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27.03.2025
Unternehmensteuer

BMF: Anwendungsschreiben zur Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen

In einem überarbeiteten BMF-Schreiben vom 12.03.2025 nimmt die Finanzverwaltung zur Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen (§ 34a EStG) Stellung. Gegenüber dem Vorgänger-BMF-Schreiben aus dem Jahr 2008 ergeben sich u.a. aufgrund der im Rahmen des Wachstumschancengesetzes im Jahr 2024 erfolgten Überarbeitung der Vorschrift des § 34a EStG Änderungen und Ergänzungen.

BMF, Schreiben vom 12.03.2025, IV C 6 - S 2290-a/00012/001/037

Hintergrund

Zur Beseitigung der unterschiedlichen Belastung von thesaurierten (einbehaltenen, nicht ausgeschütteten) Gewinnen bei Personen- und Kapitalgesellschaften wurde mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl 2007 I, S. 1912) die Vorschrift des § 34a EStG eingeführt. § 34a EStG gewährt auf Antrag für Personenunternehmen (Einzelunternehmer/ Mitunternehmer) für den nicht entnommenen Gewinn eine Tarifermäßigung. Bei späterer Entnahme erfolgt eine Nachversteuerung.

Mit BMF-Schreiben vom 11.08.2008 (BStBl. I 2008, S. 838) hatte das BMF erstmalig zur Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) Stellung genommen. Mit dem Wachstumschancengesetz vom 27.03.2024 (BStBl. I 2024, Nr. 108, siehe Deloitte Tax-News) wurde die Vorschrift des § 34a EStG überarbeitet. Geändert wurde insbesondere, dass der begünstigungsfähige Betrag um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags nach § 34a Abs. 1 EStG entnommen werden, zu erhöhen ist (vgl. § 34a Abs. 2 EStG).

Mit Datum vom 12.03.2025 veröffentlicht das BMF nun ein überarbeitetes BMF-Schreiben zur Anwendung der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne (§ 34a EStG). Im Vergleich zum Vorgänger-Schreiben aus dem Jahr 2008 gibt es im Wesentlichen die folgenden Änderungen:

  • Ausführungen zum Zinslauf (Rn. 11),
  • geänderte Definition des nicht entnommenen Gewinns (vgl. Rn. 12-16),
  • unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Nachversteuerungsfall nach § 34a Abs. 6 EStG (vgl. Rn. 50),
  • Ausführungen zur anteiligen Nachversteuerung des nachversteuerpflichtigen Betrags (vgl. Rn. 53) sowie
  • zur Übertragung/Einbringung eines Teils eines Betriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils (vgl. Rn. 57, 58).

Verwaltungsschreibungen

Im Folgenden haben wir einen Überblick über ausgewählte, wichtige Regelungen des BMF-Schreibens vom 12.03.2025 erstellt. Veränderungen im Vergleich zum Vorgänger-Schreiben aus dem Jahr 2008 haben wir kursiv dargestellt.

Tarifbegünstigung für nicht entnommene Gewinne

Begünstige Einkunftsarten

  • Der unbeschränkt oder beschränkt Steuerpflichtige kann die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. § 13 EStG), Gewerbebetrieb (vgl. § 15 EStG) und selbständiger Arbeit (vgl. § 18 EStG) für den nicht entnommenen Teil des Gewinns aus einem Einzelunternehmen oder aus einem Mitunternehmeranteil in Anspruch nehmen.
  • Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bleibt durch § 34a EStG unberührt. Damit sind insbesondere die Regelungen über den Verlustausgleich und -abzug vorrangig zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 20.03.2017, X R 65/14). Die Thesaurierungsbegünstigung kann somit nicht in Anspruch genommen werden, wenn zwar begünstigungsfähige Einkünfte vorhanden sind, das zu versteuernde Einkommen aber negativ ist. Durch die Anwendung der Thesaurierungs-begünstigung kann daher kein Verlustvortrag nach § 10d EStG generiert werden.
  • Bei Mitunternehmeranteilen kommt eine Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung für den Gewinnanteil in Betracht.

Veräußerungsgewinne

  • Für einen Veräußerungsgewinn, für den der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen wird, ist eine Tarifbegünstigung nach § 34a EStG nicht möglich.

