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30.05.2012
Unternehmensteuer

Jahressteuergesetz 2013: Regierungsentwurf zu Aufbewahrungsfristen, E-Mobilität und zum Fremdvergleichsgrundsatz

Das Bundeskabinett hat am 23.05.2012 den Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013) beschlossen. Mit 49 einzelnen Steuerrechtsänderungen aus unterschiedlichen Steuerbereichen sollen europäisches Recht, aber auch Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens und zum Bürokratieabbau umgesetzt werden. Der erste Durchgang im Bundesrat ist für den 06.07.2012 vorgesehen, die 2./ 3. Lesung im Bundestag soll Ende Oktober stattfinden. Die Neuregelungen sollen, sofern nichts Abweichendes geregelt ist, ab dem 01.01.2013 Anwendung finden.
Besonders hervorzuheben ist die Verkürzung einiger in der AO, im UStG und im HGB geregelten Aufbewahrungspflichten von bisher 10 Jahren auf zunächst acht Jahre (ab 2013) und auf sieben Jahre ab dem Jahr 2015. Die im Referentenentwurf enthaltenen Regelungen zur Besteuerung des Wehrsolds freiwillig Wehrdienstleistender und zur E-Mobilität wurden wesentlich geändert. In den Regierungsentwurf neu aufgenommen wurden z.B. Umsatzsteuerbefreiungsregelungen (für infektionshygienische Leistungen eines Arztes sowie für Bühnenregisseure) oder eine neue Zuständigkeitsregelung bei der Kraftfahrzeugsteuer. Aus bereits im Referentenentwurf enthaltenen Regelungen haben sich Folgeänderungen ergeben, die nun ebenfalls neu aufgenommen wurden z.B. Neuformulierung der Befreiung von Bildungsleistungen von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 13 GewStG) oder die Änderung des EU-Beitreibungsgesetzes (Folgeänderung aufgrund der Änderung des EU-Amtshilfegesetzes). § 1 der Funktionsverlagerungsverordnung ist aufgrund der Änderungen im AStG anzupassen.

Auf folgende Maßnahmen des Regierungsentwurfes möchten wir besonders hinweisen, Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf sind kursiv dargestellt:

Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nach HGB, AO und UStG

Die bisher 10-jährigen steuerlichen Aufbewahrungsfristen für Bücher, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Buchungsbelege und Zollanmeldungen (§ 147 Abs. 3 Nr. 1, 4 und 4a AO) sowie für Rechnungen (§ 14b UStG) sollen im Interesse des Bürokratieabbaus in einem ersten Schritt (ab 2013) auf acht Jahre und in einem weiteren Schritt (ab 2015) auf sieben Jahre verkürzt werden. Handelsrechtlich soll nur die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege entsprechend auf acht bzw. sieben Jahre verkürzt werden (§ 257 Abs. 4-neu HGB). Zu beachten ist, dass - wie bisher - die Aufbewahrungsfrist nicht abläuft, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 S. 3 AO).

Schaffung eines EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG-neu)

Das EU-Amtshilfegesetz soll den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erleichtern. Mit dem EU-Amtshilfegesetz wird die Amtshilferichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Gleichzeitig tritt das EG-Amtshilfe-Gesetz (EGAHiG) außer Kraft.

Der bisherige Anwendungsbereich ist erweitert worden. Die Amtshilfe soll sich grundsätzlich auf jede Art von Steuern erstrecken, die von einem oder für einen Mitgliedstaat oder dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden erhoben werden. Nicht umfasst sind Umsatzsteuer, Einfuhrumsatzsteuer, Zölle und entsprechend harmonisierte Verbrauchsteuern. Mit dem OECD-Standard der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet. In allen Mitgliedstaaten soll ein zentrales Verbindungsbüro eingerichtet werden, um eine direkte Kontaktstelle sowohl für eingehende als auch für ausgehende Informationen und Dokumente zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen. Bei Ersuchen und spontanem Informationsaustausch sollen verbindlich festgelegte Übermittlungsfristen und elektronische Standardformblätter den Informationsaustausch beschleunigen. In einem Negativkatalog ist festgelegt, wann eine Informationserteilung an die Steuerbehörde des ersuchenden Mitgliedstaats zu unterbleiben hat. Den schützenswerten Interessen der Steuerpflichtigen als auch dem öffentlichen Interesse soll damit Rechnung getragen werden. Eine Ablehnungsbefugnis aufgrund von Bankgeheimnissen etc. ist nicht vorgesehen. Mit der stufenweisen Einführung eines automatischen Informationsaustauschs soll ein wesentlicher Beitrag zur korrekten Festsetzung der Steuern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten geleistet werden. Das Entdeckungsrisiko soll dadurch erhöht und Steuerbetrug systematisch bekämpft werden.

