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07.07.2022
Unternehmensteuer

Ländererlasse: Anwendungsfragen zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 3 und 4 GewStG

Der Katalog an - für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags - unschädlichen Tätigkeiten wurde im Rahmen des Fondsstandortgesetzes erweitert (vgl. § 9 Nr. 1 S. 3 und 4 GewStG). Die Ländererlasse vom 17.06.2022 nehmen zu dieser Gesetzesänderung ausführlich Stellung.

Hintergrund

Im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1498, siehe auch Deloitte Tax-News) wurde auch die gesetzliche Regelung zur sog. erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung für Grundstücksunternehmen geändert (vgl. § 9 Nr. 1 S. 3 und 4 GewStG). Durch die gesetzliche Änderung sollten Anreize für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sowie für den Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge gesetzt werden.

Die Ländererlasse vom 17.06.2022 nehmen ausführlich zu dieser gesetzlichen Änderung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung durch das Fondsstandortgesetz Stellung.

Verwaltungsanweisung

Im Folgenden geben wir einen Überblick über wesentliche Aussagen der Ländererlasse vom 17.06.2022:

Allgemeines

Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen können gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auf Antrag bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den auf die Grundstücksüberlassung entfallenden Gewerbeertrag kürzen, der damit nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Voraussetzung ist, dass sich das Unternehmen ausschließlich auf den Tätigkeitsbereich der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes beschränkt. Daneben sind nur die in § 9 Nr. 1 S. 2-4 GewStG genannten Tätigkeiten für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich. Dieser Katalog wurde durch die Änderung des § 9 Nr. 1 S. 3 und 4 GewStG im Rahmen des Fondsstandortgesetz auf folgende Tätigkeiten erweitert:

  • Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder, wenn die Einnahmen nicht höher als 10% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind (vgl. § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) GewStG), und
  • Einnahmen aus anderen Tätigkeiten, wenn die Einnahmen aus einer unmittelbaren Vertragsbeziehung mit den Mietern des Grundbesitzes erzielt werden und die Einnahmen die Bagatellgrenze in Höhe von 5% der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes nicht übersteigen (vgl. § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c) GewStG).

Allgemeines zu § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b und c GewStG

Voraussetzung für die Anwendung des § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b und c GewStG ist, dass die aus diesen kürzungsunschädlichen Tätigkeiten erzielten Einnahmen des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens in dem für den Erhebungszeitraum maßgeblichen Wirtschaftsjahr nachweislich nicht höher als 10 Prozent (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b Doppelbuchst. aa und bb GewStG) bzw. 5 Prozent (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG) der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Ausgangsgröße für die Berechnung der prozentualen Grenzen sind die Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten eigenen Grundbesitzes des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens.

  • Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b Doppelbuchst. a GewStG)
    Erneuerbare Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG sind Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie und Energie aus Biomassen.
    Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus Energieerzeugungsanlagen an Letztverbraucher i.S.d. § 3 Nr. 22 EEG sind grundsätzlich als kürzungsschädlich anzusehen. Unschädlich ist hingegen die Stromlieferung an solche Letztverbraucher, die Mieter des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens sind (sog. Mieterstromanlagen)
  • Einnahmen aus der Lieferung von Strom durch Ladestationen für Elektrofahrzeuge (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b Doppelbuchst. bb GewStG)
    Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Elektrofahrräder sind kürzungsunschädlich, sofern die Unschädlichkeitsgrenze nicht überschritten wird. Dies gilt auch dann, wenn die Lieferung nicht (ausschließlich) an Mieter erfolgt. Weiterhin muss neben der Überlassung der Ladestation auch die Stromlieferung durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen erfolgen.
  • Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu Mietern/Pächtern aus anderen Tätigkeiten (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG)
    Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bleibt erhalten, wenn die zu berücksichtigenden Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen dem Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen und dessen Mietern/Pächtern aus anderen als den in § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. a und b GewStG bezeichneten Tätigkeiten erzielt werden und diese Einnahmen im maßgeblichen Wirtschaftsjahr 5 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes nicht übersteigen.
    Dazu gehören Mieteinnahmen aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen an Mieter/Pächter, die keinen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück aufweisen, wie Einnahmen aus Zahlungen von Mietern/Pächtern für Veranstaltungen (z.B. Weihnachtsmärkte) oder Sonderleistungen (z.B. Nutzung eines Schwimmbads), die ausschließlich Mietern vorbehalten sind.
    Einnahmen aus Vertragsbeziehungen des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens zu Personen, die nicht Mieter/Pächtern sind, sind hingegen schädlich und führen zur Versagung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags.

Berechnung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen

Für die Berechnung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b und c GewStG sind die Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes zu bestimmen, insbesondere die Miet- und Pachtzinsen inklusive sämtlicher umlagefähiger Betriebskosten. Die Umsatzsteuer bleibt bei der Ermittlung außer Ansatz.

Für die Prüfung der prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen sind die vereinbarten, fremdüblichen Einnahmen des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens aus der Lieferung von Strom (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b GewStG) bzw. aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens zu seinen Mietern (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG) maßgeblich. Bei der Überlassung von Betriebsvorrichtungen gehören auch umlagefähige Betriebskosten zu diesen Einnahmen.

Die prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen des § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b und c GewStG sind getrennt voneinander zu prüfen. Nicht genutzte Prozentpunkte können nicht auf die jeweils andere Grenze übertragen werden.

Betroffene Norm

§ 9 Nr. 1 GewStG

Fundstelle

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 17.06.2022

Weitere Fundstellen

Finanzausschuss Bundestag, Beschlussempfehlung, BT-Drs. 19/28868, siehe Deloitte Tax-News

CDU/CSU Bundestagsfraktion, Pressemitteilung „Energiewende fördern“ vom 26.03.2021, siehe Deloitte Tax News

 

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