BMF: Gewährung von Forschungszulagen nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG)
Mit Datum vom 11.11.2021 veröffentlichte das BMF ein umfangreiches Schreiben zur Gewährung von Forschungszulagen nach dem Forschungszulagengesetz. Das BMF-Schreiben enthält u.a. ausführliche Informationen zur Anspruchsberechtigung, zu den verfahrensrechtlichen Vorschriften rund um die Antragsstellung, zur ertragsteuerlichen Behandlung der Forschungszulage sowie zu den beihilferechtlichen Vorgaben.
Hintergrund
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung vom 14.12.2019 (FZulG, siehe Deloitte Tax-News) wurde eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Form einer Forschungszulage eingeführt. Das Gesetz ist am 01.01.2020 in Kraft getreten.
Das BMF hat mit Datum vom 11.11.2021 ein 70-seitiges Schreiben zur Gewährung von Forschungszulagen nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG) veröffentlicht.
Das lang erwartete Schreiben schafft insbesondere Klarheit in der Definition von verbundenen Unternehmen und damit auch in deren Bemessungsgrundlagen für die Forschungszulagen. Zudem ist nun dargestellt, unter welchen Voraussetzungen deutsche Tochtergesellschaften globaler Unternehmensgruppen die Forschungszulage für FuE-Tätigkeiten beantragen können. Dies dürfte den Forschungsstandort Deutschland nochmals signifikant stärken.
BMF-Schreiben
Das o.g. BMF-Schreiben besteht aus den folgenden vier Teilen:
- Erster Teil – Materiell-rechtliche Vorschriften
- Zweiter Teil – Verfahrensrechtliche Vorschriften
- Dritter Teil – Ertragsteuerliche Behandlung der Forschungszulage
- Vierter Teil – Beihilferechtliche Vorgaben im FZulG.
Im Folgenden findet sich ein Kurzüberblick über die vier Teile:
Erster Teil – Materiell-rechtliche Vorschriften
Der erste Teil enthält ausführliche Informationen zu den anspruchsberechtigten Personen, den begünstigten FuE-Vorhaben, den förderfähigen Aufwendungen, der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Forschungszulage.
Zur Inanspruchnahme der Forschungszulage berechtigt sind unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige i.S.d. Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht von der Besteuerung befreit sind. Mitunternehmerschaften als auch Organgesellschaften im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft sind eigenständig anspruchsberechtigt.
Ob ein begünstigtes FuE-Vorhaben i. S. d. § 2 Absatz 1 bis 3 FZulG vorliegt, entscheidet ausschließlich die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ). Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung sind begünstigte FuE-Vorhaben. Das BMF-Schreiben enthält hier Definitionen der begünstigten und Abgrenzungen zu nicht begünstigten Tätigkeiten. FuE-Vorhaben sind nur begünstigt, wenn mit deren Arbeiten nach dem 1. Januar 2020 begonnen wurde oder wenn der Auftrag nach dem 1. Januar 2020 erteilt worden ist.
Förderfähige Aufwendungen im Rahmen der eigenbetrieblichen FuE sind insbesondere lohnsteuerpflichtige Arbeitslöhne, soweit sie der Arbeitgeber unmittelbar an Arbeitnehmer für ihre tatsächliche Beschäftigung mit FuE-Tätigkeiten in einem begünstigten FuE-Vorhaben zahlt. Gemeinkosten oder Aufwendungen für Tätigkeiten, die nur mittelbar oder unterstützend dem FuE-Vorhaben dienen, wie z. B. Verwaltung, Management, Transport, Lagerhaltung, Reparatur, Wartung, Sicherheit, usw., erfüllen die vorgenannten Voraussetzungen nicht und sind daher keine förderfähigen Aufwendungen. Zur Ermittlung der förderfähigen Lohnaufwendungen für ein begünstigtes FuE-Vorhaben sind für jeden Arbeitstag, an dem ein FuE-Arbeitnehmer im begünstigten FuE-Vorhaben tätig wird, Aufzeichnungen zu führen, die die Tätigkeit dieses Arbeitnehmers in dem jeweiligen begünstigten FuE-Vorhaben belegen. Auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen steht ein Muster eines „Stundenzettels“ bereit, der zur Dokumentation vorgehalten werden kann. Die Verwendung dieses Musters ist optional.