Automatischer Informationsaustausch
Das zentrale Verbindungsbüro soll verfügbare Informationen über in anderen Mitgliedstaaten ansässige Personen ohne vorheriges Ersuchen an andere Mitgliedstaaten übermitteln. Dazu gehören z.B. Informationen zu Vergütungen aus unselbständiger Arbeit, Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen, Ruhegehälter und Eigentum an unbeweglichem Vermögen und Einkünfte daraus. Der automatische Informationsaustausch soll spätestens am 01.01.2015 in Kraft treten.

Spontaner Informationsaustausch
Nach pflichtgemäßem Ermessen soll das zentrale Verbindungsbüro anderen Mitgliedstaaten spontan ohne Ersuchen alle Informationen übermitteln können, die für die anderen Mitgliedstaaten von Nutzen sein können, z.B. wenn Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in dem anderen Mitgliedstaat vorliegen, ein Sachverhalt vorliegt, aufgrund dessen eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung gewährt worden ist, und dies für den Steuerpflichtigen zu einer Besteuerung oder Steuererhöhung im anderen Mitgliedstaat führen könnte oder Gründe für die Vermutung vorliegen, dass durch künstliche Gewinnverlagerungen zwischen verbundenen Unternehmen eine Steuerersparnis eintritt. Die Übermittlung sollte unverzüglich erfolgen, spätestens jedoch einen Monat nachdem die Informationen verfügbar geworden sind. Die Kommunikation im Zusammenhang mit dem spontanen Informationsaustausch erfolgt auf einem Standardformblatt.

Als weitere Formen der Verwaltungszusammenarbeit können die zentralen Verbindungsbüros der Mitgliedstaaten die Teilnahme und die Anwesenheit ihrer Bediensteten, bei behördlichen Ermittlungen im anderen Mitgliedstaat sowie die gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen und die Zustellung aller Dokumente vereinbaren.

Die von Deutschland erteilten Informationen dürfen nur für andere Zwecke verwendet werden, wenn die Verwendung in Deutschland zulässig wäre und der besondere Schutz durch die Abgabenordnung (§§ 30, 31, 31a und 31b AO) sichergestellt ist. Wenn Informationen an einen dritten Mitgliedstaat weitergeleitet werden sollen, ist die Mitteilungsabsicht dem Staat, aus dem die Informationen stammen, mitzuteilen. Sofern dieser Mitgliedstaat der Weitergabe nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang der Mitteilung widerspricht, kann das zentrale Verbindungsbüro die Informationen und Dokumente an einen dritten Mitgliedstaat weiterleiten. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen von einem Drittstaat erhaltene Informationen an andere Mitgliedstaaten sowie von einem anderen Mitgliedstaat erhaltene Informationen an einen Drittstaat weitergeleitet werden können. Das Steuergeheimnis und der Schutz, den die Abgabenordnung für entsprechende Informationen vorsieht, gelten auch für die im Rahmen des EUAHiG erteilten Informationen anderer Staaten.
Als Folgeänderung soll das EU-Beitreibungsgesetz in § 1 Abs. 3 Nr. 1 angepasst werden.

