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23.09.2016
Unternehmensteuer

Erstes BEPS-Umsetzungsgesetz: Bundesrat nimmt Stellung

Aktuell:

In seiner am 23.09.2016 verabschiedeten Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen hat der Bundesrat eine Vielzahl von Änderungen zum Regierungsentwurf empfohlen. Die vorgeschlagenen Änderungen gehen weit über den Regelungsinhalt des Entwurfs hinaus und betreffen Themen wie die Beschränkung des Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug oder die Überarbeitung des § 50i EStG.

Hintergrund

Das Bundeskabinett hat am 13.07.2016 den Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen“ verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News). Damit wurde der Startschuss für die parlamentarischen Beratungen eines Gesetzes zur nationalen Umsetzung des Country-by-Country-Reportings (BEPS-Aktionsplan) gegeben. Der Regierungsentwurf enthält neben der Umsetzung eines Teils des BEPS-Aktionsplans einige Gesetzesänderungen, mit denen auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung reagiert wird.

Am 22.09.2016 fand die erste Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag statt. Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen.

Der Bundesrat hat im Rahmen seiner Sitzung am 23.09.2016 seine Stellungnahme zum Regierungsentwurf verabschiedet.

Stellungnahme Bundesrat

Einschränkung des Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug - Einführung eines § 4i EStG
Mit dem Ziel der Verhinderung eines doppelten Betriebsausgabenabzugs im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer Personengesellschaft in Deutschland und einem anderen Staat wird die Einführung eines § 4i EStG vorgeschlagen. Der doppelte Betriebsausgabenabzug kommt zustande, wenn die Gesellschafter Aufwendungen im Inland als Sonderbetriebsausgaben der Gesellschaft geltend machen und im Ausland (Rechtsinstitut des Sondervertriebsvermögens nichtbekannt), dieselben Aufwendungen als eigene Betriebsausgaben abziehen. Der vorgeschlagene § 4i EStG soll regeln, dass Aufwendungen eines Mitunternehmers nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Dies soll nicht gelten, soweit die Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in dem anderen Staat. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit dem Projekt „BEPS“ der OECD/G20 zur Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen. Die Aktionspunkte 2 und 6 (siehe Deloitte Tax-News) befassen sich mit hybriden Gestaltungen und den Doppelabzug von „hybriden Zahlungen“. Ob diese die Problematik deutscher Personengesellschaften abdecke, sei nach der Auffassung des Bundesrates fraglich, weshalb die Lösung der Problematik als Sofortmaßnahme, unabhängig von der Umsetzung der OECD-Empfehlungen, erfolgen müsse.

Bereinigung überschießender Wirkungen des § 50i EStG
Nach Ansicht des Bundesrates entfaltet § 50i Abs. 2 EStG in der derzeitigen Ausgestaltung (siehe Deloitte Tax-News) gemessen am Sinn und Zweck der Regelung überschießende Wirkung. Diese Auffassung wird auch vom BMF geteilt, das mit Schreiben vom 21.12.2015 (siehe Deloitte Tax-News) diesem dadurch Rechnung trägt, dass die Vorschrift aus Gründen sachlicher Unbilligkeit unter näher bezeichneten Voraussetzungen nicht angewandt wird. Im Rahmen der vorgeschlagenen gesetzlichen Änderung soll die Anwendung des § 50i Abs. 1 EStG auf diejenigen Fälle zurückgenommen werden, in denen der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland vor dem 01. 01. 2017 eingetreten ist. Für spätere Vorgänge sollen die allgemeinen Regelungen des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG gelten. Hierdurch soll die eigentliche Zielsetzung, Steuergestaltungsstrategien über § 20 UmwStG zur Umgehung des Tatbestandes des § 50i Abs. 1 EStG zu verhindern, durchgesetzt werden. Der Ansatz des gemeinen Werts bezieht nach der vorgeschlagenen Änderung des Abs. 2 zudem, anders als nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut, nicht auf die "Sachgesamtheit", sondern nur auf die betroffenen Wirtschaftsgüter und Anteile im Sinne des Abs. 1.

