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31.07.2014
Unternehmensteuer

BFH: Verfassungsmäßigkeit des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs

Mit Beschluss vom 30.05.2014 hat der BFH die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen FG bestätigt, wonach eine mindestens 15%ige Gewinnbeteiligung oder auch eine Stimmrechtsmehrheit den tatbestandlichen Anforderungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nicht genügt.
Zudem bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote von 10% auf 15% im Rahmen des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008.
BFH, Beschluss vom 30.05.2014, I R 12/13,  nicht amtlich veröffentlicht
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Schleswig-Holsteinisches FG:
Die mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz erfolgte Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs von 10 % auf 15 % ist verfassungsgemäß. Dabei bezieht sich die Mindestbeteiligungsquote auf die kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft, allein eine Beteiligung am Gewinn zu mehr als 15 % reicht nicht aus. Allerdings ist nicht in jedem Fall allein die nominelle Beteiligung am Stammkapital maßgeblich. Auch die Zuführung verdeckten Eigenkapitals oder Genussrechtskapitals kann zu berücksichtigen sein. Weiterhin können auch Anteile zu berücksichtigen sein, an denen wirtschaftliches Eigentum besteht.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war zu 10 % an der Holding GmbH beteiligt. Weitere Beteiligte der Holding GmbH waren die X-GmbH (70 %) und die Y-GmbH (20 %). Im Jahr 2008 wurde der von der Y-GmbH gehaltene Geschäftsanteil eingezogen und ein neuer Geschäftsanteil geschaffen, der der Holding als eigener Anteil zustand. Die mit diesen eigenen Anteilen verbundenen Gewinnbezugsrechte wurden der Klägerin und der X-GmbH entsprechend deren Beteiligungen „zugeschrieben“. Später beschlossen die X-GmbH und die Klägerin, dass der Gewinn der Holding nicht im Verhältnis der kapitalmäßigen Beteiligungen, sondern im Verhältnis 20 % (Klägerin) zu 80 % (X-GmbH) verteilt werden sollte.

Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2009 von der Holding eine Dividendenausschüttung. Entgegen der Erklärung der Klägerin nahm das Finanzamt bei der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages eine Hinzurechnung von 95 % des Ausschüttungsbetrages vor (gem. § 8 Nr. 5 GewStG).

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat zu Recht eine Hinzurechnung vorgenommen, da die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs hier nicht erfüllt waren.

Von einer Kapitalgesellschaft bezogene Gewinnanteile (i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) bleiben bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft außer Ansatz (§ 8b Abs. 1 S. 1 KStG). Für die Ermittlung des Gewerbeertrages (§ 7 GewStG) sind sie dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen (§ 8 Nr. 5 GewStG), soweit nicht die Voraussetzungen des sog. gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a GewStG) erfüllt werden. Danach wird die Summe des Gewinns aus Gewerbebetrieb und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen u. a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft (i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG), wenn die Beteiligung zu Beginn des maßgeblichen Erfassungszeitraumes mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns i.S.d. § 7 GewStG angesetzt worden sind.

Diese Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs sieht das FG im Streitfall als nicht erfüllt an, da die Klägerin nicht in Höhe der erforderlichen 15 % am Kapital der Holding beteiligt war.

Das FG folgt der Ansicht des Finanzamts, dass bei der Ermittlung der Beteiligungsquote nicht auf die Höhe der prozentualen Gewinnbeteiligung abzustellen ist. Aus dem Wortlaut des § 9 Nr. 2a GewStG ergibt sich, dass die Gewährung des Schachtelprivilegs nur in Betracht kommt, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind. Daraus lässt sich gerade nicht folgern, dass allein auf die Höhe der Gewinnbeteiligung abzustellen ist. Maßgeblich ist vielmehr die kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft. Das FG stellt darüber hinaus klar, dass nicht in jedem Fall allein die nominelle Beteiligung am Stammkapital maßgebend ist. Anteile i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG sind vielmehr all jene, die eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen sowie an Gewinn und Verlust der Gesellschaft vermitteln. Insofern können auch verdecktes Eigenkapital und ggf. Genussrechts zu berücksichtigen sein (vgl. RFH-Urteile vom 17.04.1934). Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor.

Es ist also im Streitfall zur Bestimmung der Beteiligungsquote auf den Umfang der Beteiligung der Klägerin am Stammkapital abzustellen, die 2009 10 % (3.000/30.0000) betrug. Wenn die „Umwandlung“ des eingezogenen Anteils der Y-GmbH in einen eigenen Geschäftsanteil der Holding zu diesem Zeitpunkt bereits rechtswirksam gewesen wäre, wären es 12,5 % (3.000/24.0000) gewesen, da die eigenen Anteile der Holding bei der Bestimmung der Beteiligungsquote der Klägerin nämlich nicht zu berücksichtigen wären (vgl. BFH-Urteil vom 24.09.1970). Die Beteiligungsquote wäre somit in beiden Fällen geringer als 15 % gewesen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der X-GmbH hinsichtlich des eingezogenen Anteils der Y-GmbH. Danach ist weder das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) der Klägerin an weiteren Geschäftsanteilen begründet worden, noch ist ihr ein weiterer Anteil am Vermögen der Holding vermittelt worden.

Die Anhebung der Mindestbeteiligungsquote von 10 % auf 15 % zum 01.01.2008 im Rahmen des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 ist nach Auffassung des BFH verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums bewegt, der ihm bei der Normierung eines Steuerbegünstigungstatbestandes zusteht. Dabei wurde nicht gegen das Willkürgebot verstoßen, auch wenn die Erhöhung rein fiskalisch motiviert gewesen sein mag. Auch die Grundsätze von Treu und Glauben sind nicht verletzt worden. Denn im Streitjahr war die Änderung schon mehr als ein Jahr wirksam (§ 36 Abs. 8 S. 7 GewStG).

Betroffene Norm  
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ; § 8b Abs. 1 KStG; § 7 GewStG; § 8 Nr. 5 GewStG; § 9 Nr. 2a GewStG
Streitjahr 2009

Fundstelle
BFH, Beschluss vom 30.05.2014, I R 12/13, nicht amtlich veröffentlicht 
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.01.2013, 1 K 82/11, EFG 2013, S. 538

Weitere Fundstellen
RFH, Urteil vom 17.04.1934, I A 316/32, RStBl 1934, S. 773
BFH, Urteil vom 24.09.1970, IV R 138/69, BStBl II 1971, S. 89

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