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07.06.2013
Unternehmensteuer

BFH: Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei unterjährigen Zugängen

Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist ungeachtet unterjähriger Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto auf den zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres festgestellten positiven Bestand des Kontos begrenzt.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren steuerliches Einlagekonto sich zum 31.12.2006 auf 0 Euro belief. Die Alleingesellschafterin der Klägerin legte im Streitjahr 2007 unterjährig Anteile an einer Beteiligungsgesellschaft nebst einem fälligen Dividendenanspruch in die Klägerin ein. Noch am gleichen Tag veräußerte die Klägerin die eingelegten Anteile. Im weiteren Verlauf des Streitjahres tätigte sie eine Ausschüttung sowie eine Vorabausschüttung für das Geschäftsjahr 2007. Bei der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 wurden als Zugang die Einlage der Anteile und der Dividendenanspruch ausgewiesen. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch die beiden Ausschüttungen nicht als eine Verwendung des Einlagekontos. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht die Berücksichtigung der Ausschüttungen als Verwendung des steuerlichen Einlagekontos abgelehnt. Unterjährige Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto stehen nicht für Leistungen im gleichen Jahr zur Verfügung.

Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften müssen die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahres auf dem steuerlichen Einlagekonto ausweisen (§ 27 Abs. 1 S. 1 KStG). Ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres wird das steuerliche Einlagekonto um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres fortgeschrieben (§ 27 Abs. 1 S. 2 KStG) und zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 S. 1 KStG). Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital i.S.d. § 28 Abs. 2 S. 2 KStG mindern das steuerliche Einlagekonto nur, soweit die Summe der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigt (§ 27 Abs. 1 S. 3 KStG). Leistungen sind dabei alle Auskehrungen an die Gesellschafter, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben.

Ob im laufenden Wirtschaftsjahr erbrachte Einlagen zur Finanzierung einer im gleichen Wirtschaftsjahr abgeflossenen Leistung zur Verfügung stehen oder nur solche Einlagen, die in dem zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres festgestellten Bestand enthalten sind, ist in der einschlägigen Literatur umstritten. Mit Urteil vom 19.05.2010 hatte der BFH entschieden, dass § 27 KStG 1999 (i.d.F. des UntStFG) nicht dahingehend auszulegen ist, dass die Ausschüttung mit dem ausschüttbaren Gewinn zum Zeitpunkt der Ausschüttung oder zum Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die Ausschüttung erfolgt ist, verrechnet werden kann. Den Ausführungen des BFH liegt die Annahme zugrunde, dass § 27 KStG 1999 von einer Vorjahresbetrachtung ausgeht. Diese Annahme ist nach Ansicht des im Streitfall erkennenden Senats des BFH auf den insoweit wortgleichen § 27 KStG n.F. uneingeschränkt zu übertragen. Folglich können unterjährige Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto nicht für Leistungen im gleichen Jahr zur Verfügung stehen.

Zwar stellt § 27 Abs. 1 S. 3 KStG nach seinem Wortlaut nur auf den zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn ab. Die Regelung ist jedoch insbesondere im Zusammenhang mit der Regelung in § 27 Abs. 1 S. 5 KStG zu sehen. Daraus, dass der ausschüttbare Gewinn auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu ermitteln ist und als ausschüttbarer Gewinn das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos gilt, folgt eine Vorjahresbetrachtung auch in Bezug auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos. Dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos kann als reine Berechnungsgröße zur Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns kein anderer Zeitpunkt als derjenige bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns zugrunde gelegt werden, also der Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Nur eine derartige Auslegung entspricht letztlich auch der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, auf eine ständige Fortschreibung des ausschüttbaren Gewinns in Form einer jeweils gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage zu verzichten.

Diese Auslegung kann allerdings nicht – wie das Finanzamt meint – auf § 27 Abs. 1 S. 4 KStG gestützt werden, wonach der Bestand des steuerlichen Einlagekontos durch Verrechnung mit Leistungen nicht negativ werden darf. Dem kann auch dadurch entsprochen werden, dass – wie im Streitfall – erst durch den unterjährigen Zugang die Mittel für die zeitlich nachfolgende Ausschüttung zur Verfügung gestellt werden. Jedoch wird durch die Festschreibung einer Verwendungsreihenfolge in § 27 Abs. 1 S. 3 KStG unbeschadet dessen ein direkter Zugriff auf das fortgeschriebene Einlagekonto nicht mehr zugelassen. Ausschlaggebend dafür ist der eindeutige und klare Regelungswortlaut, der einen unmittelbaren Abzug einer Leistung vom Einlagekonto mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital bei einer Kapitalherabsetzung nicht zulässt.

Eine analoge Anwendung von § 27 Abs. 2 S. 3 KStG auf den Streitfall kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einem dafür erforderlichen vergleichbaren Sachverhalt und einer planwidrigen Regelungslücke. Die Regelung betrifft allein den Sonderfall eines Eintritts in die unbeschränkte Steuerpflicht und bestimmt nur für diesen Fall, dass ein unterjähriger Zugang zum Einlagekonto für Leistungen verwendbar sein soll. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er darüber hinaus generell einen unterjährigen Zugang zum Einlagekonto für Leistungen hätte verwendbar machen wollen.

Betroffene Norm
§ 27 Abs. 1 und 2, Abs. 5 S. 4 KStG
Streitjahr 2007

Vorinstanz
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 30.03.2011, 4 K 2353/10

Fundstelle  
BFH, Urteil vom 30.01.2013, I R 35/11

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 51/09, BFH/NV 2010, S. 1886

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