Die Neuregelung des § 50i Abs. 2 EStG soll rückwirkend für alle Einbringungen gelten, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2013 geschlossen worden ist.

Konkretisierung der beruflichen Tätigkeit bei der Ausnahme von der Abgeltungsteuer (§32 d Abs. 2 S. 1 Nr. 3b EStG)
Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers zur Regelung des §32 d Abs. 2 S. 1 Nr. 3b EStG (Option zur tariflichen Besteuerung) sei, dass die Ausnahme vom Abgeltungsteuersatz nur bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften Anwendung findet, die mit einem unternehmerischen Interesse verbunden ist. Der BFH hat hingegen mit seinem Urteil vom 25. 08.2015 (VIII R 3/14) entschieden, dass sich aus dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 3b EStG weder qualitative noch quantitative Anforderungen an die berufliche Tätigkeit des Anteilseigners für die Kapitalgesellschaft ergeben, weshalb die Notwendigkeit eines maßgeblichen Einflusses auf die Kapitalgesellschaft aus dem Gesetz nicht gegeben sei. Mit der Neuregelung und Konkretisierung der beruflichen Tätigkeit als eine solche, die maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Kapitalgesellschaft nehmen kann, soll der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers nun im Wortlaut der Regelung verankert werden.

Konkretisierung der Kapitaleinkünfte für beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG)
In Anlehnung an Artikel 13 Abs. 4 OECD-MA sollen Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Körperschaften aufgrund der vorgeschlagenen Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. d EStG künftig ungeachtet der Beteiligungshöhe der beschränkten Steuerpflicht in Form des Kapitalertragsteuerabzugs unterliegen.

Abfindungen gelten als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt (§ 50d Abs. 12 EStG)
Nach der Rechtsprechung des BFH (I R 79/13, siehe Deloitte Tax-News) steht eine dem Artikel 15 OECD-MA entsprechende DBA-Regelung für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit einer deutschen Besteuerung von Abfindungen, die aufgrund der Beendigung eines in Deutschland ausgeübten Dienstverhältnisses an Personen gezahlt werden, welche bei der Auszahlung in einem anderen Staat ansässig sind, entgegen. Der BFH sieht die Abfindung nicht als Entgelt für früher geleistete Arbeit an. Diese Rechtsprechung hätte nach Ansicht des Bundesrates auf Dauer zu Folge, dass Deutschland sein Besteuerungssubstrat verliere und in vielen Fällen eine vollständige Nichtbesteuerung der betreffenden Einkünfte stattfinde, weil der andere Staat sich aufgrund eines DBA an einer Besteuerung gehindert sieht. Durch die Anfügung des § 50d Absatz 12 EStG soll für die Abfindungen, die anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlt werden, eine generelle Besteuerung des früheren Tätigkeitsstaates geregelt werden. Wenn ein DBA allerdings ausdrücklich eine abweichende Regelung trifft, soll diese anwendbar bleiben, was durch Satz 2 der Vorschrift zum Ausdruck gebracht wird.

Prüfbitten zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes

§§ 7 und 9 GewStG
Die Zielgenauigkeit der im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen hinsichtlich der Anwendung des § 7 Satz 8 GewStG-RegE und des § 9 Nr. 2 u. 3 GewStG-RegE soll überprüft werden. Der Bundesrat sieht hier die Gefahr, dass durch die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen einkommensteuerlichen, gewerbesteuerlichen und außensteuerlichen Vorschriften weiterhin Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind.

§7a GewStG
Es soll geprüft werden, ob die vorgesehene Neuregelung des § 7a GewStG-RegE nicht einfacher gestaltet und praxisgerechter gestaltet werden kann. In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, ob die Verhältnisse beim Organträger nicht bereits unmittelbar bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft berücksichtigt werden können und somit auf einfacherem Weg das gleiche Ergebnis erzielt werden kann.

