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11.04.2014
Unternehmensteuer

BFH: VGA im Zusammenhang mit Renten-/Pensionszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer

Der BFH hat in drei Urteilen Aussagen zu dem Thema vGA im Zusammenhang mit Renten-/Pensionszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer gemacht: Bei Zahlung einer Abfindung an einen beherrschenden (und weiterhin als Geschäftsführer tätigen) Gesellschafter-Geschäftsführer gegen Verzicht auf die ihm erteilte Pensionszusage, obwohl der vereinbarte Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ist eine vGA anzunehmen.

Sachverhalte

BFH-Urteil vom 11.09.2013, I R 28/13
Die Klägerin, eine GmbH, zahlte ihrem beherrschenden (und weiterhin als Geschäftsführer tätigen) Gesellschafter-Geschäftsführer aus Anlass der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf seinen Sohn eine Abfindung gegen Verzicht auf die ihm erteilte betriebliche Pensionszusage. Der Geschäftsführervertrag enthielt keine Regelungen über eine mögliche Kapitalabfindung. Die GmbH behandelte die Zahlung als Betriebsausgabe und löste die Pensionsrückstellung gewinnwirksam auf.

Das Finanzamt behandelte die Abfindungszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war erfolgreich.

BFH-Urteil vom 23.10.2013, I R 89/12
Die Klägerin, eine GmbH, erteilte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage, wonach diesem eine einmalige Kapitalzahlung zustehen sollte, wenn er nach vollendetem 60. Lebensjahr aus den Diensten der GmbH ausscheidet. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer wurde der Kapitalbetrag nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausgezahlt, obwohl er noch für die GmbH tätig war.

Das Finanzamt nahm eine vGA an, was das FG verneinte.

BFH-Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12
Die Klägerin, eine GmbH, sagte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (G) eine Pensionsanwartschaft zu. Als Versorgungsfall war allein das vollendete 67. Lebensjahr bestimmt. G reduzierte seine Tätigkeit für die Klägerin ab dem Monat seines 67. Geburtstages auf 20% und erhielt ab diesem Monat zusätzlich zum (reduzierten) Gehalt seine Pension in vereinbarter Höhe.

Das Finanzamt erkannte die Pensionszusage zwar grundsätzlich an, war aber der Meinung, dass, da das laufende Gehalt nicht auf die Pension angerechnet wurde, insoweit eine vGA vorliege. Die Klage vor dem FG war erfolgreich.

Entscheidungen

Das FG habe in allen drei Fällen zu Unrecht entschieden, dass keine vGA vorliege.

Eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG liegt vor, wenn es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) kommt, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.

BFH, Urteil vom 11.09.2013, I R 28/13
Die Voraussetzungen einer vGA seien vorliegend erfüllt. Es fehle an der erforderlichen vorherigen klaren und eindeutigen Abmachung über die Kapitalabfindung, da eine solche im ursprünglichen Geschäftsführervertrag nicht vorgesehen gewesen sei. Daher ändere es nichts, dass ein Teil der Anwartschaft rechnerisch bereits "erdient" gewesen sei und dieser Teil – nach den Feststellungen des FG – infolge der Abfindungszahlung nicht überschritten worden war. Ein Anspruch auf Zahlung habe nicht bestanden, sondern habe ausweislich der Zusagebedingungen von weiteren unabdingbaren Umständen abgehangen, deren (Nicht-)Eintritt im Zeitpunkt der Zahlung weder absehbar noch verlässlich prognostizierbar gewesen seien. Der spätere tatsächliche Eintritt des Versorgungsfalls bei angenommener fortbestehender Versorgungsanwartschaft hätte deswegen nicht schlicht als "wahrscheinlich" unterstellt werden können.

In Anbetracht dessen genüge die „ad hoc“-Vereinbarung zur (Teil-)Abfindung der Versorgungsanwartschaft nicht dem Erfordernis der klaren und eindeutigen und vorherigen Abmachung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter; sie indiziere eine im Gesellschaftlichen gründende (Mit-)Veranlassung der geleisteten Zahlung.

Wenn das FG eine vGA dennoch verneine, da die Zahlung womöglich vorteilhaft gewesen sei, weil die Gesellschaft dadurch von dem sog. future service entlastet werde, übersehe es den sog. doppelten Fremdvergleich. Es sei nicht nur auf den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abzustellen, sondern ebenso auf die Interessenlage des objektiven und gedachten Vertragspartners. Ein fremder Dritter hätte einer solchen Vereinbarung über eine Abfindung nur der bereits erdienten Versorgungsanwartschaft unterhalb des Anwartschaftsbarwerts kaum zugestimmt.

