BMF: Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke
Die Finanzverwaltung hat mit Datum vom 10.10.2024 einen Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke veröffentlicht. Die Finanzverwaltung nimmt darin u.a. zu dem im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 erweiterten Zinsbegriffs für Zwecke der Zinsschranke Stellung.
BMF, Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke vom 10.10.2024
Hintergrund
Aufgrund der Änderungen bei der Zinsschranke (§ 4h EStG; § 8a KStG) durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 (BGBl. I 2023, Nr. 411, siehe Deloitte Tax-News) besteht im bisherigen BMF-Schreiben zur Zinsschranke vom 04.07.2008 (BStBl. I 2008, S. 718) Überarbeitungsbedarf, welcher in dem am 10.10.2024 veröffentlichten Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke berücksichtigt werden sollte.
Mit dem o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz wurde die Zinsschranke mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 an die EU-Antisteuervermeidungsrichtlinie (ATAD) vom 12.07.2016 angepasst. Eine wesentliche Änderung im Rahmen des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz war die Ausweitung des Zinsbegriffs für Zwecke der Zinsschranke, die auch in dem nun vorliegenden Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke ausführlich erläutert wurde.
Der Entwurf sieht eine Frist zur Stellungnahme durch die Verbände bis zum 07.11.2024 vor.
Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke
Im Folgenden haben wir einen Überblick über ausgewählte Aspekte des Entwurfsschreibens zur Zinsschranke vom 10.10.2024 erstellt.
Umfang der Zinsaufwendungen und Zinserträge
Der im Rahmen des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz geänderte Zinsbegriff findet sich auch im Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens wieder:
Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind Vergütungen für Fremdkapital, wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital im Sinne des Art. 2 Abs. 1 ATAD. Zinserträge im Sinne der Zinsschranke sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art und wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen. Die Begriffe Zinsaufwendungen und Zinserträge sind deckungsgleich zu verstehen (vgl. Rz. 11 des Entwurfs des überarbeiteten BMF-Schreibens.).
Die folgenden Zinsaufwendungen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 ATAD werden im Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens aufgeführt:
- Zahlungen im Rahmen von Beteiligungsdarlehen,
- kalkulatorische Zinsen auf Instrumente wie Wandelanleihen und Nullkuponanleihen,
- Beträge im Rahmen von alternativen Finanzierungsmodalitäten, wie sie z.B. islamische Banken praktizieren,
- die Finanzierungskosten im Rahmen von Finanzierungsleasing,
- im Bilanzwert eines zugehörigen Vermögenswerts enthaltene kapitalisierte Zinsen,
- die Amortisation (Abschreibung oder Ausbuchung) kapitalisierter Zinsen,
- ggfs. Beträge, die durch Bezugnahme auf eine Finanzierungsrendite im Rahmen von Verrechnungspreisregelungen gemessen werden,
- Beträge fiktiver Zinsen im Rahmen von Derivaten oder Hedging-Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Fremdkapital eines Unternehmens,
- bestimmte Wechselkursgewinne und -verluste auf Fremdkapital und Instrumente im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kapital,
- Garantiegebühren für Finanzierungsvereinbarungen,
- Vermittlungsgebühren (vgl. Rz. 17 des o.g. Entwurfs).
Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind auch:
- Zins-Swaps,
- Vorfälligkeitsentschädungen,
- Bereitstellungszinsen,
- im Zusammenhang mit einem Darlehen gezahlte Avalprovision (Bürgschaftsgebühren),
- Gebühren, die für die laufende Verwaltung eines Konsortialkredits bzw. der gewährten Kreditsicherheiten durch den Konsortialführer zu entrichten sind (Arrangement Fees, Agency und Security Agency Fees),
- fiktiver Zinsaufwand im Rahmen eines Vorteilsverbrauchs (auch in Form eines fiktiven Beteiligungsaufwands) bei einer verdeckten Gewinnausschüttung,
- der Aufwand aus der Auflösung aus Rechnungsabgrenzungsposten beim unechten Factoring,
- der Aufwand aus der Ausbuchung der Forderung beim echten Factoring,
- ähnliche Aufwendungen (vgl. Rz. 18 des o.g. Entwurfs).
