Bundesregierung zum Stand der Abzugsteuerentlastungsverfahren
Hintergrund
Aktuell verzögert sich die Ausstellung von Bescheinigungen über die Freistellung von deutscher Abzugsteuer auf Kapitalerträge nach § 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG und § 43b EStG durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erheblich. Ohne die rechtzeitige Ausstellung der Bescheinigung durch das BZSt müssen auszahlende Stellen zunächst Kapitalertragsteuer abführen, nur um sie anschließend im sog. Abzugsteuerentlastungsverfahren nach § 50c Abs. 3 EStG erstatten zu lassen.
Antworten der Bundesregierung
Zu dieser Problematik hat die Bundesregierung aufgrund einer Anfrage der Fraktion der CDU/CSU einige Hinweise gegeben:
- Im statistischen Durchschnitt dauern die Freistellungsverfahren beim BZSt 480 Tage und die Erstattungsverfahren 615 Tage.
- Zwischen 81.000 und 91.000 Anträge auf Freistellungsbescheinigung und auf Kapitalertragsteuererstattung warten noch auf Bearbeitung beim BZSt.
- Derzeit sind 2.666 Freistellungsbescheinigungen beantragt.
- In den Jahren 2020 bis 2023 wurden zwischen 19.448 und 35.411 (2023) Kapitalertragsteuer-Erstattungsanträge jährlich gestellt.
- Da Erstattungs- und Freistellungsverfahren aktuell noch von zwei verschiedenen, nicht miteinander verbundenen IT-Verfahren prozessiert werden, sind Freistellungs- und Erstattungsdaten nicht miteinander verknüpft, so dass keine Aussage darüber getroffen werden kann, in wie vielen Fällen die Kapitalertragsteuer im Wege des Abzugssteuerentlastungsverfahrens erstattet werden musste, obwohl der betroffene Steuerpflichtige fristgerecht eine Freistellungsbescheinigung beantragt hatte.
- Im BZSt sind derzeit 232,2 Stellen unbesetzt, davon werden voraussichtlich 96 Stellen bis Herbst 2024 personalisiert.
- Im Aufgabenbereich der Bearbeitung von Erstattungs- und Freistellungsanträgen ist im BZSt eine personelle Überbesetzung (113,1 Prozent nach Vollzeitäquivalenten) zu verzeichnen. In diesem Jahr soll eine größere Personenzahl in diesem Bereich zur Unterstützung eingesetzt werden, um dem gestiegenen Arbeitsanfall entgegenzuwirken und die aufgelaufenen Bearbeitungsrückstände mittelfristig abbauen zu können.
- Effiziente Quellensteuerentlastungsverfahren machen Investitionen für Anleger in Deutschland attraktiv. Überlange Verfahrensdauern können zu Liquiditätsengpässen bei den Anlegern führen.
Hinweise
Eine Ursache für die auftretenden Verzögerungen liegt in der Neufassung der Anti-Treaty-Shopping Regelung des § 50d Abs. 3 EStG zur Jahresmitte 2021. Dies sieht man auch daran, dass die Ablehnungsquote bei Freistellungs- und Erstattungsanträgen von jeweils ca. 8% im Jahr 2021 auf ca. 30% (Freistellungsanträge 2022) bzw. ca. 20% in den Jahren 2022 und 2023 gestiegen ist.
Derzeit liegt die Anzahl der bearbeiteten Anträge auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung knapp oberhalb der Anzahl der neu gestellten Anträge, sodass der Rückstau unbearbeiteter Anträge langsam abgebaut werden sollte. Bei Erstattungsanträgen ist allerdings noch lange keine Verbesserung in Sicht: hier liegt die Anzahl der in 2023 bearbeiteten Anträge deutlich unter der Anzahl der gestellten Anträge, sodass der Rückstau unbearbeiteter Anträge noch deutlich zugenommen hat.
Es ist vor diesem Hintergrund dringend zu empfehlen, rechtzeitig und vorsorglich Freistellungsanträge zu stellen und dabei auf Vollständigkeit des Antrags, inklusive einer umfangreichen und aussagekräftigen Begründung zur Entlastungsberechtigung unter Berücksichtigung des § 50d Abs. 3 EStG, zu achten.