustvortrag daher auf die X-GmbH entfiel, ist er durch das verschmelzungsbedingte Erlöschen dieser Gesellschaft untergegangen. Denn in diesem Umfang hat die Klägerin als diejenige, die den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen zuvor nicht in eigener Person erlitten, so dass es insoweit an der Unternehmeridentität fehlt. Nur in dem Umfang, in dem der Verlust auf die Klägerin selbst entfiel, steht er ihr nach der Verschmelzung noch zur Kürzung ihres Gewerbeertrags zur Verfügung.

Betroffene Norm
§ 182 Abs. 1 S. 1 AO; § 10a GewStG
Streitjahr 1998

Vorinstanz
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.07.2009, 5 K 268/06, EFG 2009, S. 1796

Fundstelle
BFH, Urteil vom 11.10.2012, IV R 38/09

Weitere Fundstellen
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl. II 1993, S. 616
BFH, Urteil vom 12.11.1985, VIII R 364/83, BStBl. II 1986, S. 311
BFH, Urteil vom 06.12.1995, I R 109/94, BStBl. II 1998, S. 685
BFH, Urteil vom 14.03.2006, I R 1/04, BStBl. II 2006, S. 549
BFH, Urteil vom 23.04.2009, IV R 73/06, BStBl. II 2010, S. 40

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.