BMF: Steuerabzug nach § 50a EStG bei Softwareauftragsentwicklung
Das BMF-Schreiben vom 02.08.2022 nimmt zum Steuerabzug nach § 50a EStG bei Softwareauftragsentwicklung unter Berücksichtigung der zum 07.06.2021 in Kraft getretenen Änderungen des Urhebergesetzes Stellung. Insbesondere wird ein wirtschaftlicher Rechtekauf (keine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a EStG) von einer befristeten Nutzungsüberlassung (verbunden mit der Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a EStG) abgegrenzt.
Hintergrund
Überlässt ein im Ausland ansässiger Anbieter Nutzungs- und Verwertungsrechte an einer entwickelten Software einem im Inland ansässigen Auftraggeber, kann beim inländischen zahlenden Unternehmen eine Quellensteuerabzugspflicht nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG begründet werden.
Das BMF-Schreiben vom 02.08.2022 nimmt zum Steuerabzug nach § 50a EStG bei Softwareauftragsentwicklung unter Berücksichtigung der zum 07.06.2021 in Kraft getretenen Änderungen des Urhebergesetzes Stellung.
Verwaltungsanweisung
Im Folgenden geben wir einen Überblick über das BMF-Schreiben vom 02.08.2022:
Anwendung
Das BMF-Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden, bei denen der Abschluss eines Vertrages zur Softwareauftragsentwicklung nach dem 06.06.2021 stattgefunden hat, und auf Sachverhalte, die nach diesem Datum entstehen.
Aus Vereinfachungsgründen ist dieses Schreiben ferner auf alle Zahlungen anzuwenden, die nach dem 06.06.2021 zufließen.
Die im BMF-Schreiben vom 27.10.2017 (BStBl. I 2017, S. 1448) dargelegten Grundsätze zur beschränkten Steuerpflicht werden nicht berührt.
Typische Sachverhaltsgestaltungen
- Softwareauftragsentwicklung im Rahmen eines Dienstvertrages,
- Softwareauftragsentwicklung im Rahmen eines Werkvertrages mit Einräumung umfassender, exklusiver, zeitlich und räumlich unbeschränkter sowie unwiderruflicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software,
- Erwerb einer Software von einem im Ausland ansässigen Vertragspartner mit umfassenden, exklusiven, zeitlich und räumlich unbeschränkten sowie unwiderruflichen Nutzungs- und Verwertungsrechten an der Software.
Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG (Grundsätze)
Bei Verträgen über die Entwicklung von Software, auf die deutsches Recht Anwendung findet, kann je nach Gestaltung des Vertrages und dessen tatsächlicher Umsetzung eine Pflicht zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG bestehen. Anwendungsvoraussetzung für § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG ist, dass beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6 oder 9 EStG vorliegen (vgl. zum Vorliegen inländischer Einkünfte bei Software: BMF-Schreiben vom 27.10.2017, BStBl. I 2017, S. 1448).
§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst nur Einkünfte im Zusammenhang mit Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten. Ein Nutzungsrecht wird dann nicht „überlassen“, wenn es veräußert wird (vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010, BStBl. I 2010, S. 1350).
Die Übertragung des Urheberrechts vom Schöpfer des Werks ist ausgeschlossen (vgl. § 29 Abs. 1 UrhG). Damit sind unter deutschem Recht ein Kauf der Urheberrechte und eine daraus folgende endgültige Nutzungsüberlassung weiterhin rechtlich ausgeschlossen.
Wirtschaftlicher Rechtekauf und dessen Abgrenzung von einer befristeten Nutzungsüberlassung
Nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 69a UrhG ist ein endgültiger wirtschaftlicher Übergang des Urheberrechts in Form eines sogenannten wirtschaftlichen Rechtekaufs (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) grundsätzlich möglich. Denn es besteht – abhängig von der jeweiligen (Vertrags-)Gestaltung im Einzelfall – die Möglichkeit, dass der Urheber für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Fruchtziehung vollständig ausgeschlossen ist und deshalb keine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG besteht.
Ein wirtschaftlicher Rechtekauf ist von einer befristeten Nutzungsüberlassung verbunden mit der Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG wie folgt abzugrenzen:
Ein wirtschaftlicher Rechtekauf kommt mit Blick auf Urheberrechte nur in Betracht, wenn der Vertrag die Einräumung umfassender, exklusiver und zeitlich unbeschränkter sowie unwiderruflicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software vorsieht. Die Voraussetzungen müssen in der Regel kumulativ vorliegen. Soweit und solange beim Urheber oder bei anderen (ausländischen) Personen und Gesellschaften aufgrund des geschlossenen Vertrages Rechte verbleiben, die sich aus dem Urheberrecht ergeben und die über einen eigenen wirtschaftlichen Wert verfügen, ist ein wirtschaftlicher Rechtekauf regelmäßig ausgeschlossen.
Das BMF-Schreiben erläutert die Abgrenzung eines wirtschaftlichen Rechtekaufs von einer befristeten Nutzungsüberlassung durch eine Liste mit Beispielen. Darüber hinaus geht das BMF-Schreiben noch auf die erforderliche tatsächliche Umsetzung der Verträge, die Softwareentwicklung durch Mitarbeiter im Ausland, mehrstufige Vertragsverhältnisse und gemischte Verträge ein.
Höhe des Steuereinbehalts
Soweit eine Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG besteht, unterliegt dem Steuerabzug grundsätzlich der volle Betrag der Einnahmen, es sei denn, es ist eine Aufteilung vorzunehmen. Betriebsausgaben oder Werbungskosten des Vergütungsgläubigers können nur von den Einnahmen abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 17.06.2014 (BStBl. I 2014, S. 887) erfüllt sind (vgl. BMF-Schreiben vom 27.10.2017, BStBl. I 2017, S. 1448, Tz. I. 2.).
Freistellung und Entlastung
Bei Bestehen einer Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, gelten für die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen und die Entlastung vom Steuerabzug die allgemeinen Grundsätze.
Betroffene Norm
§ 50a EStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 02.08.2022, IV B 8 - S 2303/19/10004 :001
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 27.10.2017, siehe Deloitte Tax News
BMF, Schreiben vom 25.11.2010, BStBl. I 2010, S. 1350
BMF, Schreiben vom 17.06.2014, BStBl. I 2014, S. 887