Einkommensteuergesetz

  • Wehrsold im Rahmen des freiwilligen Wehrdienstes und Taschengeld im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes steuerfrei (§ 3 Nr. 5 EStG-E) Die Bezüge für den Bundesfreiwilligendienst sind nach bisheriger Gesetzeslage voll steuerpflichtig, wurden aber auf Grund einer Billigkeitsregelung der Verwaltung bisher steuerfrei behandelt, um sie gegenüber den Bezügen für den freiwilligen Wehrdienst nicht zu benachteiligen. Für die den freiwilligen Wehrdienst und freiwillige Wehrübungen Leistenden soll nun der Gehaltsbestandteil „Wehrsold nach § 2 Absatz 1 Wehrsoldgesetz“ (zZ ca. 280 bis 350 Euro/Monat) sowie das nach § 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes gezahlte Taschengeld“(zZ maximal 336 Euro/Monat) steuerfrei gestellt werden, die weiteren Bezüge sollen steuerpflichtig sein. 
  • E-Mobilität; Nachteilsausgleich bei Elektrofahrzeugen bei privater Nutzungsbesteuerung Der Listenpreis von Elektrofahrzeugen liegt über dem Listenpreis von Kraftfahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor. Um diesen Nachteil der Elektroautos auszugleichen oder zu mildern, soll bei der Bewertung der privaten Nutzung von betrieblichen Kraftfahrzeugen der maßgebliche Listenpreis/die gesamten Aufwendungen bei der Berücksichtigung der Fahrtenbuchmethode um die Kosten für die Akkumulatoren (Batterie) gekürzt werden. Zur Vereinfachung der Ermittlung dieser Kosten werden diese in pauschaler Höhe angesetzt. Dabei soll für bis zum 31.12.2013 angeschaffte Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge der Bruttolistenpreis i. H. von 500 Euro pro kWh Speicherkapazität der Batterie gemindert werden. Der Betrag mindert sich für in den Folgejahren angeschaffte Kraftfahrzeuge jährlich um 50 Euro pro kWh Speicherkapazität der Batterie. Um eine Überkompensation des Nachteilsausgleichs zu verhindern, wird der pauschale Abzug auf eine Batteriekapazität von höchstens 20 kWh beschränkt; für bis zum 31.12.2013 angeschaffte Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge ergibt sich danach eine maximale Minderung des Bruttolistenpreises i. H. von 10 000 Euro. Der Höchstbetrag reduziert sich in den Folgejahren jährlich um 500 Euro. Die Regelung soll für Anschaffungen von Elektrofahrzeugen bis zum 31.12.2022 gelten. Unter dem Vorbehalt der Notifizierung der Regelung durch die EU ist der Nachteilsausgleich erstmals für den VZ 2013 anzuwenden. Bei Arbeitnehmern soll diese Regelung sowohl für die Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung als auch in den Fällen Anwendung finden, in denen der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nutzt. (§§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3, 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 u. 3, 8 Abs. 2 S. 4 EStG-E) 
  • Abgeltungsteuer: Steuerneutrale Abspaltung Durch die Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 20 Abs. 4a EStG auf steuerneutrale Abspaltungen von Körperschaften sollen die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft anteilig auch ohne Antrag auf Fortführung der Anschaffungskosten an die Stelle der übertragenden Gesellschaft treten. Die erhaltenen Anteile übernehmen den steuerlichen Status der Anteile an der übertragenden Gesellschaft. Die Aufgabe des Antragserfordernisses für die Fortführung der Anschaffungskosten soll bereits für Abspaltungen gelten, die im Jahr 2012 ins Handelsregister angemeldet werden. (§ 20 Abs. 4a S. 7 -neu- EStG-E)
  • Pflege-Pauschbetrag Erweiterung des Anwendungsbereichs des Pflege-Pauschbetrages (924 Euro) unter sonst gleichen Voraussetzungen auf das EU-/EWR-Ausland. (§ 33b Abs. 6 S. 5 EStG-E) 
  • Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb: Ermittlung der geminderten tariflichen Steuer In die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages fließt die geminderte tarifliche Steuer mit ein. Ausländische Steuern auf Einkünfte aus Kapitalvermögen sind bislang nicht auf die Einkommensteuer angerechnet worden. Zukünftig soll bei der Ermittlung der geminderten tariflichen Steuer die nach § 32d Abs. 6 S. 2 EStG anzurechnende ausländische Steuer als Minderungsbetrag berücksichtigt werden. (§ 35 Abs. 1 S. 4 EStG-E) 
  • Zweijähriger Freibetrag im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens Der Arbeitnehmer soll ab dem Jahr 2014 beantragen können, dass der im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigende Freibetrag für zwei, statt derzeit für ein Kalenderjahr gelten soll. (§ 39a Abs. 2 S. 3 bis 5 -neu- EStG-E) 
  • Anpassung der Regelungen zur Bemessung der Kapitalertragsteuer bei bestimmten Gesellschaften (§ 43b EStG, Anlage 2) an die Neufassung der Mutter-Tochter-Richtlinie Es wird die Regelung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen und anderen Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften an die Neufassung der Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten) angepasst. Die Änderung des § 43b EStG sowie die geänderte Anlage 2 sind erstmals auf Ausschüttungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2011 zufließen. 
  • Änderungen im Rahmen der Abgeltungsteuer Die geplanten Änderungen der §§ 43-45d EStG beziehen sich neben einigen redaktionellen Folgeänderungen (z.B. Anpassung an die Mutter-Tochter-Richtlinie) insbesondere auf eine notwendige Anpassung resultierend aus der Umstellung des Kapitalertragsteuerverfahrens für Dividenden durch das OGAW-IV-UmsG (siehe Deloitte Tax-News). Durch das OGAW-IV-UmsG wurde die Steuerabzugsverpflichtung auf Dividenden inländischer sammel- und streifbandverwahrter Aktien von der Aktiengesellschaft auf die depotführende Stelle verlagert. Nach den geplanten Neuregelungen folgt der Steuerabzug bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 EStG (Genussscheine, Erträgnisscheine, Teilschuldverschreibungen und Genussrechte) ebenfalls dieser Systematik. Neben den aus dem OGAW-IV-UmsG resultierenden Änderungen sollen auch weitere Anpassungen, insbesondere in Bezug auf eine mögliche Abstandnahme vom Steuerabzug, helfen, Veranlagungsfälle zu vermeiden. Hier sind insbesondere die geplante Einführung des § 44 Abs. 1a EStG und die geplanten Änderungen bzw. Ergänzungen der §§ 44a, 44b EStG zu nennen. Der Großteil der geplanten Änderungen soll erstmals ab dem 01.01.2013 Anwendung finden. 
  • Zuordnung des Erstattungsanspruchs bei Qualifikationskonflikten aufgrund hybrider Gesellschaften Für die Fälle, in denen ein Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung der Abzugsteuer aufgrund eines DBA besteht, der Erstattungsanspruch jedoch infolge der für Besteuerungszwecke unterschiedlichen Qualifikation des Gläubigers („hybride“ Gesellschaftsformen) der Kapitalerträge bzw. Vergütungen durch die beteiligten Vertragsstaaten ins Leere läuft, sieht die Neuregelung vor, dass der Quellenstaat dem ausländischen Antragsteller Entlastung von Abzugsteuern gewährt, dem der andere Staat nach seinem Steuerrecht die Einkünfte oder Gewinne zurechnet. Diese Regelung soll erstmals auf Zahlungen angewendet werden, die am Tag nach der Verkündung des Gesetzes zufließen. (§ 50d Abs. 1 S. 11 -neu- EStG)

