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28.03.2012
Unternehmensteuer

Hessisches FG: Keine Dauerüberzahlerbescheinigung gemäß § 44a Abs. 5 S. 4 EStG für Arbitragehändler

In einer Entscheidung des FG Hessen verneint dieses den Anspruch auf Erteilung einer Dauerüberzahlerbescheinigung gemäß § 44a Abs. 5 S. 4 EStG bei Arbitraggeschäften auf Aktien über den Dividendenstichtag.   

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine im Arbitragehandel tätige Gesellschaft. Die Arbitragegeschäfte betrafen vorwiegend Aktien, die überwiegend über den Dividendenstichtag gehalten wurden. Gegenstand des Unternehmens war „die Investition und Verwaltung eigenen Vermögens in eigenem Namen, im eigenen Interesse und auf eigene Rechung. Ausdrücklich nicht erlaubt sind Bankgeschäfte und Finanzdienstleitungen im Sinne von § 1 KWG, Anlagevermittlung i.S.v. § 34 c GewO sowie andere Tätigkeiten, die einer behördlichen Erlaubnis bedürfen.“

Bei der Klägerin kam es regelmäßig zu Steuererstattungen hinsichtlich der auf die Dividenden einbehaltenen Kapitalertragsteuer. Für das Jahr 2009 beantragte die Klägerin eine Bescheinigung gemäß § 44 a Abs. 5 EStG. Das beklagte Finanzamt wies den Antrag unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei der Klägerin um einen Finanzdienstleister i.S.d. § 8 b Abs. 7 KStG handle.

Die Klägerin war der Ansicht, aufgrund der Art ihrer Geschäfte, dem von ihr betriebenen Arbitragehandel, komme es bei ihr zu einer dauerhaften Überzahlersituation, die sie zur Erlangung einer Dauerüberzahlerbescheinigung berechtige. Das Arbitragegeschäft ziele darauf ab, geringfügige Anomalien in der marktseitigen Preisbildung zwischen eigentlich korrespondierenden Finanzinstrumenten auszunutzen (sogenannte Marktineffizienz).

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage des § 44 a Abs. 5 EStG gab die Klägerin zu, dass diese bei Dividendeneinnahmen nicht unmittelbar anwendbar sei. Es handele sich nicht um Kapitalerträge i.S.d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 bis 12 EStG. Zudem werde bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 EStG die Kapitalertragsteuer auf Antrag durch das Bundeszentralamt für Steuern erstattet.

Bei der Arbitrage müssten die vereinnahmten Dividenden- und Kursgewinne bei der Glattstellung des Derivates wieder verausgabt werden. Aufgrund der geringen Marge von 0,1 %- 0,5 % bezogen auf das eingesetzte Kapital würden sich die Dividendeneinnahmen und die abgezogenen Quellensteuern dauerhaft signifikant von den Handelsergebnissen und den darauf zu entrichteten Körperschaftsteuerbeträgen unterscheiden.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Argumentation der Klägerin nicht und wiese die Klage auf Erteilung einer Dauerüberzahlerbescheinigung ab.

Für die Anwendung des § 44a Abs. 5 EStg ist es erforderlich, dass aufgrund der Art der Geschäfte die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf Dauer höher als die festzusetzende Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist. Dieser Kapitalertragsteuer-Überhang muss der ausgeübten Geschäftstätigkeit derart immanent sein, dass ein anders Ergebnis nahezu zwangsläufig ausgeschlossen ist.

Die Voraussetzungen liegen bei Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und Verwertungsgesellschaften vor. Seit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens zählen auch Holdinggesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zu dem begünstigten Personenkreis.

Das Tatbestandsmerkmal „Aufgrund der Art seiner Geschäfte“ ist nach Ansicht des Finanzgerichts immer dann als erfüllt anzusehen, wenn die Überbesteuerungssituation der ausgeübten Geschäftstätigkeit derart wesensimmanent ist, dass ein wirtschaftlich besseres Ergebnis zwangsläufig nicht erzielt werden kann und nicht schon dann erfüllt, wenn die Überzahlung auf der jeweiligen Marktsituation beruht, als beispielsweise auf Gewinnlosigkeit, auf Preisverfall, Konkurs, schlechter Marktlage oder auf individuellen Gegebenheiten und wenn sich hieraus zeitweise keine Einkommen- oder Körperschaftsteuer ergeben sollte. Es reicht auch nicht aus, dass die Überzahlersituation sich aus der Art und Weise ergibt, wie der jeweilige Steuerpflichtige seinen Geschäften konkret nachgeht. Anders als z.B. bei Versicherungsunternehmen verneinte das Finanzgericht diese Wesensimmanenz im Fall des Arbitragehändlers. Es sei jederzeit möglich, das Geschäftsmodell zu ändern.

Das Finanzgericht stützte seine Entscheidung nicht formal auf die Tatsache, dass die Klägerin ein Finanzunternehmen war. Jedoch verlieh des Finanzgericht seiner Auffassung Ausdruck, dass im Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung Gesellschaften i. S. des § 8b Abs. 7 KStG (Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsunternehmen und Finanzunternehmen i. S. des Gesetzes über das Kreditwesen) keinen Anspruch auf die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 44a Abs. 5 EStG haben. Sofern einzelne Beteiligungserträge bzw. Veräußerungsgewinne bei der Holdinggesellschaft im Veranlagungszeitraum 2002 nicht unter die Steuerbefreiungsvorschriften in § 8b Abs. 1 und 2 KStG fallen, ist im Einzelfall zu prüfen, ob dies für die Erteilung der Bescheinigung nach § 44a Abs. 5 EStG schädlich ist oder die Bescheinigung auf Grund der Geringfügigkeit der steuerpflichtigen Erträge ungeachtet dessen ausgestellt werden kann (so schon Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 32 - S-2400 - 79 - Erlass vom 08.10.2001).

Fundstelle

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 09.12.2011, 4 K 2793/09

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