Nach dem BMF unterliegen nur solche Zinsaufwendungen und Zinserträge der Zinsschranke, die den maßgeblichen Gewinn bzw. das maßgebliche Einkommen gemindert oder erhöht haben. Insbesondere nicht abziehbare Zinsen gemäß § 3c Abs. 1 und 2 EStG, § 4 Abs. 4a EStG, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8a EStG, § 233 ff. AO i.V.m. § 12 Nr. 3 EStG bzw. § 10 Nr. 2 KStG und Zinsen, die gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG als verdeckte Gewinnauschüttungen das Einkommen einer Körperschaft nicht gemindert haben oder bereits aufgrund spezieller Betriebsausgabenabzugsverbote nicht abziehbar sind (z.B. §§ 4i, 4k EStG), unterliegen nicht der Zinsschranke, weil sie das Einkommen nicht mindern. Steuerpflichtige Erstattungszinsen fallen hingegen unter den Begriff der Zinserträge (vgl. Rz. 21 des o.g. Entwurfs).
Keine Zinsaufwendungen und Zinserträge sind nach dem o.g. Entwurfsschreiben, z.B.:
- Skonti und Boni,
- Nichtabnahmeentschädigungen,
- Reisekosten,
- Notarkosten und Gutachterkosten (vgl. Rz. 28 des o.g. Entwurfs).
EBITDA-Vortrag
Mit dem o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz wurde gesetzlich festgeschrieben, dass ein EBITDA-Vortrag nicht in Wirtschaftsjahren entsteht, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht übersteigen oder § 4h Abs. 2 EStG die Anwendung von § 4h Abs. 1 S. 1 EStG ausschließt.
Im Entwurfsschreiben finden sich nun weitere Ausführungen zum EBITDA- und auch zum Zinsvortrag (vgl. Rz. 41 ff. des o.g. Entwurfs), insbesondere auch im Zusammenhang mit schädlichen Ereignissen nach § 4h Abs. 5 EStG (vgl. Rz. 46-50 des o.g. Entwurfs).
Ausnahmetatbestände (§ 4h Abs. 2 EStG)
Weiter findet nach § 4h Abs. 1 S. 7 EStG i.d.F. des o.g. Kreditzweitmarkförderungsgesetz § 4h Abs. 2 EStG (also die Ausnahmetatbestände) keine Anwendung, soweit Zinsaufwendungen aufgrund eines Zinsvortrags erhöht wurden (vgl. Rz. 57 des o.g. Entwurfs).
- Stand-Alone-Klausel
Die im Rahmen des o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetzes eingeführte Stand-alone-Klausel kommt zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige keiner Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG nahesteht (insbesondere Beteiligungen i.H.v. mindestens 25%) und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet (vgl. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG) (vgl. Rz. 62 f. des o.g. Entwurfs).
- Eigenkapitalvergleich bei konzernzugehörigen Betrieben und Konzernbegriff
Mit dem o.g. Kreditzweitmarktförderungsgesetz wurde der Konzernbegriff insoweit geändert, dass ein Betrieb nur dann konzernzugehörig ist, wenn er nach dem einschlägigen Rechnungslegungsstandard in einen Konzernabschluss einbezogen wird (vgl. § 4h Abs. 3 S. 4 EStG). Im Entwurfsschreiben wird ausgeführt, dass, sofern ein Wahlrecht zur Einbeziehung in einen Konzernabschluss besteht, ein konzernzugehöriger Betrieb im Sinne des § 4h Abs. 3 S. 4 EStG nur dann vorliegt, wenn eine Konsolidierung tatsächlich vorgenommen wird (vgl. Rz. 65 des o.g. Entwurfs).
Zeitliche Anwendung
Das überarbeitete BMF-Schreiben zur Zinsschranke betrifft Anwendungsfragen zur Zinsschranke in der Fassung des Kreditzweitmarktförderungsgesetz. § 4h EStG in dieser Fassung ist nach § 52 Abs. 8b EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 14.12.2023 beginnen und nicht vor dem 01.01.2024 enden.
Für vorangehende Wirtschaftsjahre soll das BMF-Schreiben vom 04.07.2008 weiter Anwendung finden. Entsprechendes soll für die Anwendung des § 8a KStG gelten, der in der am 31.12.2023 geltenden Fassung (Altjahre) nach § 34 Abs. 4 S. 2 KStG weiter anzuwenden ist, soweit er auf § 4h EStG in der am 31.12.2023 geltenden Fassung Bezug nimmt.
Betroffene Normen
§ 4h EStG; § 8a KStG
Fundstelle
BMF, Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke vom 10.10.2024
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 04.07.2008, IV C 7 – S 2742 – a/07/10001, BStBl. I 2008, S. 718
