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24.06.2021
Unternehmensteuer

FG München: Aufwendungen für die Einführung und Implementierung von Software

Kosten für die Einführung und Implementierung von fremder Software stellen sofort abzugsfähige Aufwendungen dar. Denn wenn die Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht an einer Systemlandschaft" wegen des Bilanzierungsverbots für schwebende Geschäfte nicht aktiviert werden dürfen, gilt dies auch für zugehörige Betriebsbereitschaftskosten bzw. Anschaffungsnebenkosten.

Sachverhalt

Streitig war der Abzug von Aufwendungen für die Einführung und Implementierung von fremder Software als Erhaltungsaufwand oder über die Absetzung für Abnutzung (AfA) verteilt auf die Nutzungsdauer.

Bei der Klägerin, einer GmbH & Co. KG wurde ab 2012 eine individualisierte SAP-Standard-Software eingesetzt, die von der Y-Gruppe für ihre Zwecke entwickelt worden war. Neben laufenden Lizenzgebühren fielen vierteljährliche Lizenzzahlungen für die von Y übernommenen Projekte an. Der zwischen der Kommanditistin der GmbH & Co. KG und der Y-GmbH abgeschlossene Rahmenkooperationsvertrag (RKV) sowie die für die Projektarbeiten abgeschlossenen Unterverträge regelten die Kosten der Einführung des Systems mit dem Ziel der Adaption der Prozesse bei der GmbH & Co. KG auf die bestehende Systemlandschaft der Y-Gruppe. Die Arbeiten umfassten hauptsächlich die Implementierung.

Während die GmbH & Co. KG die Kosten für die Implementierung der Software als Betriebsausgaben ansetzte, war das Finanzamt der Auffassung, dass Anschaffungskosten zu aktivieren seien.

Entscheidung

Das FG München hat die Aktivierung der Kosten für die Einführung und Implementierung der Software verneint und sieht darin sofort abziehbare Aufwendungen.

Entgeltlich erworbene Nutzungsrechte an der Y-Systemlandschaft

Im Streitfall hat die GmbH & Co. KG ein Wirtschaftsgut nicht selbst hergestellt, so dass die Aufwendungen nicht aufgrund des Aktivierungsverbots des § 5 Abs. 2 EStG sofort abzuziehen sind. Vielmehr handelt es sich um die Anschaffung des Nutzungsrechts an einer von der Y-Gruppe individualisierten Software, im Einzelnen von Nutzungsrechten an der IT-Infrastruktur, IT-Prozessen und zum Teil an eigenerstellter Software (Lizenzen) und fremdhergestellter Software (Unterlizenzen) von der Y-Gruppe.

Das der GmbH & Co. KG eingeräumte „Nutzungsrecht an der Y-Systemlandschaft“ stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar. Die der GmbH & Co. KG eingeräumte Möglichkeit, die Y-Systemlandschaft zu eigener betrieblicher Verwendung zu nutzen, begründet einen Vorteil für den Betrieb, der einer besonderen Bewertung zugänglich ist und auch mit dem Betrieb übertragen werden kann. Ihrer Qualifikation als immaterielles Wirtschaftsgut steht nicht entgegen, dass dieser Nutzungsvorteil nicht auf dinglicher, sondern lediglich schuldrechtlicher (obligatorischer) Grundlage besteht. 

Dieses immaterielle Wirtschaftsgut in Form des Nutzungsvorteils hat – wie § 248 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 2 EStG für dessen Aktivierbarkeit übereinstimmend voraussetzen – die GmbH & Co. KG entgeltlich erworben, nämlich gegen Leistung laufender Nutzungsentgelte sowie gegen Zahlung bestimmter Einmalvergütungen für Implementierung und Hardware.

Schwebendes Geschäft durch laufende Nutzungsentgelte

Der Aktivierung des Nutzungsrechts bei der GmbH & Co. KG stehen aber aus Sicht des FG die laufenden Nutzungsentgelte aus dem RKV sowie den quartalsweisen Rechnungen der übernommenen Projekte entgegen. Denn diese unterliegen den Grundsätzen zur Bilanzierung schwebender Geschäfte, die während der Laufzeit eines gegenseitigen Rechtsverhältnisses den Ausweis von Forderungen und Verbindlichkeiten verbieten. Im vorliegenden Streitfall bestand insoweit ein wiederkehrender Leistungsaustausch im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (vgl. BFH-Urteil vom 14.03.2006 I R 109/04).

Keine Aktivierung der Implementierungskosten

Nach dem FG gehören die Aufwendungen für Implementierungsleistungen als Betriebsbereitschaftskosten zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts „Nutzungsrecht an der Y-Systemlandschaft“ nach § 255 Abs. 1 S. 1 HGB und stellen kein von dem angeschafften Nutzungsrecht zu unterscheidendes, eigenständiges Wirtschaftsgut dar. Demzufolge können sie wie die Anschaffungs-(haupt-)kosten nicht aktiviert werden.

Es fehle bei der Implementierung an einer selbständigen Bewertbarkeit, da der Wert vom Bestand des Nutzungsrechts an der Software abhängt. Ohne das Nutzungsrecht sei die Implementierung wertlos. Weiter stehe die Implementierung in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Nutzungsrecht an der Y-Systemlandschaft (zu den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Mietereinbauten vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1975 I R 32/73; BFH-Urteil vom 28.07.1993, I R 88/92).

Ansatz der Nebenkosten bei einem schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis

Für Nebenkosten bei der Bestellung eines anderen Nutzungsrechts, des Erbbaurechts, hat der BFH zwar entschieden, dass diese zu aktivieren sind, da insoweit kein schwebendes Geschäft gegeben ist.

Eine abweichende Auffassung hat der BFH allerdings bei Kosten für die Begründung eines – wie im Streitfall vorliegenden – schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses vertreten. Sofern das auf die Nutzung entfallende Entgelt nicht als Anschaffungskosten aktiviert werden kann, können auch Anschaffungsnebenkosten nicht aktiviert werden (vgl. BFH-Urteil vom 19.06.1997, IV R 16/95 zu Maklerprovision für Mietvertrag). Nach dem FG kann nichts Anderes für die – im Streitfall gegebenen – Betriebsbereitschaftskosten gelten.

Betroffene Normen

​§ 5 Abs. 2 EStG

Streitjahr ​2011

Fundstelle

​​Finanzgericht München, Urteil vom 04.02.2021, 10 K 3084/19​, rechtskräftig

Parallelentscheidung:

Finanzgericht München, Urteil vom 04.02.2021, 10 K 1620/20, rechtskräftig

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 14.03.2006 I R 109/04, BFH/NV 2006, S. 1812

BFH, Urteil vom 26.02.1975 I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, S. 443

BFH, Urteil vom 28.07.1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, S. 164

BFH, Urteil vom 19.06.1997 IV R 16/95, BStBl II 1997, S. 808 

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