Bei der Ermittlung der förderfähigen Aufwendungen im Rahmen der Auftragsforschung ist das beim anspruchsberechtigten Auftraggeber für den Auftrag entstandene Entgelt zugrunde zu legen. Die im Entgelt enthaltene Umsatzsteuer gehört nicht zu den förderfähigen Aufwendungen, soweit der Anspruchsberechtigte vorsteuerabzugsberechtigt ist und die im Entgelt enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann.
Verbundene Unternehmen sind Unternehmen, die i. S. d. § 290 Absatz 2 bis 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) einen beherrschenden Einfluss aufeinander ausüben. Nach § 290 Abs. 2 HGB liegt ein beherrschender Einfluss vor, wenn eine Stimmrechtsmehrheit, eine Organbestimmungsmehrheit, ein Beherrschungsvertrag oder entsprechende Bestimmungen in der Satzung oder Übernahme der Mehrheit der Risiken und Chancen einer Zweckgesellschaft vorliegen.
Für die Praxis ist die Abgrenzung zwischen Auftragsforschung und eigenbetrieblicher FuE zwischen verbundenen Unternehmen relevant. Ein FuE-Vorhaben zwischen verbundenen Unternehmen gilt als Auftragsforschung, wenn die aufgeführten vier Kriterien kumulativ erfüllt sind.
- Die FuE-Gesellschaft wird gezielt mittels einer Aufgabenstellung für ein konkretes FuE-Vorhaben beauftragt,
- das beauftragende Unternehmen legt die wesentlichen Ziele und Durchführungswege fest,
- für das FuE-Vorhaben wird ein spezifisches Budget definiert und
- der Auftragnehmer ist nicht berechtigt, eigenständig Dritte mit der Durchführung von Teilvorhaben zu beauftragen.
Wenn allerdings eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, liegt eigenbetriebliche FuE des das FuE-Vorhaben durchführenden Unternehmens (z.B. einer deutschen Tochtergesellschaft einer globalen Unternehmensgruppe) vor, welche wiederum potentiell förderfähig ist.
Bemessungsgrundlage für die FZul ist grundsätzlich die Summe der im Wirtschaftsjahr für alle begünstigten FuE-Vorhaben insgesamt entstandenen förderfähigen Aufwendungen. Die Bemessungsgrundlage wird für vor dem 1. Juli 2020 und nach dem 30. Juni 2026 entstandene Aufwendungen auf den Betrag von jährlich 2.000.000 Euro begrenzt. Für förderfähige Aufwendungen, die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2026 entstanden sind, erhöht sich die maximale jährliche Bemessungsgrundlage auf 4.000.000 Euro. Im BMF-Schreiben findet sich auch ein Ermittlungsschema für die förderfähige Bemessungsgrundlage.
Bei verbundenen Unternehmen wird die Bemessungsgrundlage je Kalenderjahr für alle verbundenen Unternehmen insgesamt auf die Höhe von 2.000.000 bzw. 4.000.000 Euro begrenzt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Unternehmen (bzw. Unternehmensteile), die nicht nach § 290 Abs. 2-4 HGB miteinander verbunden sind, jeweils die volle Bemessungsgrundlage ausschöpfen können.
Die Forschungszulage beträgt 25% der förderfähigen Bemessungsgrundlage eines Wirtschaftsjahres. Aufgrund der Begrenzung der förderfähigen Bemessungsgrundlage kann die Forschungszulage pro Wirtschaftsjahr höchstens 1.000.000 Euro bzw. für nach dem 30. Juni 2026 beginnende Wirtschaftsjahre höchstens 500.000 Euro betragen.