Außensteuergesetz

  • Fremdvergleichsgrundsatz für Betriebsstättenfälle und Personengesellschaften Mit der geplanten Änderung des § 1 AStG soll eine nationale Rechtsgrundlage für die uneingeschränkte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf grenzüberschreitende Betriebsstättenfälle geschaffen werden. Hierdurch soll die internationale Gewinnabgrenzung zwischen Betriebsstätten an den neuen „Authorised OECD Approach“ (AOA) angepasst werden. Da der Fremdvergleichsgrundsatz für die Betriebsstättengewinnabgrenzung im nationalen Steuerrecht bisher nur unvollständig in § 4 Abs. 1 EStG und § 12 Abs. 1 KStG kodifiziert ist, wird hier eine Lücke zu dem AOA, wie er in dem neuen Art. 7 OECD-MA, dem Musterkommentar hierzu, sowie im OECD-Betriebsstättenbericht vom 22.07.2010 verstanden wird, geschlossen. Nach dem geänderten § 1 AStG sollen „wirtschaftliche Vorgänge“ zwischen Betriebsstätten als Geschäftsbeziehungen angesehen werden, für deren Verrechnungspreise der Fremdvergleichsgrundsatz gelten soll. Somit werden Betriebsstätten für die steuerliche Gewinnabgrenzung wie eigenständige und unabhängige Unternehmen behandelt. Strittig ist bisher, ob die bestehenden Regelungen des § 1 AStG auch auf Geschäftsbeziehungen unter Beteiligung von Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften angewendet werden können. Durch die Neuregelungen soll nunmehr festgeschrieben werden, dass § 1 AStG auch für solche Geschäftsbeziehungen Gültigkeit hat.
    In § 1 Abs. 4 AStG findet sich bisher die Konkretisierung des Schätzungsmaßstabes, sollte aufgrund einer festgestellten Fremdunüblichkeit der Verrechnungspreise eine Schätzung notwendig sein. Dieser im Gesetz festgelegte Maßstab der Kapitalverzinsung oder Umsatzrendite soll entfallen. (§ 1 Abs. 1, 3, 4, u. 5, 6 -neu- AStG), siehe auch Beitrag zum Referentenentwurf von Herrn Dr. Axel Nientimp in HB Steuerboard.
    Da in § 1 Abs. 1 AStG ein neuer Satz 2 eingefügt werden soll, ist die Zitierung in § 1 Funktionsverlagerungsverordnung entsprechend anzupassen.
  • Erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht: Abgeltungsteuersatz auf Einkünfte aus Kapitalvermögen – auf Antrag ab 2009 Bei erweitert beschränkter Steuerpflicht kommt der Steuersatz zur Anwendung, der bei unbeschränkter Steuerpflicht anteilig auf diese Einkünfte entfallen würde. Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen seit 2009 grundsätzlich dem Abgeltungsteuersatz (§ 32d EStG). Für Zwecke der erweitert beschränkten Steuerpflicht kann nichts Anderes gelten. Zukünftig sollen auch bei erweitert beschränkt Steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der gesonderte Steuersatz des § 32d Abs.1 EStG anzuwenden ist, ausdrücklich vom Progressionsvorbehalt ausgenommen werden. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag soll auch im Rahmen der erweitert beschränkten Steuerpflicht - abgesehen von den in der Vorschrift genannten Ausnahmen - erhalten bleiben. (§ 2 Abs. 5 AStG-E) Die Neuregelung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2012 anzuwenden sein. Auf Antrag kann sie bereits für Veranlagungszeiträume ab 2009 Anwendung finden, bereits ergangene Steuerfestsetzungen sind aufzuheben oder zu ändern. 
  • Hinzurechnung bei Einkünften von Zwischengesellschaften Die Möglichkeit der Anwendung des Motivtests im Rahmen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 EStG wird erweitert für Gesellschaften, die nicht inländisch beherrscht sind, aber Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielen (§ 7 Abs. 6 AStG). Diese Änderung ist erstmals für hinzurechnungspflichtige Einkünfte anzuwenden, die in einem Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12.2012 beginnt. (§ 8 Absatz 2 Satz 1 AStG-E) 
  • Änderungen bei Familienstiftungen Es soll nicht mehr wie bisher auf das Einkommen ausländischer Familienstiftungen zurückgegriffen, sondern auf die Einkünfte, die bereits auf Ebene der Stiftung gesondert festgestellt werden (§ 15 Abs. 1 AStG-E). Damit wäre ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte nicht mehr vortragsfähig, auch wenn sich ein positiver Einkommensbetrag ergeben sollte.
    Mit dem neu eingeführten § 15 Abs. 6 S. 2 -neu- AStG-E soll sichergestellt werden, dass der europarechtliche Schutz vor der Zurechnung nicht auf Einkünfte ausgedehnt wird, für die kein entsprechender Anspruch besteht.
    § 15 Abs. 7 AStG-E soll klarstellen, dass bestimmte Steuerbefreiungen nicht mehr anzuwenden sind, wie z.B. die Befreiung nach § 8b Abs. 1 und Abs. 2. KStG (Ausschüttungsprivileg). Ferner soll danach ein negativer Betrag nicht zugerechnet werden.
    Die Besteuerung der Einkünfte beim Hinzurechnungsverpflichteten soll so erfolgen, als ob der Bezug der Einkünfte unmittelbar beim Stifter bzw. Begünstigten erfolgen würde (§ 15 Abs. 8 AStG-E).
    § 15 Abs. 9 AStG-E erklärt die Grundsätze der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 – 14 für anwendbar. Dadurch soll die Umgehung der Hinzurechnungsvorschriften durch Zwischenschaltung einer Stiftung ausgeschlossen werden.
    § 15 Abs. 10 AStG-E soll eine Doppelerfassung von Einkünften vermeiden, die bereits bei einer anderen Stiftung erfasst sind. Der Steuerpflichtige hat insoweit Mitwirkungs-bzw. Nachweispflichten.
    Eine doppelte Erfassung von Einkünften an den Stifter oder Begünstigten einer ausländischen Stiftung soll ebenfalls vermieden werden, sofern die Einkünfte bereits nach § 15 Abs. 1 erfasst wurden (§ 15 Abs. 11 AStG-E).