Weiterhin soll geprüft werden, ob § 7a GewStG so geändert werden kann, dass das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG auch bei Dividenden aus gewerbesteuerlichen Streubesitzanteilen sowie bei Veräußerungsgewinnen und – verlusten auf Ebene der Organgesellschaft anzuwenden sei.

§ 8 Nummer 12 GewStG
Es wird die Prüfung der Ergänzung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr 12 GewStG dahingehend angeregt, dass die Hinzurechnung auch für solche Fälle auszuschließen ist, in denen die ausländischen Steuern auf Gewinne oder Gewinnanteile entfallen, die im Gewerbeertrag der Organgesellschaft enthalten sind.

§ 36 Abs. 2b GewStG
Nach §36 Absatz 2b GewStG-RegE ist § 7a GewStG-RegE erstmals auf Gewinne aus Anteilen im Sinn des § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 zufließen. Gewinne und Anteile, die vor dem 01.01.2017 zufließen fallen unter die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung vom 17.12.2014 (siehe Deloitte Tax-News), was sich in bestimmten Fällen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken kann. Es sei zu prüfen, ob diese nachteilige Auswirkung dadurch ausgeschlossen werden könnte, dass dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt wird, § 7a GewStG-RegE auch auf Gewinne aus Anteilen im Sinne des § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG-RegE anzuwenden, die vor dem 01.01.2017 zufließen.

Weitere Themen der Stellungnahme des Bundesrates sind

  • Einführung eines eigenen steuerlichen Prüfungsrechts für die Finanzbehörde (§ 7h Abs. 1 a EStG)
  • Pflicht zur Bescheinigung der Gemeindebehörde über die Höhe der Aufwendungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (§ 7h Abs. 2 S. 1 EStG)
  • Ergänzung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht für den Sonderausgabenabzug (§ 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG)
  • Wiederaufnahme der Regelung § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG zur Schließung der Regelungslücke von Fremdwährungsgeschäften, bei denen die Veräußerung früher als der Erwerb erfolgt.
  • Gestattung des Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen für beschränkt steuerpflichtige Vermögensübernehmer (§ 49 Abs. 1 Nr. 7a, § 50 Abs. 1, § 52 Abs. 4 EStG) 
  • Korrektur der fehlerhaften Anwendungsregelung in § 52 Abs. 45a EStG und der Änderung des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung
  • Behebung eines Fehlers in der Anwendungsregelung des § 49 abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchstabe a EStG (§ 52 Abs. 45a S. 2 EStG) 
  • Änderung der Inhaltsübersicht (KStG) und Streichung des § 21b KStG
  • Redaktionelle Prüfbitte zur Absicherung der Abkommensüberschreibung (Treaty Override) hinsichtlich der Auslegung eines in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgegebenen Fremdvergleichsgrundsatz nach Maßgabe des AStG. (§ 1 Abs. 1 AStG)
  • Clearing- und Abrechnungsverfahren für die Körperschaftsteuerzerlegung durch das Finanzamt (Artikel 11b Zerlegungsgesetz) 
  • Verpflichtung zur Abführung der Kapitalertragsteuer für offene Reserven (Gewinnrücklagen) bei allen grenzüberschreitenden Verschmelzungen (§ 12 Abs. 5 UmwStG), Klarstellung, dass dies auch bei Verschmelzungen auf ausländische Gesellschaften gilt

Weiteres Vorgehen
Die Bundesregierung nimmt nun kurzfristig zur Stellungnahme des Bundesrates in Form der Gegenäußerung Stellung. Daraus lässt sich bereits ersehen, welche Punkte möglicherweise im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen werden.

Fundstelle
Bundesrat, Stellungnahme vom 23.09.2016, BR-Drs. 406/16 (B)

Weitere Fundstellen
Bundesrat, Empfehlungen der Ausschüsse vom 09.09.2016, BR-Drs.406/1/16

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