Sanierungsklausel als rechtswidrige Beihilfe – EuG weist Nichtigkeitsklagen gegen Kommissionsentscheidung als unbegründet zurück
Die EU-Kommission hatte am 26.01.2011 die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG als rechtswidrige Beihilfe beurteilt und Deutschland verurteilt, die gewährten Steuervorteile von den begünstigten Unternehmen zurück zu fordern. Neben der Bundesrepublik Deutschland hatten mehrere Unternehmen gegen diese Entscheidung Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht (EuG) eingelegt. Die Klage der Bundesrepublik wurde seinerzeit wegen Verfristung als unzulässig abgewiesen (EuGH, Rs. C-102/13 P). Die Klagen der betroffenen Unternehmen waren dagegen zur Entscheidung angenommen worden.
In der Literatur wurde seinerzeit überwiegend vertreten, dass die Kommissionsentscheidung falsch sei, insbesondere weil die Kommission in der Bestimmung von Regel und Ausnahme einen Fehler gemacht habe: Während die Kommission davon ausging, dass der Verlustuntergang bei einem schädlichen Beteiligungserwerb der Prüfungsmaßstab ist und die Sanierungsklausel somit die – begünstigende – Ausnahme von der Regel, wurde in der Literatur argumentiert, dass die unbegrenzte Vortragsfähigkeit von Verlusten die Regel und der Verlustuntergang die nachteilige Ausnahme sei. Das EuG hat sich dieser Argumentation nun nicht angeschlossen und in zwei Urteilen, die am 04.02.2016 veröffentlicht wurden (T-287/11 Heitkamp Bau Holding und T-620/11 GFKL Financial Services AG) entschieden, dass die Analyse der Kommission nicht zu beanstanden sei. Insbesondere sei es zutreffend, dass die Kommission als Prüfungsmaßstab für die (für die Beihilfenprüfung wichtige) Frage der selektiven Begünstigung insoweit das System aus grundsätzlich unbegrenztem Verlustvortrag mit Verlustuntergang bei schädlichen Beteiligungserwerben herangezogen habe. Indem von diesem Verlustuntergang nur Unternehmen in Schwierigkeiten ausgenommen wurden, sei somit eine selektive Begünstigung gewährt worden.
Die betroffenen Unternehmen können grundsätzlich Rechtsmittel einlegen und die EuG-Entscheidung vom EuGH prüfen lassen, was mittlerweile auch erfolgt ist. Hat die Kommissionsentscheidung Bestand, wäre die Sanierungsklausel endgültig als rechtswidrige Beihilfe anzusehen, sodass entsprechende Steuervorteile – ungeachtet etwaiger Bestandskraft von Steuerbescheiden – zurück zu fordern sind, soweit dies noch nicht bereits passiert ist. Unmittelbare Auswirkungen für die jetzige Fassung des § 8c KStG (insbesondere die Konzernklausel und die stille Reserven-Klausel) ergeben sich allerdings derzeit genauso wenig wie für den Sanierungserlass, angesichts der Dynamik und Komplexität des Beihilfenrechts sind aber insbesondere beim Sanierungserlass mögliche Risikohinweise angebracht.
Fundstellen
EuG, Urteil vom 04.02.2016, 287/11, Heitkamp Bau Holding, EuGH-anhängig: C-203/16 P
EuG, Urteil vom 04.02.2016, T‑620/11, GFKL Financial Services AG
Weitere Fundstellen
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 26.011.2011, siehe Deloitte Tax-News)