Umsatzsteuergesetz

  • Ort der sonstigen Leistung an juristische Personen, die unternehmerisch und nicht unternehmerisch tätig sind Eine sonstige Leistung an eine juristische Person, die unternehmerisch und nicht unternehmerisch tätig ist (z.B. gemischte Holding), soll künftig stets dem Empfängerort-Prinzip des § 3a Abs. 2 (sog. B2B-Grundregel) unterfallen. Dies hätte zur Folge, dass die zurzeit in der Praxis schwierige Abgrenzung, ob die sonstige Leistung für den unternehmerischen oder den nicht unternehmerischen Bereich bezogen wurde entfallen würde.
    Dies soll nicht für eingekaufte Leistungen geltend, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals bestimmt sind - hier wird § 3a Abs. 2 UStG auch in Zukunft ausschließlich in der unternehmerischen Sphäre Anwendung finden (bei nicht unternehmerischem Bezug gilt also weiterhin das Erbringerort-Prinzip des § 3a Abs. 1 UStG).
  • Vermietung eines Beförderungsmittels oder eines Sportbootes Aufgrund EU-rechtlicher Vorgabe soll künftig die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels und (zukünftig ebenso) eines Sportbootes durch eine Änderung des derzeit geltenden § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG nur noch im B2C-Bereich am Übergabeort der Umsatzbesteuerung unterliegen. Im B2B-Bereich soll diese kurzfristige Vermietungsleistung künftig der B2B-Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG unterfallen (= Empfängerort-Prinzip).
    Neu eingeführt wird eine Regelung zur langfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels im B2C-Bereich: diese sonstige Leistung soll künftig im Sitz-/ Wohnsitzstaat des Leistungsempfängers umsatzbesteuert werden. 
  • Steuerfreiheit von Bildungsleistungen
    Die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen in § 4 Nr. 21 UStG soll umfassend neu gestaltet werden. Insgesamt ist die neue Formulierung weniger detailliert, sondern erweitert stattdessen den (derzeit eng auszulegenden) allgemeinen Anwendungsbereich. Insbesondere soll das Erfordernis einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörden über die Durchführung von Prüfungsvorbereitungen wegfallen (derzeit: § 4 Nr. 21 a) bb)). Allerdings soll auch eine negative Abgrenzung insoweit erfolgen, als dass Bildungsleistungen mit der Zielsetzung der reinen Freizeitgestaltung (denkbar z.B. private Sprachkurse, Koch- oder Tanzkurse) nicht von der Steuerbefreiung erfasst sein sollen. Bei gemischt tätigen Anbietern (d.h. Erbringung von Unterrichtsleistungen zu Bildungszwecken und zur Freizeitgestaltung) soll eine Rückfallklausel die Anwendung der Steuerbefreiung unter bestimmten Anforderungen dennoch insgesamt für alle Umsätze ermöglichen können. 
  • Steuerfreiheit für wissenschaftliche Veranstaltungsleistungen
    Für die Steuerbefreiung für wissenschaftliche Veranstaltungsleistungen in § 4 Nr. 22 UStG ist eine Zusammenfassung bzw. Kürzung der derzeitigen Gesetzesformulierung geplant. Auf den Inhalt/ Anwendungsbereich der Steuerbefreiung wird diese Umformulierung wohl keine Auswirkungen haben. 
  • Umsätze für die Luftfahrt Für die Anwendung der Steuerbefreiung von Umsätzen für die Luftfahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 UStG) soll es zukünftig nicht schaden, wenn der Leistungsempfänger „in unbedeutendem Umfang“ nach § 4 Nr. 17 UStG befreite Krankentransporte innerhalb Deutschlands durchführt (derzeit ist laut Gesetzeswortlaut jegliche Betätigung dieser Art als schädlich anzusehen).
  • Neuregelungen im Rahmen des Reverse Charge-Verfahrens nach § 13b UStG Im Ausland ansässiger Unternehmer
    Die Definition des „im Ausland ansässigen Unternehmers“ im Rahmen des Reverse Charge-Verfahrens nach § 13b UStG soll so umformuliert werden, dass sie zukünftig leichter für Einzelunternehmer und Selbständige Anwendung finden kann. So soll in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte im Ausland stattdessen auch der im Ausland belegene Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt eine Ansässigkeit im Ausland i.S.d. § 13b UStG begründen können.