Zweiter Teil – verfahrensrechtliche Vorschriften
Der zweite Teil enthält Informationen zur Antragstellung, zum Bescheinigungs-, Festsetzungs-, Feststellungs- und Anrechnungsverfahren sowie zu weiteren Verfahrensvorschriften.
Die Gewährung der Forschungszulage erfolgt über ein zweistufiges Verfahren: 1. Antrag auf Bescheinigung nach § 6 FZulG, 2. Antrag auf Forschungszulage.
Der Antrag auf Forschungszulage ist bei dem für die Besteuerung des Anspruchsberechtigten nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle zu stellen. Voraussetzung für den Antrag ist die Bescheinigung nach § 6 FZulG, aus der die begünstigten FuE-Vorhaben ersichtlich sind. Im Antrag auf Forschungszulage sind die begünstigen FuE-Vorhaben, für die eine Forschungszulage beantragt wird, sowie die förderfähigen Aufwendungen so genau anzugeben, dass eine Überprüfung möglich ist. Die Forschungszulage kann erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die förderfähigen Aufwendungen für begünstigte FuE-Vorhaben entstanden sind, beantragt werden. Der Antrag auf Forschungszulage kann bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (grundsätzlich vier Jahre ab Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die förderfähigen Aufwendungen entstanden sind) gestellt werden.
Zuständige Stelle für den Antrag auf Bescheinigungen nach § 6 FZulG ist die BSFZ. Der Antrag auf Bescheinigung ist über das Web-Portal der BSFZ (www.bescheinigung-forschungszulage.de) elektronisch zu stellen. Für die Beantragung der Bescheinigung sind keine Antragsfristen zu beachten. Die Bescheinigung soll dem Antragsteller durch die BSFZ innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen bekanntgegeben und dem zuständigen Finanzamt übermittelt werden.
Das Finanzamt prüft die Angaben im Antrag auf Forschungszulage und setzt die Forschungszulage, soweit alle Voraussetzungen vorliegen, in einem Bescheid fest (Festsetzungsverfahren).
Die Forschungszulage wird nicht unmittelbar nach der Festsetzung ausgezahlt, sondern bei der dem Forschungszulagenbescheid zeitlich nachfolgenden erstmaligen Festsetzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer vollständig auf die festgesetzte Steuer angerechnet (Anrechnungsverfahren).
Dritter Teil – Ertragsteuerliche Behandlung der Forschungszulage
Die Anrechnung der Forschungszulage auf die entstandene Körperschaftsteuer mindert die auszuweisende Körperschaftsteuer-Rückstellung oder führt zu einem als Forderung zu aktivierenden Körperschaftsteuer-Erstattungsanspruch. Die damit einhergehende bilanzielle Ertragsauswirkung ist außerbilanziell zu korrigieren.
Vierter Teil – Beihilferechtliche Vorgaben im FZulG
Im vierten Teil sind Ausführungen zur allgemeinen Gruppenfreistellungs- und zur De-minimis-Verordnung enthalten.
Die Forschungszulage ist eine Beihilfe i.S.d. Artikels 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (vgl. ABl. EG Nr. C 115 vom 09.05.2008, S. 47). Gemäß der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gilt diese nicht für Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten. Daher darf eine Forschungszulage nach dem FZulG grundsätzlich nicht für ein Unternehmen gewährt werden, welches nach der beihilferechtlichen Definition ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist.
Anwendung
Das Schreiben ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Betroffene Normen
FZulG
Fundstellen
BMF, Schreiben vom 11.11.2021, IV C 3 -S 2020/20/10029 :007
BMF, Muster eines „Stundenzettels“
Anmerkung
FAQ zum FZulG wurden vorerst offline gestellt. Die in den FAQ enthaltenen Informationen zum FZulG werden durch das BMF-Schreiben vom 11.11.2021 aktuell und ausführlicher beantwortet. Eine Fortführung wird zu gegebener Zeit erfolgen, weitere Erläuterungen enthalten und neue Informationen bekannt machen.