BFH: Zuordnung eines Veräußerungsgewinns zum laufenden Gewinn gilt auch für die Gewerbesteuer
Die Fiktion eines laufenden Gewinns gemäß der Missbrauchsverhinderungsvorschrift des § 16 Abs. 3 S. 5 EStG bei einer Veräußerung, bei der sich als Veräußerer und Erwerber dieselbe Person gegenüber steht, gilt auch für die Gewerbesteuer. Eine Nichtanwendung der Vorschrift für GewSt-Zwecke kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein Mitunternehmer zunächst eine in seinem SBV gehaltene GmbH-Beteiligung an seine Mitunternehmerschaft veräußert, um sodann seinen gesamten Mitunternehmeranteil an einen Dritten zu veräußern.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist K war, welcher ebenfalls alle Anteile an der Komplementär-GmbH hielt. Außerdem gehörten zum Sonderbetriebsvermögen des K seine 100%-Anteile an der R-GmbH. K veräußerte am selben Tag zunächst seine Beteiligung an der R-GmbH an die Klägerin und sodann seine Beteiligung an der Klägerin an die AG. Das Finanzamt erfasste im Rahmen der Gewerbesteuererklärung 2008 den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der R-GmbH durch K an die Klägerin unter Hinweis auf § 16 Abs. 2 S. 3 EStG als Gewerbeertrag gemäß § 7 GewStG. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG sei im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der R-GmbH durch K an die Klägerin gem. § 16 Abs. 3 S. 5 EStG zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag der Klägerin i.S. von § 7 S. 1 GewStG zähle.
Der der Gewerbesteuer zu Grunde zu legende Gewerbeertrag gemäß § 7 S. 1 GewStG entspricht von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen abgesehen grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommensteuer zu Grunde zu legen ist. Nach § 16 Abs. 3 S. 5 EStG gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs (hier: des Mitunternehmeranteils des K an der Klägerin) als laufender Gewinn, soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind.
Der BFH gehe für den Streitfall davon aus, dass K durch die gestufte Veräußerung zunächst seiner Beteiligung an der R-GmbH an die Klägerin und sodann seiner Beteiligung an der Klägerin an die AG seinen Mitunternehmeranteil an der Klägerin i.S. des § 16 Abs. 3 S. 1 EStG aufgegeben habe. Durch diese gewählte gestufte Veräußerung hat K nicht etwa seinen Mitunternehmeranteil an einen einzigen Erwerber veräußert, sondern in der Sache das Sonderbetriebsvermögen und das Gesamthandsvermögen seines Mitunternehmeranteils getrennt veräußert und dadurch seinen Mitunternehmeranteil in zwei unmittelbar zeitlich und sachlich zusammenhängenden Akten aufgegeben.
Unzweifelhaft habe K seine dem Betrieb der Klägerin gewidmete Beteiligung an der R-GmbH im Rahmen der Aufgabe seines Mitunternehmeranteils an der Klägerin veräußert. Da K an der Klägerin vermögensmäßig alleine beteiligt war, ist der Tatbestand des § 16 Abs. 3 S. 5 EStG in seiner Person erfüllt. Er stand auch sowohl auf der Erwerber- und der Veräußererseite, denn bei Veräußerungen zwischen Mitunternehmern (hier: K) und Mitunternehmerschaft (hier: der Klägerin) sei zur Bestimmung der personellen Identität auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse im Veräußerungszeitpunkt abzustellen.
§ 16 Abs. 3 S. 5 EStG gelte über § 7 S. 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer Für eine teleologische Reduktion des § 7 S. 1 GewStG bestehe insoweit kein Anlass (für § 16 Abs. 2 S. 3 EStG vgl. u.a. BFH-Urteil vom 18.12.2014). Die Vorschrift des § 16 Abs. 3 S. 5 EStG solle als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschrift sicherstellen, dass im Rahmen einer Betriebsaufgabe anfallende Veräußerungsgewinne nur dann steuerlich begünstigt werden, soweit Wirtschaftsgüter an Dritte veräußert werden. Entsprechend sollen bei Veräußerungen, die wirtschaftlich "an sich selbst" erfolgen, die anfallenden Gewinne als laufende Gewinne behandelt werden, die auch der Gewerbesteuer unterliegen.
Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, in ihrem konkreten Fall liege keine Steuerumgehung vor, weil die unter § 16 Abs. 3 S. 5 EStG fallende Veräußerung des GmbH-Anteils des K an die Klägerin in die unmittelbar nachfolgende Veräußerung seines nunmehr um die GmbH-Beteiligung angereicherten KG-Anteils an die AG gemündet habe. Dies folge schon daraus, dass es bei der Anwendung einer typisierenden Missbrauchsverhinderungsvorschrift gerade nicht des Nachweises bedarf, der im Einzelfall verwirklichte Sachverhalt sei für sich betrachtet als missbräuchlich zu werten.
Betroffene Normen
§ 16 Abs. 3 S. 5 EStG, § 7 S. 1 GewStG
Streitjahr 2008
Vorinstanz
FG Münster, Urteil vom 29.11.2012, 3 K 3834/10 G, EFG 2013, S. 388
Fundstelle
BFH, Urteil vom 03.12.2015, IV R 4/13, BStBl II 2016, S. 544
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 18.12.2014, IV R 59/11