    Beteiligung einer Betriebsstätte
    Unterhält ein im Ausland ansässiger leistender Unternehmer eine Betriebsstätte im Inland und ist diese Betriebsstätte in die Erbringung der Leistung eingeschaltet, wird der Unternehmer nicht mehr als „im Ausland ansässig“ behandelt. Dabei ist es ausreichend, wenn die Betriebsstätte an der Leistungserbringung beteiligt ist, eine alleinige Ausführung durch die Betriebsstätte soll nicht erforderlich sein.
    Um das Merkmal der „Einschaltung in die Leistungserbringung“ gegenüber der „alleinigen Ausführung“ deutlicher abzugrenzen, soll der Gesetzeswortlaut des § 13b Abs. 7 S. 2 UStG künftig auf eine „Beteiligung“ der Betriebsstätte abstellen (anstatt wie derzeit auf die „Ausführung“). 
  • Erweiterung der Rechnungsanforderungen nach § 14 Abs. 4 UStG bei Gutschriften Soweit ein leistender Unternehmer und sein Leistungsempfänger die Abrechnung durch den Leistungsempfänger per Gutschrift i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG vereinbart haben, soll auf diesem Rechnungsdokument künftig das Wort „Gutschrift“ vermerkt werden müssen. 
  • Anwendbares Recht bei Rechnungsstellung durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer Führt ein im Ausland ansässiger Unternehmer eine im Inland steuerbare Leistung aus, für welche der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer im Inland schuldet, soll aufgrund eines neu eingeführten § 14 Abs. 7 UStG für die Rechnungserteilung (d.h. Formvorschriften, Rechnungsanforderungen etc.) fortan das lokale Recht des Ansässigkeitsstaates des leistenden Unternehmers Anwendung finden. Für die Erteilung von Gutschriften i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG durch den im Inland ansässigen Leistungsempfänger sollen allerdings weiterhin die Regelungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes einschlägig sein. 
  • Konkretisierungen der Pflichten zur Rechnungsausstellung in den Fällen des § 14a UStG Ausführung eines Reverse Charge-Umsatzes im Inland oder im EU-Ausland
    Führt ein im Inland ansässiger Unternehmer einen dem Reverse Charge-Verfahren des § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 UStG unterfallenden Umsatz aus, der im Inland oder in einem anderen EU-Mitgliedsstaat umsatzsteuerbar ist, muss die Rechnung zwingend die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthalten. Soweit per Gutschrift i.S.v. § 14 Abs. 2 UStG abgerechnet wird, findet diese Regelung keine Anwendung.
    Für Ausgangsumsätze i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerbar sind, soll der leistende Unternehmer verpflichtet sein, innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monates, in dem die Leistung ausgeführt wurde, eine Rechnung auszustellen.
    Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung
    Wird eine innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt, soll der leistende Unternehmer verpflichtet sein, innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monates, in dem die Lieferung ausgeführt wurde, eine Rechnung auszustellen.
    Ausführung von Umsätzen nach § 25 UStG oder § 25a UStG
    Bei der Ausführung von Umsätzen nach § 25 UStG (Reiseleistungen) soll die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ enthalten.
    Für Rechnungen in den Fällen des § 25a UStG (Differenzbesteuerung) sollen, je nach veräußertem Gegenstand, die Zusätze „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, Kunstgegenstände/Sonderreglung“ oder Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ verwendet werden. 
  • Vorsteuerabzug beim innergemeinschaftlichem Erwerb Im Nachgang zu zwei BFH-Urteilen aus 2011 (siehe Deloitte Tax-News) soll durch eine Änderung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG der Vorsteuerabzug insoweit eingeschränkt werden, als dass ein Abzug der Umsatzsteuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb nur noch vorgenommen werden darf, soweit dieser auch im Inland bewirkt wurde.