Schließlich liege auch die für eine vGA notwendige Vermögensminderung vor. Sie bestehe in der Hingabe des Kapitalbetrages und in dem entsprechenden Vermögensabgang. Die gleichzeitige Auflösung der von der GmbH gebildeten Pensionsrückstellung ändere daran nichts. Eine "Neutralisierung" scheide aus, da bei einer vGA auf jeweiligen Geschäftsvorfall und nicht auf den (handelsbilanziellen) Saldo aus der Vermögensminderung (Auszahlung) und der Vermögensmehrung (Rückstellungsauflösung) abzustellen sei.

BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 89/12
Das FG habe die Versorgungszusage – zu Recht – so verstanden, dass sie (wenn kein Fall von Invalidität vorliege) nur dann auszuzahlen sei, wenn der entsprechende Geschäftsführer das 60. Lebensjahr vollendet habe und nicht mehr für die GmbH tätig sei.

Werde das Kapital mit vollendetem 60. Lebensjahr ausbezahlt, obwohl der Geschäftsführer noch für die Gesellschaft tätig sei, spreche dies für eine im Gesellschaftsverhältnis begründete Veranlassung. Dass sich die Klägerin alleine auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Versicherungsguthabens durch die Rückdeckungsversicherung verlassen habe, ohne auf die vertraglich vereinbarte Fälligkeit zu achten, sei allein der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Geschäftsführers geschuldet. Bei einem fremden Dritten wäre überprüft worden, ob und wann die Zahlung zu erfolgen habe. Ob bereits die Zusage dem Grunde nach durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war, weil sie auf das vollendete 60. Lebensjahr abstelle, könne daher dahinstehen.

Auch in diesem Fall liege die für eine vGA notwendige Vermögensminderung vor. Dass die Klägerin einhergehend mit der Kapitalzahlung die bis dato gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst hat, lässt die Vermögensminderung nicht entfallen, da eine „Neutralisierung“ ausscheide.

BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12
Zwar sei der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass die Zusage einer Altersversorgung im Hinblick auf die versprochene Altersrente nicht unbedingt das Ausscheiden des Begünstigten aus dem Betrieb oder die Beendigung des Dienstverhältnisses einfordere; die Erreichung eines vorgegebenen Alters könne genügen. Insbesondere verliere die Versorgung dadurch nicht ihren Charakter als betriebliche Altersversorgung (erneut entgegen H 6a (1) EStR 2012; BMF-Schreiben vom 11.11.1999).

Jedoch habe das FG zu Unrecht angenommen, dass sich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Bezug von Rente einerseits und laufendem Geschäftsführergehalt andererseits mit den Anforderungen vertrage, die für das Handeln des gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft maßgeblich seien. Ein solcher Geschäftsleiter würde – etwa durch Anrechnung oder Aufschieben der Versorgungsfälligkeit – verhindern, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer die GmbH als beliebige Quelle sowohl einer Altersversorgung als auch einer laufenden Tätigkeit "benütze".

Durch die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses neben der laufenden Altersrente habe diese ihren Zweck verfehlt. Die Absenkung von vertraglicher Arbeitszeit und laufendem Gehalt könne dem nicht entgegengehalten werden, zumal sich eine "Teilzeittätigkeit" ohnehin nur schwerlich mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers vereinbaren lasse. Demnach sei von einer vGA zu Gunsten von G auszugehen.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Streitjahre 2000 (I R 60/12) und 2006 (I R 28/13 und I R 89/12)

Anmerkung

In seinem Urteil vom 25.06.2014 hat der BFH nun entschieden, dass bei vorzeitigen Ausscheiden eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, dem auf das vollendete 68. Lebensjahr eine monatliche Altersrente zugesagt worden ist, der Versorgungsvertrag tatsächlich nicht durchgeführt wird. Die jährlichen Zuführungen zu der für die Pensionszusage gebildeten Pensionsrückstellung stellen vGA dar.
BFH Urteil vom 25.06.2014, I R 76/13, siehe Deloitte Tax-News

Vorinstanzen

Finanzgericht Münster, Urteil vom 08.11.2010, 5 K 4566/08 F (zu I R 28/13)
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2012, 6 K 1093/10 K,G,F (zu I R 89/12)
Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.06.2012, 3 K 359/06 (zu I R 60/12), siehe Deloitte Tax-News

Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.09.2013, I R 28/13
BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 89/12
BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12

Weitere Fundstellen

BFH Urteil vom 25.06.2014, I R 76/13, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 11.11.1999, BStBl. I S. 959

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