Antragstellung und Änderung des Antrags

  • Der Antrag auf Tarifbegünstigung nach § 34a EStG ist grundsätzlich bei Abgabe der Einkommensteuererklärung für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil gesondert zu stellen.
  • Das BMF-Schreiben enthält weitere Ausführungen zur Antragstellung bei Einzelunternehmen und bei Mitunternehmern und zur Antragsänderung.

Zinslauf

  • Das aktuelle BMF-Schreiben enthält erstmalig Ausführungen zum Zinslauf. Bei der erstmaligen Antragstellung oder Erhöhung des Antragsvolumens ist § 233a Abs. 2a AO entsprechend anzuwenden (§ 34a Abs. 1 S. 3 EStG). Der Zinslauf beginnt in diesen Fällen damit erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag nach § 34a Abs. 1 S.1 EStG gestellt worden ist (vgl. Rn. 11).

Nicht entnommener Gewinn

Definition

  • Die Definition des nicht entnommenen Gewinns im aktuellen BMF-Schreiben berücksichtigt die o.g. Gesetzesänderung des § 34a Abs. 2 EStG im Rahmen des Wachstumschancengesetzes (vgl. Rn. 12-16).
  • Der nicht entnommene Gewinn nach § 34a Abs. 2 EStG wird wie folgt berechnet:
    Steuerbilanzgewinn
    abzgl. Positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen
    zzgl. Gewerbesteueraufwand
    = nicht entnommener Gewinn vor Hinzurechnung der Entnahmen für Steuerzahlungen
    zzgl. Entnahmen für Steuerzahlungen, maximal positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen
    = nicht entnommener Gewinn nach § 34a Abs. 2 EStG
    (vgl. Rn. 14)

Gewinnermittlungsart

  • Das BMF-Schreiben führt aus, dass die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG) ermittelt wird.
    Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben
  • Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, die den Steuerbilanzgewinn gemindert haben, sind außerbilanziell hinzuzurechnen. Soweit der steuerpflichtige Gewinn auf Betriebsausgabenabzugsverboten beruht, kann keine Tarifbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen werden.

Steuerfreie Gewinnanteile

  • Die Thesaurierungsbegünstigung kann maximal bis zur Höhe des steuerpflichtigen Gewinns beansprucht werden. Steuerfreie Gewinnanteile sind Bestandteil des Steuerbilanzgewinns, können aufgrund ihrer Steuerfreiheit jedoch selbst nicht Gegenstand der Tarifbegünstigung nach § 34a EStG sein. Bei der Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns gelten sie jedoch als vorrangig entnommen, was die Finanzverwaltung anhand eines Beispiels veranschaulicht.

Nicht entnommener Gewinn bei Mitunternehmerschaften

  • Bei Mitunternehmeranteilen werden sowohl die Entnahmen und Einlagen des Gesamthands-vermögens als auch die des Sonderbetriebsvermögens berücksichtigt. Deren Ermittlung erfolgt für Zwecke des § 34a EStG mitunternehmeranteilsbezogen.

Begünstigungsbetrag/Nachversteuerungspflichtiger Betrag

Begünstigungsbetrag

  • Der Begünstigungsbetrag ist der Teil des nicht entnommenen Gewinns, für den der Steuer-pflichtige einen Antrag nach § 34a Abs. 1 EStG gestellt hat. Der Begünstigungsbetrag ist die Bemessungsgrundlage für die Steuer nach § 34a Abs. 1 S. 1 EStG.

Nachversteuerungspflichtiger Betrag des Veranlagungszeitraums

  • Der nachversteuerungspflichtige Betrag des Betriebs oder Mitunternehmeranteils für den laufenden Veranlagungszeitraum wird aus dem Begünstigungsbetrag durch Abzug der auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuerbelastung (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, nicht jedoch der Kirchensteuer) ermittelt.

Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrags zum Ende des Veranlagungszeitraums

  • Das aktuelle BMF-Schreiben stellt ein Schema zur Ermittlung und Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags (§ 34a Abs. 3 S. 2 EStG) zur Verfügung (vgl. Rn. 28).