Abgabenordnung

Der BFH hat entschieden (BFH, Urteil vom 24.02.2010, siehe Deloitte Tax-News), ein Finanzamt dürfe von einem Kreditinstitut im Regelfall erst dann die Vorlage von Kontoauszügen verlangen (§ 97 AO), wenn die Bank eine zuvor geforderte Auskunft über das Konto nicht erteilt hat, wenn die Auskunft unzureichend ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen (§ 93 AO). Danach ist ein isoliertes Vorlageverlangen über Kontoauszüge zu einem genau bestimmten Konto ohne vorheriges Auskunftsersuchen grundsätzlich nicht mehr zulässig. Mit der Änderung des § 97 AO sollen Auskunftsersuchen (§ 93 Abs. 1 AO) und Vorlageverlangen (§ 97 AO) als gleichwertige Ermittlungsinstrumente eingestuft werden. Die Finanzbehörde muss aber weiterhin im Einzelfall entscheiden, ob und inwieweit ein Aufklärungsbedarf besteht und inwieweit dann die Anforderung von Urkunden vom Beteiligten oder von Dritten erforderlich ist. Dritte sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Dies entspricht dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, Daten im Regelfall zuerst beim Betroffenen zu erheben. Werden Auskunftspflichtige oder Sachverständige, die nicht Beteiligte oder für Beteiligte auskunftspflichtig sind, von der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren zu Beweiszwecken herangezogen, erhalten sie auf Antrag eine Entschädigung oder Vergütung. Die gesetzliche Entschädigungspflicht soll nun auf die Vorlagepflichtigen nach § 97 AO erweitert werden.

Feuerschutzsteuer

Modernisierung und Vereinfachung des Verfahrens der Anmeldung der Feuerschutzsteuer: Elektronische Abgabe der Feuerschutzsteuer soll möglich werden. Verdoppelung der maßgeblichen Beträge für eine vierteljährliche Anmeldung der Feuerschutzsteuer.

Fundstellen

Bundesregierung, Regierungsentwurf Jahressteuergesetz 2013
Bundesfinanzministerium, Referentenentwurf Jahressteuergesetz 2013, Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News 

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