BMF: Variable Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter (Organschaft)
Das BMF nimmt mit Schreiben vom 04.03.2020 zu Anwendungsfragen des § 14 Abs. 2 KStG Stellung.
Hintergrund
Mit Urteil vom 10.05.2017 (I R 93/15, siehe Deloitte Tax-News) hat der BFH entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass die Vereinbarung von variablen Ausgleichszahlungen eines beherrschenden Unternehmens an einen außenstehenden Gesellschafter der Anerkennung einer steuerlichen Organschaft entgegensteht, wenn sich die Ausgleichszahlungen im Ergebnis an dem Gewinn der beherrschten Gesellschaft bemessen. Daraufhin wurde mit dem Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsgesetz vom 11.12.2018 (siehe Deloitte Tax-News) in § 14 Abs. 2 KStG geregelt, unter welchen Voraussetzungen neben dem festen Betrag nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zusätzlich vereinbarte und geleistete (variable) Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter der Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht entgegenstehen.
Gesetzliche Regelung
Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 KStG ist eine Organschaft anzuerkennen, wenn die Ausgleichszahlungen insgesamt den dem Anteil am gezeichneten Kapital entsprechenden Gewinnanteil des Wirtschaftsjahres nicht überschreiten, der ohne Gewinnabführungsvertrag hätte geleistet werden können (sog. „fiktiver Gewinnanteil“). Der über den Mindestbetrag nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG hinausgehende Betrag muss nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sein (sog. „Kaufmannstest“). Die Regelung gilt grundsätzlich für alle offenen Fälle. Eine Übergangsregelung für Altfälle findet sich in § 34 Abs. 6b S. 2 KStG.
Verwaltungsanweisung
Mit Schreiben vom 04.03.2020 nimmt das BMF zu Anwendungsfragen zu § 14 Abs. 2 KStG Stellung.
Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 KStG
- Für die Anwendung des § 14 Abs. 2 KStG ist es unerheblich, ob die Ausgleichszahlungen von der Organgesellschaft oder dem Organträger geleistet werden.
- Der Anwendungsbereich ist nur eröffnet, wenn Ausgleichszahlungen vereinbart und geleistet werden.
- In Fällen, in denen neben dem aktienrechtlichen Mindestbetrag i.S. des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG weitere, gewinnabhängige Ausgleichszahlungen zwar vereinbart sind, die variablen Betragskomponenten aber z.B. wegen eines negativen Ergebnisses der Organgesellschaft in einem konkreten Wirtschaftsjahr tatsächlich nicht geleistet werden, kommt § 14 Abs. 2 S. 1 KStG für dieses Wirtschaftsjahr nicht zur Anwendung.
- Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 KStG ist eröffnet, wenn die Vereinbarung zu Ausgleichszahlungen keine Festbetragskomponente i.S. des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG enthält, sondern die Ausgleichszahlungen nach dem Gewinn des Organträgers bemessen werden (variable Ausgleichszahlung i.S. des § 304 Abs. 2 S. 2 AktG). Der mindestens zugesicherte Betrag i.S. des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG beläuft sich in diesem Fall auf null. Somit geht der Gesamtbetrag der Ausgleichszahlungen über diesen Betrag hinaus und unterliegt in voller Höhe der betragsmäßigen Begrenzung nach § 14 Abs. 2 S. 2 KStG.
Höchstbetrag der Ausgleichszahlungen i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 KStG
- Für die Prüfung der Begrenzung der steuerlich anzuerkennenden Ausgleichszahlungen ist als Bezugsgröße für den fiktiven Gewinnanteil eines außenstehenden Gesellschafters i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 KStG stets auf den Gesamtgewinn der Organgesellschaft abzustellen.
- Folglich beeinflussen disquotale Gewinnverteilungsabreden und Ausgleichszahlungen, die an dem Ergebnis bestimmter Bereiche der Organgesellschaft bemessen werden (Spartengewinne, sog. Tracking-stock-Strukturen) nicht den Höchstbetrag i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 KSG.
- Maßgebend für die Ermittlung des Höchstbetrages nach § 14 Abs. 2 S. 2 KStG ist der Betrag, der in dem Wirtschaftsjahr ohne Bestehen des Gewinnabführungsvertrages an den außenstehenden Gesellschafter hätte geleistet werden können (Stand-alone Betrachtung). Das BMF-Schreiben enthält ein Ermittlungsschema.
- Die Ermittlung des Höchstbetrages ist für jedes Wirtschaftsjahr gesondert vorzunehmen.
„Kaufmannstest“ i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 3 KStG
- Rein steuerlich motivierte variable Ausgleichszahlungen, bei denen es an einer sachlichen Begründung fehlt, sind schädlich für die steuerliche Anerkennung der Organschaft.
- Sofern Organträger und Minderheitsgesellschafter nicht in einem Näheverhältnis zueinanderstehen, wird der Kaufmannstest regelmäßig einer steuerlichen Anerkennung der Organschaft nicht entgegenstehen.
Rechtsfolgen
- Wenn die an außenstehende Gesellschafter insgesamt geleisteten Ausgleichszahlungen den nach § 14 Abs. 2 KStG zulässigen Höchstbetrag nicht übersteigen, gilt der ganze Gewinn als abgeführt. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (§§ 14 ff KStG) ist die Organschaft für diesen Veranlagungszeitraum anzuerkennen.
- Sofern die an den außenstehenden Gesellschafter insgesamt geleisteten Ausgleichszahlungen den nach § 14 Abs. 2 KStG zulässigen Höchstbetrag übersteigen, steht dies der steuerlichen Anerkennung der Organschaft entgegen.
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 04.03.2020, IV C 2 -S 2770/19/10003 :002
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 10.05.2017, I R 93/15, BStBl II 2019, S. 278, siehe Deloitte Tax-News