BMF: Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Erträge aus Währungssicherungsgeschäften
Die Finanzverwaltung nimmt mit Schreiben vom 05.10.2020 zur Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Erträge aus Währungssicherungsgeschäften Stellung. Gewinne aus Währungskurssicherungsgeschäften sind danach gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, wenn der Steuerpflichtige nachweisbar bei Abschluss des Sicherungsgeschäftes ausschließlich den späteren konkret erwarteten Veräußerungserlös aus Anteilen vor Währungskursschwankungen absichern wollte. Damit bestätigt die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH und differenziert diese weiter aus.
Hintergrund
Der BFH hat mit Urteil vom 10.04.2019 (I R 20/16) entschieden, dass Gewinne aus Währungssicherungsgeschäften, die ausschließlich zum Ausschluss bzw. zur Minderung des Währungskursrisikos einer konkret geplanten, in Fremdwährung abzuwickelnden Anteilsveräußerung abgeschlossen worden sind, als Bestandteil des Veräußerungspreises im Rahmen der Ermittlung des nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen sind.
Die Finanzverwaltung nimmt mit Schreiben vom 05.10.2020 zur Anwendung der o.g. Rechtsprechung Stellung und erläutert insbesondere den für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Währungskursgewinne erforderlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft.
Verwaltungsanweisung
Erforderlicher Veranlassungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft
Der erforderliche Veranlassungszusammenhang liegt nur vor, wenn der Steuerpflichtige bei Abschluss des Sicherungsgeschäfts ausschließlich den späteren konkret erwarteten Erlös aus der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG vor Währungskursschwankungen absichern wollte („Micro Hedges“). Es handelt sich dabei um eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.2018, I R 2/16). Laut BMF ist eine eindeutige und nachträglich nicht veränderbare Dokumentation dieses Zuordnungswillens durch den Steuerpflichtigen erforderlich. Außerdem muss auch betragsmäßig eine nachvollziehbare und plausible Verbindung von Grund- und Sicherungsgeschäft dargelegt werden können.
- Sofern bereits ein Verpflichtungsgeschäft über eine spätere Übertragung von Anteilen gegen Zahlung eines Kaufpreises in einer Fremdwährung abgeschlossen wurde, gilt der o.g. erforderliche Veranlassungszusammenhang als nachgewiesen, wenn der vereinbarte Veräußerungspreis der Höhe des abgesicherten Betrages entspricht und die Laufzeit des Sicherungsgeschäfts sich am Zeitpunkt der Fälligkeit des Kaufpreises orientiert.
- Wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Sicherungsgeschäftes noch kein wirksames Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen ist, aber bereits Vertragsverhandlungen mit möglichen Käufern begonnen haben bzw. Verhandlungen abgebahnt sind, stehen der konkrete spätere Veräußerungspreis und der Zeitpunkt der Fälligkeit nicht sicher fest, so dass der Steuerpflichtige anhand von Angeboten, Vertragsentwürfen oder anderen Dokumenten nachweisen muss, dass er mit dem Sicherungsgeschäft ausschließlich den zukünftigen Veräußerungspreis absichern wollte.
- Eine lediglich unspezifische Veräußerungsabsicht begründet dagegen nicht den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft.
Sofern ein Sicherungsgeschäft dagegen der allgemeinen Absicherung gegen Währungskursschwankungen dient, ist der für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG erforderliche Veranlassungszusammenhang nicht gegeben. So sind auch unspezifische globale Absicherungen für Währungskursrisiken einer Vielzahl von Grundgeschäften („Macro“- oder „Portfolio Hedges“) nicht zu berücksichtigen.
Abweichungen zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft
Eine Abweichung zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft kann darin bestehen, dass der abgesicherte Betrag die Höhe des tatsächlichen Veräußerungserlöses übersteigt (sog. „Sicherungsüberhänge“). Wenn bereits bei Abschluss des Sicherungsgeschäftes nach objektiven Umständen erkennbar ist, dass ein zu hoher Betrag abgesichert wurde, fehlt es an dem erforderlichen Veranlassungszusammenhang. Bestehen dagegen erst nachträglich objektive Anzeichen für einen mehr als nur unerheblichen Sicherungsüberhang und nimmt der Steuerpflichtige unverzüglich eine Anpassung des Sicherungsgeschäftes vor, so kann noch von einem erforderlichen Veranlassungszusammenhang ausgegangen werden. Aus Vereinfachungsgründen kann ein Sicherungsüberhang von unter 10 Prozent des zu erwartenden Veräußerungspreises als nur unerhebliche Abweichung unberücksichtigt bleiben.
Änderungen und Anpassungen des Sicherungsgeschäfts
Im Übrigen muss bei jeder späteren Änderung oder Anpassung des Währungssicherungsgeschäftes erneut durch äußere Merkmale nachgewiesen werden, dass weiterhin ausschließlich das Währungskursrisiko in Bezug auf den Veräußerungspreis der geplanten konkreten Anteilsveräußerung abgesichert werden soll.
Ausbleiben der Anteilsveräußerung
Für den Fall, dass es tatsächlich nicht zu der geplanten Veräußerung der Anteile kommt, ist die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG auch für den Gewinn aus dem Sicherungsgeschäft ausgeschlossen. Umgekehrt unterliegen (vergebliche) Aufwendungen im Zusammenhang mit einem gescheiterten Anteilserwerb nicht dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 S. 3 KStG (vgl. BFH-Urteil vom 09.01.2013, I R 72/11)
Unterschiedliche Realisierungszeitpunkte bei Grund- und Sicherungsgeschäft
Entstehen nach den vorstehenden Grundsätzen steuerfreie Gewinne aus Währungssicherungsgeschäften ganz oder teilweise in einem Wirtschaftsjahr vor der Anteilsveräußerung, so sind diese Erträge bei der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem sie angefallen sind. Die außerbilanzielle Korrektur der vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung angefallenen Gewinne aus den Währungssicherungsgeschäften ist erst mit Wirksamkeit der Anteilsveräußerung vorzunehmen.
Die Anteilsveräußerung kann ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für die Korrektur (außerbilanzielle Kürzung) des Steuerbescheides darstellen, in dem die vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung angefallenen Gewinne aus Währungssicherungsgeschäften berücksichtigt wurden. Auf das BMF-Schreiben vom 24.07.2015 zur Behandlung von Veräußerungskosten und nachträglichen Kaufpreisänderungen bei § 8b Abs. 2 KStG wird hingewiesen.
Verluste aus Währungssicherungsgeschäften
Verluste aus Währungssicherungsgeschäften, die ausschließlich zum Ausschluss bzw. zur Minderung des Währungskursrisikos einer konkret geplanten, in Fremdwährung abzuwickelnden Anteilsveräußerung abgeschlossen worden sind, mindern als Bestandteil der Veräußerungskosten im Sinne von § 8b Abs. 2 S. 2 KStG den (steuerfreien) Veräußerungsgewinn bzw. erhöhen einen gemäß § 8b Abs. 3 S. 3 KStG bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigenden Veräußerungsverlust.
Betroffene Norm
§ 8b Abs. 2 KStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 05.10.2020, IV C 2 - S 2750-a/19/10005 :002
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 10.04.2019, I R 20/16, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 18.04.2018, I R 2/16, BStBl. II 2018, S. 567
BFH, Urteil vom 09.01.2013, I R 72/11, BStBl. II 2013, S. 343, siehe Deloitte Tax News
BMF, Schreiben vom 24.07.2015, BStBl. I 2015, S. 612, siehe Deloitte Tax News