FG Köln: Kein Untergang eines verrechenbaren Verlusts trotz schädlichen Anteilseignerwechsels
- Aktuell: Der BFH schließt sich der Auffassung des FG an. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG findet auf verrechenbare Verlust gemäß § 15a EStG keine Anwendung (siehe Deloitte Tax News).
FG-Urteil:
Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG findet auf lediglich nach § 15a EStG verrechenbare Verluste keine Anwendung (entgegen Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.11.2017, Rz. 2). Verluste einer Personengesellschaft können bei Bestehen eines negativen Kapitalkontos des Kommanditisten überhaupt nicht zu ihm (Kommanditisten-GmbH) „durchdringen“ und stellen somit auf der Ebene dieser Körperschaft keine nutzbaren Verluste dar, die der Abzugsbeschränkung des § 8c KStG unterliegen.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war eine 100%ige Enkelgesellschaft der A-AG. Sie war zudem als Kommanditistin an der B-KG beteiligt. Die B-KG erzielte aus ihrer Geschäftstätigkeit in der Vergangenheit hohe Verluste. Die der GmbH aus ihrer Stellung als Mitunternehmerin der B-KG zuzurechnenden Verlustanteile unterlagen der steuerlichen Abzugsbeschränkung nach § 15a EStG. Aufgrund dessen wurde für die GmbH ein verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt. Im Jahr 2014 kam es auf der Ebene der A-AG zu einem vollständigen Anteilseignerwechsel.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass der schädliche Anteilseignerwechsel auf Ebene der A-AG nach § 8c KStG zu einem Untergang der verrechenbaren Verluste auf Ebene der GmbH geführt hat.
Entscheidung
Das FG kommt entgegen der Ansicht des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass die verrechenbaren Verluste i.S. d. § 15a Abs. 4 EStG auf Ebene der GmbH trotz des Anteilseignerwechsels bei der A-AG nicht untergegangen sind.
Gesetzliche Grundlagen
Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d abgezogen werden. Der sog. verrechenbare Verlust des Kommanditisten ist gemäß § 15a Abs. 4 S. 1 EStG jährlich gesondert festzustellen.
Eine Verrechnung dieses Verlusts darf insoweit nur mit zukünftigen Gewinnen aus der Beteiligung erfolgen (§ 15a Abs. 2 EStG) bzw. bei Liquidation der KG oder Veräußerung des Mitunternehmeranteils aufgelöst werden (vgl. § 15a Abs. 2 EStG).
Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 28.11.2017, Rz. 2)
Die Abzugsbeschränkung gemäß § 8c KStG ist auf alle nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) anwendbar und umfasst insbesondere die Verluste nach § 2a, § 10d (Verlustvor- und -rücktrag, einschließlich der Verlustvorträge einer Organgesellschaft aus vororganschaftlicher Zeit), § 15 Abs. 4, § 15a und § 15b EStG sowie festgestellte verbleibende Verlustvorträge iSd § 10 Abs. 3 S. 5 AStG.
Keine Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG auf Verluste i.S.d. § 15a EStG
Entgegen dieser Auffassung der Finanzverwaltung werden aus Sicht des FG die verrechenbaren Verluste des Kommanditisten einer KG nach § 15a EStG nicht von der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG erfasst. Das FG schließt sich der wohl herrschenden Meinung im Schrifttum an.
§ 15a EStG führe nämlich dazu, dass Verluste bei Bestehen eines negativen Kapitalkontos des Kommanditisten – wie im Streitfall bei der GmbH – gar nicht erst zur Körperschaft durchdringen können und dort noch keine nutzbaren oder nicht nutzbaren Verluste darstellen. § 15a EStG sperre nicht die Verluste der Körperschaft selbst, sondern lasse die Verluste gar nicht erst zu der Körperschaft durchdringen. Wenn diese Verluste aufgrund der Liquidation bzw. der gänzlichen Veräußerung des Mitunternehmeranteils zu der Körperschaft kommen, handele es sich aus Sicht des Anteilseigners um „neue Verluste“, da der Anteilseigner dann die Verluste auch wirtschaftlich trage.
Auch die Tatsache, dass die durch § 15a EStG zunächst nicht zur Körperschaft durchdringenden Verluste nicht zwangsläufig mit negativen Gesamteinkünften i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 1, 2 KStG bei der Körperschaft verbunden sein müssen, spricht laut FG gegen die Anwendbarkeit des § 8c KStG auf § 15a EStG-Verluste.
Keine Ausführungen zur möglichen Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG
Im vorliegenden Fall hat das FG mangels Entscheidungserheblichkeit keine Ausführungen zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 8c S. 2 a.F. (jetzt: § 8c Abs. 1 S. 2 KStG (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2017, 2 K 245/17) getroffen.
Betroffene Normen
§ 15a Abs. 4 EStG, § 8c Abs. 1 KStG a.F.
Streitjahr 2014
Fundstellen
BFH, Urteil vom 24.04.2024, IV R 27/21, siehe Deloitte Tax News
Finanzgericht Köln, Urteil vom 28.10.2021, 1 K 2563/17
Weitere Fundstellen
BMF-Schreiben vom 28.11.2017, IV C 2-S 2745-a/09/10002, BStBl I 2017, S. 1645, siehe Deloitte Tax-News
FG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2017, 2 K 245/17, BVerfG-anhängig: 2 BvL 19/17, EFG 2017, S. 1906, siehe Deloitte Tax-News