27.06.2024
Unternehmensteuer
FG Berlin-Brandenburg: Außerbilanzielle Hinzurechnung von Teilwertabschreibungen auf Intercompany Darlehen
Das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG betrifft allein substanzbedingte Gewinnminderungen durch das Darlehen bzw. die Sicherheitsleistungen, nicht aber die laufenden Aufwendungen (Zinsen).
Sachverhalt
- Die Klägerin (Kapitalgesellschaft) gewährte ihrer Schwestergesellschaft mit Verträgen aus Februar, August und Dezember 2012 Darlehen in Höhe von insgesamt rund 125.000 Euro
- Die Darlehen dienten der Umschuldung der Schwestergesellschaft (Ablösung von Bankdarlehen) und wurden durch zwei Forderungsabtretungen (Kundenforderungen der Schwestergesellschaft, davon eine mit Vermerk „Rechtsstreit“) in Höhe von 105.000 Euro (teil-)besichert.
- Nach den Ausführungen der Klägerin geriet die Schwestergesellschaft Ende 2013 in Folge eines gescheiterten Drittkundenprojekts in erhebliche wirtschaftliche Probleme.
- Am 29. November 2013 schlossen die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft eine Rangrücktrittsvereinbarung hinsichtlich der o.g. Darlehensverträge ab. In diesem Zuge verzichtete die Klägerin auch auf die Durchführung der Verzinsung ab dem 01.01.2023.
- Zwischen der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft bestanden Geschäftsbeziehungen. Gemäß den Ausführungen der Klägerin sollte durch die Sanierung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft wieder hergestellt und die gegenseitigen Geschäftsbeziehungen fortgeführt werden.
- Aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarung verbuchte die Klägerin erfolgswirksame Teilwertabschreibungen der Darlehens- und Zinsforderungen.
- Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die Teilwertabschreibungen nach § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG außerbilanziell korrigiert. Hiergegen richtete sich die Klage.
Gesetzliche Grundlage
- Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil stehen, dürfen bei der Ermittlung des Einkommens nicht berücksichtigt werden. Zu den Gewinnminderungen gehören nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war.
Entscheidung
- Das Finanzamt hat die Gewinnminderungen prinzipiell zu Recht gem. § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG korrigiert.
- Insbesondere positionierte sich das FG gegen die (teilweise) in der Literatur vertretene Auffassung (siehe hierzu bspw. Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8b KStG, Tz. 279a1), dass § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG in Konstellationen, bei denen eine natürliche Person Gesellschafterin der beiden Darlehensparteien ist, nicht anwendbar sei.
- Offen gelassen hat das FG, ob und inwieweit es sich bei der Darlehensvergabe (wirtschaftlich) um die Inanspruchnahme von Sicherheiten handelte (Darlehen erfolgten zur Umschuldung von Bankdarlehen, für welche die Klägerin teilweise bürgte), denn den Nachweis, dass auch ein fremder Dritter die Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte, konnte die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts erbringen. Diese Gegenbeweismöglichkeit hätte für die Inanspruchnahme von Sicherheiten nicht bestanden.
- Die Gewinnminderungen aus Zinsforderungen (im Urteilsfall rund 11.000 Euro) sind nach Ansicht des FG nicht von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erfasst und fallen auch nicht unter § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG.
- Die Revision wurde zugelassen, weil es in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist, ob eine Nähebeziehung zu einer natürlichen Person durch § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG erfasst ist und ob die Wirkung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auch Zinsen betrifft.
Betroffene Norm
§ 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG
Streitjahr 2013
Anmerkungen
- Die Revision wurde zwischenzeitlich eingelegt (Az. beim BFH: I R 11/24).
- Die Schlussfolgerung des FG, dass der Fremdvergleich im Urteilsfall nicht erfüllt sei, erscheint nachvollziehbar. Zwar gewährten auch fremde Dritte (insbesondere die Bank in Form weiterer Kontokorrentlinien) der Schwestergesellschaft weiterhin Kredite, jedoch nur gegen zusätzliche Sicherheiten (insbesondere selbstschuldnerische Bürgschaft der Gesellschafter), wohingegen die Klägerin ihre Sicherheitslage verschlechterte (Umschuldung der Schwestergesellschaft zu Gunsten der Bank; Rangrücktritt; Aussetzung der Verzinsung; Teilbesicherung mit zweifelhafter Forderung).
- Anzumerken ist, dass es prinzipiell auch unter fremden Dritten üblich sein kann, Darlehen an ein Unternehmen in der Krise auszureichen bzw. stehen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Darlehensgeber ein Eigeninteresse an der Überwindung der Krise bzw. der Aufrechterhaltung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Schuldners hat und die Darlehen diesen Zwecken erkennbar dienlich sind (bspw. Ausreichung von Darlehen für eine konkrete Investitionsabsicht). Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des FG, wonach der Klägerin weder der Nachweis, dass ein fremder Dritter Umschuldungen ohne effektiven Liquiditätszufluss in die Gesellschaft vorgenommen hätte, noch der Nachweis zur positiven Geschäftsentwicklung der Schwestergesellschaft zum Zeitpunkt der Umschuldung gelungen sei. Im Ergebnis legt das FG die Hürden für ein als fremdüblich anzuerkennendes Darlehen für Zwecke der Umschuldung einer Gesellschaft in der Krise sehr hoch.
- Spannend wird sein, ob sich der BFH im Revisionsverfahren zum Verhältnis von § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung) äußert. Insbesondere in Zusammenhang mit den offenen Rechtsfragen, die für die Zulassung der Revision aus Sicht des FG maßgebend waren, könnten vGA-Grundsätze relevant werden (Gewinnminderung als vGA, wenn § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG Nähebeziehungen zu natürlichen Personen nicht erfasst? Zinsausfall als vGA?).
Fundstelle
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.04.2024, 8 K 8073/22, BFH-anhängig: I R 11/24