Nachversteuerung (§ 34a Abs. 4 EStG)

Nachversteuerungsbetrag

  • Es kommt grundsätzlich zur Nachversteuerung, wenn der positive Saldo von Entnahmen und Einlagen im Wirtschaftsjahr den (positiven) Steuerbilanzgewinn dieses Wirtschaftsjahrs über-steigt (Entnahmenüberhang). Im Fall eines Verlustes ist der Entnahmenüberhang so hoch wie der positive Saldo von Entnahmen und Einlagen. In Höhe des Entnahmenüberhangs entsteht ein Nachversteuerungsbetrag. Die Nachversteuerung wird in Höhe des Nachversteuerungsbetrags (max. in Höhe des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags) mit einem festen Steuersatz von 25 % ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer neben der Versteuerung des zu versteuernden Einkommens des laufenden Veranlagungszeitraums mit dem persönlichen Steuersatz vorgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.2020, IX R 34/18).
  • Bei der Ermittlung des Entnahmenüberhangs sind außerbilanzielle Hinzurechnungen (z. B. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, Gewerbesteuer) nicht zu berücksichtigen.

Verwendungsreihenfolge

  • Zur Verwendungsreihenfolge des positiven Saldos aus Entnahmen und Einlagen gibt das BMF-Schreiben ein Schema vor (vgl. Rn. 33).

Entnahmen zur Zahlung von Erbschaft-/ Schenkungsteuer

  • Eine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 4 S. 1 EStG ist nicht durchzuführen, soweit sie durch Entnahmen für die Erbschaft-/ Schenkungsteuer anlässlich der Übertragung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils ausgelöst wird.

Übertragung und Überführungen von einzelnen Wirtschaftsgütern

  • Das BMF-Schreiben enthält Ausführungen zur Entnahmereihenfolge bei Übertragung oder Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern, zu grenzüberschreitende Überführungen und Übertragungen von Wirtschaftsgütern, zu Überführungen innerhalb eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils sowie zu Überführungen und Übertragungen zwischen mehreren Betrieben oder Mitunternehmeranteilen.

Nachversteuerungsfälle nach § 34a Abs. 6 EStG

Vollständige Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags

  • Das BMF-Schreiben stellt einen Katalog an Vorgängen zur Verfügung, die eine Nachversteuerung auslösen, u.a. auch die unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse.

Unentgeltliche Übertragung nach § 6 Absatz 3 EStG auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse

  • Eine Nachversteuerung in voller Höhe des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags ist auch durchzuführen, wenn ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil unentgeltlich nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen wird (§ 34a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 EStG) (vgl. Rn. 50).

Anteilige Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags

  • Weiterhin stellt das aktuelle BMF-Schreiben einen Katalog an Vorgängen zu Verfügung, welche zu einer anteiligen Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags führen (vgl. Rn. 53).

Antrag und Stundung

  • Eine Nachversteuerung des gesamten oder eines Teils des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags ist zudem auch durchzuführen, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt (§ 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 EStG).
  • Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Nachversteuerung nach § 34a Abs. 4 EStG bei bestimmten Voraussetzungen zinslos über 10 Jahre gestundet werden kann.

Fälle des § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG

Weiter enthält das BMF-Schreiben Ausführungen zur Übertragung/ Einbringung des ganzen Betriebs oder ganzen Mitunternehmeranteils sowie auch zur Übertragung/ Einbringung eines Teils eines Betriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils (vgl. Rn. 57, 58).

Anwendungszeitpunkt

Das aktuelle BMF-Schreiben ist grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden. Es tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 11.08.2008.

Fundstelle

BMF, Schreiben zur Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne (§ 34a EStG) vom 12.03.2025, IV C 6 -S 2290-a/00012/001/037

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 11.08.2008, IV C 6 - S 2290-A/07/10001, BStBl. I 2008, S. 838

BFH, Urteil vom 20.03.2017, X R 65/14, BStBl. II 2017, S. 958

BFH, Urteil vom 10.11.2020, IX R 34/18, BStBl. II 2021, S. 455

Ihr Ansprechpartner

Denise Käshammer
Senior Manager

dkaeshammer@deloitte.de
Tel.: +4989290368711

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