BMF: (Weiter-)Anwendung des Sanierungserlasses
Das BMF hat sich mit Schreiben vom 27.04.2017 zur weiteren Anwendung des bisherigen Sanierungserlasses geäußert. Der Sanierungserlass wird auf Forderungsverzichte, die bis einschließlich am 08.02.2017 vollzogen wurden, weiterhin angewandt. Ist eine verbindliche Auskunft erteilt worden, bleibt diese auch bindend, wenn der Forderungsverzicht nach dem 08.02.2017, aber vor der Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme einer verbindlichen Auskunft vollzogen wurde.
Hintergrund
Der Große Senat des BFH hat mit am 08.02.2017 veröffentlichten Beschluss vom 28.11.2016 entschieden, dass der im sog. Sanierungserlass des BMF (BMF v. 27.03.2003, ergänzt durch BMF v. 22.12.2009) vorgesehene Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Im vom Bundestag am 27.04.2017 verabschiedeten Anti-Lizenzbox-Gesetz ist eine gesetzliche Regelung zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen enthalten (siehe Deloitte Tax-News). Die Zustimmung des Bundesrats zu diesem Gesetz steht noch aus.
Das BMF hat nun in seinem Schreiben vom 27.04.2017 zu den Folgen der o.g. Entscheidung des Großen Senats des BFH, insbesondere für bereits durchgeführte Sanierungsmaßnahmen und erteilte verbindliche Auskünfte oder verbindliche Zusagen zu Sanierungsmaßnahmen Stellung genommen.
Verwaltungsanweisung
Das BMF unterscheidet zwischen Sanierungsmaßnahmen und verbindlichen Auskünften oder verbindlichen Zusagen, die bis zur Veröffentlichung der o.g. Entscheidung des Großen Senats des BFH am 08.02.2017 und solchen, die erst nach dem 08.02.2017 erfolgt sind bzw. erteilt wurden.
In den Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis einschließlich zum 08.02.2017 endgültig vollzogen wurde, ist der (o.g.) Sanierungserlass weiterhin uneingeschränkt anzuwenden.
Auch in den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage erteilt wurde und der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger nach dem 08.02.2017, aber vor der Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme einer verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage vollzogen wurde, ist die erteilte verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage weiterhin bindend.
In allen übrigen Fällen sind Billigkeitsmaßnahmen und die Erteilung verbindlicher Auskünfte in Sanierungsfällen nur noch unter Widerrufsvorbehalt vorzunehmen und zu widerrufen, wenn eine gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungserträgen in Kraft tritt oder bis zum 31.12.2018 nicht in Kraft getreten ist.
Die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen aus besonderen, außerhalb des (o.g.) Sanierungserlasses liegenden sachlichen oder persönlichen Gründen des Einzelfalls bleibt unberührt.
Betroffene Normen
§§ 89 Abs. 2, 130 Abs. 2 Nr. 4, 163, 204, 222, 227 AO
Anmerkung
Unzulässigkeit der Vertrauensschutzregelung zum Sanierungserlass
Soweit das BMF-Schreiben vom 27.04.201767 in Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis einschließlich 08.02.2017 vollzogen wurde, generell Vertrauensschutz durch weitere Anwendung des Sanierungserlasses gewährt, verstößt es nach Meinung des BFH gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und kann nicht als Grundlage für Billigkeitsmaßnahmen herangezogen werden (BFH, Urteile vom 23.08.2017, I R 52/14 und X R 38/15, siehe Kurzdarstellung Intranet). Mit Schreiben vom 29.03.2018 ordnet das BMF nun an, dass die BFH-Urteile vom 23.08.2017 nicht allgemein anzuwenden seien. Nach Anweisung des BMF ist der Sanierungserlass für Schulderlasse bis (einschließlich) zum 08.02.2017 aus Vertrauensschutzgründen entsprechend dem BMF-Schreiben 27.04.2017 weiterhin anzuwenden.
Anwendung der gesetzlichen Neuregelung
Die im vom Bundestag am 27.04.2017 verabschiedeten Anti-Lizenzbox-Gesetz enthaltene Regelung zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden (vgl. § 52 Abs. 4a S. 1 EStG-E). Ausnahmsweise sollen Schuldenerlasse nach dem 08.02.2017 nicht unter die Neuregelung fallen, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes zu gewähren sind (vgl. § 52 Abs. 4a S. 2 EStG-E). Für das Inkrafttreten wird der Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission aufgenommen (Notifizierungspflicht).
Fundstellen
BMF, Schreiben vom 27.04.2017
BMF, Schreiben vom 29.03.2018, Nichtanwendung der BFH-Urteile vom 23.08.2017, I R 52/14 und X R 38/15, siehe Deloitte Tax-News
Weitere Fundstellen
Großer Senat des BFH, Beschluss vom 28.11.2016, GrS 1/15, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 27.03.2003, BStBl. I 2003, S. 240
BMF, Schreiben vom 22.12.2009, BStBl. I 2010, S. 18